Nick Cave & Warren Ellis - Music from the motion picture 'The assassination of Jesse James by the coward Robert Ford'
Labels / Mute / EMI
VÖ: 02.11.2007
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Das Lied vom Tod
Kann man im Verlauf eines Musikjahres mehr herumkommen als Nick Cave in 2007? Im Frühling erst wurde er als Frontmann der No-Pussy/-Bullshit-Band Grinderman wiedergeboren und sägte mit Fuchsschwanz und alten Männerfreunden die Rockgeschichte an. Jetzt ist er ins 19. Jahrhundert zurückgefallen und schreibt nach "The proposition" zum zweiten Mal an der Seite des unverwüstlichen Warren Ellis einen kammermusikalischen Western-Soundtrack. Andrew Dominiks "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" bot sich da ganz besonders an, weil auch dieser Film trotz aller Pferde, Steppen und Pistolen ein Kammerspiel ist. Brad Pitt absorbiert darin die wesentlichen Eigenschaften des größten Gangsters in Amerika, der nebenberuflich Volksheld war. Casey Affleck spielt den Gegenpart des nervös-verschwiegenen Bob Ford. Und Cave/Ellis arrangieren die Musik, die die Spannungen und Hinterhältigkeiten in diesem Drei-Stunden-Duell greifbar macht.
Cave selbst tritt in einer unglaublichen Szene des Films auf und singt als Saloon-Barde eine Drei-Minuten-Zusammenfassung der ganzen Geschichte. Dieses Stück aber bleibt auf dem Soundtrack außen vor; hier dreht sich alles um Felsblöcke zerschneidende Streicher und die Instrumente, mit denen Cave und Ellis ihr stilles Spektakel umstellen. Die meditative, aller Farben beraubte Stimmung, die der Film in seiner Langsamkeit und lakonischen Erzählweise entfaltet, überträgt sich dabei nahezu ohne Verluste auf den unverrückbar in sich ruhenden Soundtrack. Wenn Ellis in "Cowgirl" plötzlich eine Gitarre aus seiner Satteltasche zieht und mit gegebener Grimmigkeit bedient, bringt das allein schon die ganze Platte ins Wanken. Zu behaupten, dass diese Musik keine unüberlegten Schritte mache, ist also sehr nahe dran an der Wahrheit.
Vergleiche mit der Arbeit von Ennio Morricone lassen sich dabei natürlich nicht vermeiden; tatsächlich sind sie der einzige Link, den sich Jesse James' Geschichte zu den Spaghetti-Western der 60er Jahre erlaubt. Auch Caves und Ellis' Score macht sich niemals die Hände schmutzig und bleibt scheinbar unberührt von den Szenen, die er vertont. Ebenso viel ziehen die kargen Arrangements aber aus der Trostlosigkeit und Anmut in der Musik moderner Eastern-Klassiker wie "Tiger & dragon" oder "Hero". Caves eingeschobene, stets geheimnisvoll bleibende Klavierstücke wiederum brechen diesen Eindruck; die letzte Konsequenz dieser Platte ist und bleibt ihr Verzicht auf menschliche Stimmen. Schon der Film hatte schließlich das gesprochene Wort als gefährlichstes aller Kommunikationsmittel enttarnt.
Highlights
- Rather lovely thing
- Song for Jesse
- Cowgirl
- Song for Bob
Tracklist
- Rather lovely thing
- Moving on
- Song for Jesse
- Falling
- Cowgirl
- The money train
- What must be done
- Another rather lovely thing
- Carnival
- Last ride back to KC
- What happens next
- Destined for great things
- Counting the stars
- Song for Bob
Gesamtspielzeit: 43:34 min.
Referenzen
Warren Ellis; Dirty Three; A Silver Mt. Zion; Ennio Morricone; Shigeru Umebayashi; Tan Dun; Samuel Barber; Henry Górecki; Knut Nystedt; Uri Caine; Astor Piazolla; Bell Orchestre; Jonny Greenwood; Tarantula A.D.; Set Fire To Flames; Labradford; Rachel's; A Northern Chorus; Godspeed You! Black Emperor; Ólafur Arnalds; Friends Of Dean Martinez; The String Quartet; Kronos Quartet; Philip Glass
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