Deborah Harry - Necessary evil
Eleven Seven / Universal
VÖ: 26.10.2007
Unsere Bewertung: 3/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Heizdecke
Jahre lang hatten sie es wirklich schwer auf dem Arbeitsmarkt, jetzt sind sie wieder gefragt: ältere Kollegen, die den jungen Hüpfern zeigen, wie der Hase läuft. Endlich Schluss mit dem ungewollten Vorruhestand, und mit mehr Enthusiasmus als so mancher Junge geht man auch noch mal neue Aufgaben an. Schließlich will die Rente aufgebessert werden, und da ist eine reguläre Arbeit doch angenehmer, als nur ab und an auf der Couch von der alten Zeit zu schwärmen.
Für Musiker mit einem gewissen Bekanntheitsgrad bietet sich die Couch diverser Oldie- und Hitsendungen natürlich an, wenn man einfach mal nur zeigen will, dass man heute noch die Lippen halbwegs passend zum 20 Jahre alten Liedgut bewegen kann. Dass der ehemals gern fotografierte Body nicht mehr so straff ist, macht im Endeffekt ja nichts, denn schließlich ist das Publikum ja mitgealtert. Deborah Harry kann jedoch die echte Maloche nicht lassen: Nicht genug, dass sie mit ihrer Stammformation Blondie in den letzten Jahren zwei neue Studioalben und ein Livealbum eingespielt hat. Nein, auch ein neues Soloalbum lag ihr nach 14 Jahren am Herzen. Aber warum eigentlich? "Necessary evil" könnte genau so gut das nächste Blondie-Album sein. Vielleicht liegt der Grund einfach darin, dass die restlichen Bandmitglieder von Blondie die mangelnde Substanz der vorliegenden Songs rechtzeitig erkannt haben.
Gleich ein ganzes Team an Produzenten hat zu retten versucht, was nicht zu retten war: Derart angestrengtes Bemühen, viel Luft um wenig zu machen, war auf den letzten Blondie-Alben nicht erforderlich. Da quietscht, dudelt und piept und fiept es an allen Ecken und Enden - zumindest, wenn es gerade mal wieder "Dirty and deep" oder "Necessary evil" zugeht. Da hört man nicht nur den Wunsch nach Experimentellen heraus, sondern auch das Bedürfnis zu zeigen, dass die alte Lady noch Blut in sich hat. Zwischendrin wird gerne auch mal wieder eine Ballade eingestreut, bei der Harry dann beweisen kann, dass sie mit ihrer mitunter durchaus beeindruckenden Stimme auch grausamen Zuckerguss süßlich zukleistern vermag. Schließlich ist "Necessary evil" dem Befinden nach ein Album über die Liebe.
Man mag das abwechslungsreich finden, aber in Summe erinnert die New Yorkerin eher an betuchte Harley-Davidson-Besitzer, die sich abends dann doch lieber daheim vorm Kamin in die warme Decke kuscheln. Wenig überraschend ist "Necessary evil" immer dann am Besten, wenn es wie Blondie klingt. "Whiteout" etwa ist erfrischend eckig und rauh genug, dass man sich daran reiben kann. Von daher sollte Harry unbedingt versuchen, für den nächsten Arbeitseinsatz ihre alten Mitstreiter vom Sofa weg zu zerren. Das wäre vielleicht etwas frischer.
Highlights
- Whiteout
- Charm alarm
Tracklist
- Two times blue
- School for scandal
- If I had you
- Deep end
- Love with a vengeance
- Necessary evil
- Charm redux
- You're too hot
- Dirty and deep
- What is love
- Whiteout
- Needless to say
- Heat of the moment
- Charm alarm
- Jen Jen
- Naked eye
- Paradise
Gesamtspielzeit: 64:35 min.
Referenzen
Blondie; Pat Benetar; The Pretenders; Heart; Siouxsie; Siouxsie & The Banshees; The Sounds; Sleeper; Transvision Vamp; Echobelly; Garbage; Sita; Lambretta; Krezip; Sarah Bettens; k's Choice; Elastica; Salad; Beangrowers; Romeo Void; that dog.; Dover; No Doubt; Gwen Stefani; Concrete Blonde; 4 Non Blondes; Eve's Plum; Land Of Talk; Ani DiFranco; Kim Wilde; Cyndi Lauper; Briskeby; Bandits; Rainbirds; Nena