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Silversun Pickups - Carnavas

Silversun Pickups- Carnavas

Dangerbird / Sire / Warner
VÖ: 26.10.2007

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Gischt

Es gibt wohl nicht wenige Fans der Smashing Pumpkins, die Haus und Hof verkaufen würden, wenn Billy Corgan im Gegenzug noch einmal eine Platte wie "Siamese dream" aufnehmen würde. Nun gewinnt eher Ottfried Fischer das olympische Finale im Hürdensprint, als dass Corgan das noch mal auf die Kette bekommt. Immerhin gibt es aber mit den Silversun Pickups einen schwachen Schimmer der Hoffnung am Horizont für all diejenigen, die sich nach dem bombastfreien Smashing-Pumpkins-Sound der frühen Jahre zurücksehnen. An die einzigartige Wucht und Qualität von "Gish" oder gar "Siamese dream" kommt das kalifornische Quartett zwar nicht heran, ein wenig von dem alten Gefühl holt einen beim Hören ihres Debütalbums "Carnavas" aber dennoch ein.

Wände aus verzerrten Dronegitarren, sehnsuchtsvolle Melancholie und der dynamische Wechsel zwischen Leisetreterei und machtvollen Ausbrüchen – diese in den letzten Jahren weitgehend verdrängten Kerningredienzien aus der Blütezeit des Alternative Rock Anfang/Mitte der Neunziger beleben die Silversun Pickups wieder. Und sie zaubern wirklich packende, intensive Songs daraus. Der Midtempo-Opener "Melatonin" mit seiner einfach glücklich machenden Melodie steigt über dicht miteinander verwobenen Gitarrenschichten langsam aber stetig wie ein Segelflieger in die Höhe, um gleich im Anschluss vom wüsten Drive von "Well thought out twinkles" weggeblasen zu werden.

"Lazy eye", einer der beiden Singlehits in den USA, beginnt entspannt, bricht aber dann wie im Actionfilm mit Karacho durch die Absperrung an der nicht fertig gebauten Brücke, hebt mit einem Schrei ab und landet schließlich sanft auf der anderen Seite des Abgrunds. Und dass die Silversun Pickups nicht permanent auf der Sechssaitigen herumbraten müssen, sondern auch ruhige Stücke beherrschen, zeigen sie gegen Ende in "Three seed". Den Abschluss, nach dem dann auch nichts mehr zu sagen bleibt, bildet aber wieder eine Rückkopplungsorgie, in der "Common reactor" ausklingt.

Eine knappe Stunde lang badet man so mit den Silversun Pickups in wohliger Nostalgie und darf sich selbst dabei beobachten, wie längst verschollen geglaubte Platten wieder den Weg auf den Plattenteller finden. Schade ist allerdings, dass "Carnavas" gerade im Vergleich mit dem omnipräsenten Vorbild Smashing Pumpkins etwas an der wenig variablen Rhythmusarbeit krankt. Denn gegenüber dem Druck und der Fülle von Smashing-Pumpkins-Rückgrat Jimmy Chamberlin sieht Christopher Guanlao an seiner Sparversion eines Schlagzeugs ziemlich alt aus. Wieder ausgeglichen wird dieser Makel durch Brian Auberts Gitarre und Stimme sowie Joe Lesters Keyboards, deren atmosphärisch dichtes Zusammenspiel die Songs auf "Carnavas" prägt.

Was Aubert dem geneigten Hörer mit seinen Texten mitteilen will, bleibt freilich oft genug sein Geheimnis. Manche nennen so etwas Deutungsoffenheit, unleidlichere Zeitgenossen würden eher von unverständlichem Quark sprechen. Diese Mängel muss man aber nicht allzu schwer nehmen. Schließlich kann man froh sein, dass mit "Carnavas" der komatöse Patient Alternative Rock eine erfolgreiche Reanimation erfahren hat. Beim nächsten Album kann er dann vielleicht schon wieder richtig laufen – auch ohne Smashing-Pumpkins-Krücken.

(Harald Jakobs)

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Highlights

  • Melatonin
  • Well thought out twinkles
  • Lazy eye

Tracklist

  1. Melatonin
  2. Well thought out twinkles
  3. Checkered floor
  4. Little lover's so polite
  5. Future foe scenarios
  6. Waste it on
  7. Lazy eye
  8. Rusted wheel
  9. Dream at tempo 119
  10. Three seed
  11. Common reactor

Gesamtspielzeit: 56:00 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Evon
2009-11-23 14:05:49 Uhr
Sah sie gestern live in Wien. Toller Gig einer sehr sympathischen Band!

Video gibts hier:
http://www.youtube.com/watch?v=6E7Ja1df3y4
musie
2009-11-23 13:52:47 Uhr
ein album mit langzeitwirkung! finds immer noch super.
Strombuli
2008-01-24 14:10:01 Uhr
möchte ich auch noch lobend erwähnt haben, dass ausnahmsweise mal ein Rezensent sich nicht stur in seine vielleicht inhaltlich etwas falsch aufgebaute Rezi verbeißt
Konsum
2008-01-24 12:47:12 Uhr
Oh, das zeugt von Größe, wenn man sich selbst auch kritisch hinterfragen kann.
Dem will ich nicht nachstehen, denn die Vokabl "hirnrissig" war vielleicht auch etwas überzogen, wenn sie auch nie persönlich gemeint war. ;-)
Harald
2008-01-24 11:11:55 Uhr
@Konsum

Was Du weiter oben über den Vergleich des Drummings sagst: dem muss ich im Nachhinein zustimmen. Kann man erwähnen, aber eigentlich sollte man ja die Band erst mal für sich bewerten und nicht durchweg an Band xy messen. Der Vergleich mit den SP ist zwar - was den Sound angeht - immer noch berechtigt, wie ich finde, aber ich habe mich doch zu sehr darauf eingeschossen. Sehe ich dann zwar nicht als "hirnrissig", sondern eher als "überzogen" an, hilft den Silversun Pickups aber so oder so auch nichts mehr. Aber ich gelobe Besserung. ;-)
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