Kent - Tillbaka till samtiden
RCA / Red Ink / Rough Trade
VÖ: 26.10.2007
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Entern oder Kentern
Schon das neueste Pressefoto von Kent gesehen? Wie Pinguine sehen sie aus. Sauber gescheitelt, mit perlweißen Handschühchen, Einstecktuch und schwarzem Frack. Radikalen äußerlichen Veränderungen geht oft eine Trennung voraus, und auch in diesem Fall hat die Hobbypsychologie recht: Gitarrist Harri Mänty ist ausgestiegen und Schwedens erfolgreichste Indie-Band zum Quartett geschrumpft. Wer aber jetzt glaubt, dieser seltsam seriöse Aufzug würde darauf hinweisen, dass Kent sich nun der gepflegten E-Musik widmen, der irrt gewaltig. Obwohl: Der Anfangsbuchstabe stimmt immerhin schon. Joakim Berg und seine werten Kollegen sind nämlich eine überraschende Liaison mit elektronischer Musik eingegangen und haben den skandinavischen Britpop weitgehend hinter sich gelassen. Ihr siebter Longplayer ist unerwartet düster geworden, sogar clubtauglich - nur leider auch ein bisschen zu kühl, zu synthetisch, zu bemüht modern.
Aber man muss sich ja freuen, dass hierzulande überhaupt mal wieder ein Kent-Album veröffentlicht wird. Nach dem im Jahr 2000 erschienenen, durchweg großartigen "Hagnesta Hill", war der treue deutsche Fan auf teure schwedische Importe angewiesen. Gesungen wird jetzt nur noch auf Schwedisch, aber bei Songs, die "Elefanter", "Berlin", "Columbus", "LSD någon?" oder "Generation ex" heißen, kann man sich zumindest annähernd vorstellen, worum es geht. Der müde Wortwitz im Albumtitel soll an dieser Stelle natürlich auch niemandem vorenthalten werden: "Tillbaka till samtiden" bedeutet "Zurück in die Gegenwart". Und die klingt, wie bereits erwähnt, etwas gewöhnungsbedürftig. Nach Sessions in Paris wurden die elf neuen Stücke in den New Yorker Allaire-Studios eingespielt - unter Aufsicht des dänischen Produzenten Jon "Joshua" Schumann, der zum einen Depeche-Mode-Verehrer ist, zum anderen auch "All things to all people" von Carpark North zurechtgeschliffen hat. Hört man beides.
In Schweden haben Kent natürlich wieder direkt die Pole-Position der Albumcharts geentert und sogar gleich Doppel-Platin abgesahnt. Und obwohl Lead-Gitarrist Sami Sirviö offiziell verkündet hat, dass sein Instrument ihn gerade ziemlich anödet, kommt auch die neue Tanzbarkeit nicht ohne sechssaitige Unterstützung aus. Der Opener beispielsweise verknüpft eine unschuldige Akustikgitarre mit Synthie-Mystik, die schließlich - wie so einige der neuen Songs - auf dem Dancefloor landet. "Berlin" stellt den mit Abstand feistesten Filmriss-Beat der Platte zur Schau, während "Columbus" eine atmosphärische Unterwasser-Expedition unternimmt. Um die Fans nicht zu erschrecken, wurde aber vorsichtshalber "Ingenting" als erste Single ausgekoppelt, der man zwar die modernere Produktion anhört, die aber dann doch irgendwie klingt, wie man es von Kent gewohnt ist. Die zweite Albumhälfte drosselt merklich das Tempo und macht es sich überwiegend in der Chill-Out-Area bequem. "Tillbaka till samtiden" ist wahrlich kein schlechtes Album, aber es plätschert halt so dahin. Und gibt sich zwischendurch derart hochglanz-cool, dass sich niemand darüber wundern dürfte, wenn die Tanzfläche plötzlich zu einer Eisscholle mutieren sollte. Das passende Outfit haben Kent ja wenigstens schon.
Highlights
- Berlin
- Ingenting
Tracklist
- Elefanter
- Berlin
- Ingenting
- Vid din sida
- Columbus
- Sömnen
- Vy från ett luftslott
- Våga vara rädd
- LSD, någon?
