Bottom Of The Hudson - Fantastic hawk

Absolutely Kosher / BB*Island / Cargo
VÖ: 28.09.2007
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Stein am Bein
Es gibt viele Platten, die man nicht abgetrennt von ihrer Entstehungsgeschichte hören kann. "The Libertines" wird immer das Album sein, für das sich Carl Barât und Pete Doherty noch mal "eine Woche zusammengerissen haben." "Smile" kann man nur als umfassendes Lebenswerk begreifen, das Brian Wilson einige seiner besten Jahre gekostet haben dürfte. Und egal wie sehr man sich selbst zukleistert: John Frusciantes Soloalben aus den 90ern sind und bleiben heroinverseuchte Beweisstücke dafür, wie diesem Mann selbst beim Umfallen noch die Geistesblitze aus der Tasche rutschten. Seltener sind indes die Platten, deren Geschichte durch einen Vorfall geformt wird, der sich erst nach ihrer Fertigstellung ereignet hat - Platten wie "Fantastic hawk", die rückblickend klingen, als hätten sie niemals gut ausgehen können.
Am 29. Juli 2007 hatten Bottom Of The Hudson einen Autounfall in North Carolina. Bassist Trevor Butler kam dabei ums Leben, Schlagzeuger Greg Lytle wurde schwer verletzt, und es ist nun unmöglich, sich die abgekämpften, aber zaghaft zuversichtlichen Lieder auf "Fantastic hawk" ohne dieses Wissen im Hinterkopf anzuhören. Mastermind Eli Simon hatte Bottom Of The Hudson nach zwei LoFi-Alben gerade erst zur vollbesetzten Band ausgeweitet, die Dinge schienen für ihn und seine Jungs langsam in Bewegung zu kommen. Das erste gemeinsame Album ist sehr gut, Indierock mit Traditionsbewusstsein, elektrische Folksongs ohne Rostansatz, schnörkellos gespielt und leidenschaftlich gesungen. Einmal will sich die Gitarre sogar euphorisch überschlagen, aber das Lied heißt "Suffering time", und im Text geht jede zweite Zeile mit "Maybe" los.
Schon ohne elendes Hintergrundwissen hört sich "Fantastic hawk" also erschöpft und heruntergewirtschaftet an; eine Disziplin, in der es mit den Labelmates von The Wrens konkurriert, die ähnlichen Kunstformen vor einigen Jahren mit "The Meadowlands" eine Krone mit lauter heraus gebrochenen Zacken aufgesetzt haben. Die stabile bis verspielte Leadagitarre aus "Bee hive" oder das etwas robustere Rockverständnis von "Fantastic return" müssen sich da nicht verstecken. Und auch in der zweiten Hälfte, wenn "Fantastic hawk" loser wird und seinen Gitarren mehr psychedelische Freiminuten spendiert, bleibt es eigen genug, um niemals in irgendeinem Schatten zu versauern. Nur die Worte, nach denen man die ganze Zeit über sucht, um sich sein mulmiges Bauchgefühl bestätigen zu lassen, findet man erst bei den geistesverwandten Band Of Horses: "At every occasion I'll be ready for a funeral." Es ist doch die Pest da draußen.
Highlights
- Bee hive
- Handwriting
- Suffering time
- Fantastic return
Tracklist
- Fantastic hawk
- Bee hive
- Handwriting
- Pretty much it
- Perfect distillation
- Rusty zippers
- Suffering time
- Over engineered
- Hide and seek
- Cemetary eyes
- Casual moon beam
- Fantastic return
- Calculating wire
Gesamtspielzeit: 49:01 min.
Referenzen
Band Of Horses; My Morning Jacket; The Wrens; Beulah; The Folk Implosion; Robyn Hitchcock; Built To Spill; Goldrush; The Flaming Lips; The Elected; Mazarin; For Stars; Midlake; Grandaddy; Girls In Hawaii; The Shins; Rogue Wave; The Weakerthans; Someone Still Loves You Boris Yeltsin; Holopaw; Fruit Bats; The Long Winters; Arcade Fire; Rilo Kiley; Clem Snide; Blitzen Trapper; Neil Young; Pavement; Stephen Malkmus; Guided By Voices; Sebadoh; J Mascis & The Fog