- Generation ex
- Ensammast i Sverige
Gesamtspielzeit: 53:29 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Low Tide |
2007-10-23 19:50:24 Uhr
@bearquartettBitte mal näher erläutern, was mit "sehr elektronisch" gemeint ist. Geht es eher in Richtung Radiohead oder tatsächlich in Richtung Dance-Musik, wie oben über die neue Single berichtet. |
manuel |
2007-10-23 19:06:38 Uhr
Ich find das Album sehr gut :) Sie entwickeln sich immer weiter und das nicht zum schlechten :) |
dasdasdasd |
2007-10-13 19:06:21 Uhr
Welche Art von Elektronik? |
bearquartet |
2007-10-13 19:04:36 Uhr
neues album: erst traurig, braucht durchgänge, sehr elektronisch und ziemlich düster |
Armin |
2007-10-08 19:40:40 Uhr
Die schwedischen KENT bringen am 26.10.2007 ihr mittlerweile siebtes Album"Tillbaka Till Samtiden" über RED INK in die Läden! KENT sind Kult, Mythos und Megastars in Skandinavien. So verkaufte ihr letztes Album stolze 175.000 Einheiten in ihrem Heimatland Schweden und das sind bei den 9 Millionen Schweden doch Zahlen an die umgerechnet auf den deutschen Musikmarkt kein internationaler oder nationaler Megastar herankommt. Hierzulande hingegen ließen sie eine ganze Weile schon nichts mehr von sich hören. Genauer gesagt liegt ihr letztes regulär in Deutschland erschienenes Album "Hagnesta Hill" nun schon mehr als sieben Jahre zurück. Auf diesem Album sang die Band ausnahmsweise in Englisch, kehrte auf allen nachfolgenden Alben wieder zu ihrer schwedischen Muttersprache zurück. Was für manche nicht skandinavische Hörer zuerst sehr ungewohnt klingt, macht jedoch auch den besonderen Reiz von Kents Musik aus. So scheint die schwedische Sprache perfekt, um die melancholische Stimmung von vielen ihrer Songs noch zu verstärken und hebt die Band auch von den vielen schwedischen Englisch singenden Radiorockbands ab. Letztens zum Quartett geschrumpft und arg gelangweilt vom überall zu hörenden Retro-Wave-Sound wollten KENT weg von kontemporären Gefälligkeiten und Allerweltsstandards. Die Arbeiten zum neuen Album begannen intensiv und fokussiert in Paris und führten im November letzten Jahres nach New York. Dort brachten KENT sich mit Hilfe des dänischen Produzenten Jon Schumann in den Allaire Studios (David Bowie, My Morning Jacket, The Strokes) auf den Punkt und nahmen "Tillbaka Till Samtiden" auf. So wie es der Titel dieses Albums, der soviel wie "Zurück zu unserer Zeit" bedeutet, nahe legt, kehren KENT mit ihrem siebten und erneut schwedischsprachigen Studioalbum zurück in die Öffentlichkeit und ihre eigene Gegenwart. Elf Songs, die nach KENT in Reinkultur klingen und in ihrer Essenz eine unmissverständliche Klarheit ausstrahlen. KENT sind also zurück. Mit "Tillbaka Till Samtiden" ist das Quartett zurück zu seinem eigenen Kern vorgedrungen und dabei ganz gezielt im Hier und Jetzt gelandet. Kents Zurück ist also ein Vorwärts. Ein Voranschreiten innerhalb der eigenen Zeit und Musik - anhand einer tanzenden Gefühlssprache, die ein jeder versteht. Und auch Deutschland steht diesmal auf ihrem Plan. So singen sie nicht nur über Berlin (Track 2 auf dem Album) sondern wollen im nächsten Jahr auch hier touren. Das Album wird es als normale Version und als limited Edition auf CD geben. Die Ltd. Version erscheint in Buchform mit einem 120-seitigem Booklet mit Kent Fotos von Jonas Linell, Thomas Ökvist, Helen Svensson and Michael Hultman und der CD im Buchrücken. Die Tracklist ist wie auch auf der normalen Version. Vinyl wird ab 09.11. im Handel sein. |
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Referenzen
Carpark North; Eskobar; The Crash; Nephew; The Alpine; A-Ha; Andreas Johnson; BrainStorm; Saybia; [Ingenting]; Garbo; Swan Lee; Kliché; Timid Tiger; The Ark; Tiger Lou; Vivid; Sonnit; Melody Club; Miles; Electronic; New Order; Depeche Mode; Pet Shop Boys; Erlend Øye; Moby; Erasure; Daft Punk; Zoot Woman; The Legends; Mobile; Wan Light; The Killers; Hard-Fi; The Rasmus; Delaware; Vega 4; Lorien; Kashmir