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Beirut - The flying club cup

Beirut- The flying club cup

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 05.10.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wie Gott in Frankreich

Einmal um die ganze Welt: Als sich Zach Condon vor einigen Jahren dafür entschied, die Schule zu schmeißen und im Betrieb der Balkan-, Gypsy-, und Klezmer-Musik unterzutauchen, hatte er plötzlich mehr Zukunft im Sinn als eine Herde Werbetexter der Jungen Union. Condon sammelte fleißig Backpacker-Eindrücke in Osteuropa, verdünnte sie mit ordentlich Fusel und nahm zurück im eigenen Kinderzimmer das außergewöhnlichste Album auf, das 2006 gerade noch als Indie-Pop durchging. Das "Gulag Orkestar" war zu diesem Zeitpunkt noch eher Kopfsache als echte Band. Trotzdem fand niemand komisch, dass ein Junge aus New Mexico plötzlich seine eigene Weltenmusik an der Leine hielt.

Was seitdem geschah: Condon hat nun wirklich ein achtköpfiges Orchester hinter sich, er ist nach Paris gezogen und hat sich außerdem mit Owen Pallett (Final Fantasy) angefreundet. Wie das halt so ist bei ihm, der sich gerne von seiner Umgebung inspirieren lässt, soll "The flying club cup" nun eine Hommage an die französische Kultur sein, jedes seiner zwölf Lieder von einer anderen Stadt zwischen Ärmelkanal und Pyrenäen handeln. Aufgenommen wurde trotzdem wieder im amerikanischen Südwesten und außerdem in der Kirche von Arcade Fire nahe Montréal. Und wer das alles schon wieder furchtbar widersprüchlich findet, hat noch nicht mal gehört, dass auch die zweite Beirut-Platte in erster Linie von osteuropäischer Volksmusik lebt und Condons Vorstellung des Joie de Vivre nach erhabener Beerdigungsmusik klingt.

Das Akkordeon schlängelt sich auf "The flying club cup" mit mehr Selbstbewusstsein durch die Songs, die Walzertakte sitzen noch enger, und die Percussion klingt kräftiger und systematischer als das großartige Rappeln im Karton von "Gulag Orkestar". Dass beide Platten aus der gleichen musikalischen Verwurzelung gewachsen sind, ist trotz aller Hintergrund- und Entstehungsgeschichten unüberhörbar - und es ist ja auch gar nicht schlimm, solange Condon nur weiter die Lieder schreibt, zu denen man Särge in Erdlöchern versenken will. "Nantes" ist ihm da besser gelungen als alles andere: zwei kreuzende Melodien aus dem Kinderkeyboard, eine wunderbar im Song versteckte Tuba und Condons dehnbarer, immer gefühlsnaher Gesang. Die Stimme bleibt weiterhin der einzige Beirut-Baustein, der seine Jugend zumindest erahnbar macht.

Eine gewisse Larmoyanz will sich natürlich niemals aus dieser Musik herausdiskutieren lassen - Condon betont sie sogar noch deutlicher als bisher, wenn er "Forks and knives" mit Schnulzenstreichern von Pallett eröffnet oder "The penalty" lange allein mit der Ukulele spielt, bevor sich das Orchester in der letzten Minuten auf Akkordeon und Schlagzeug beschränkt. "The flying club cup" stellt solche Momente der Selbstverkleinerung immer wieder zwischen seine vollständig ausformulierten und -arrangierten Stücke. Die Sorge, dass es doch irgendwie zu weit getrieben werden könnte, spielt auf diesem Album immer mit.

Dennoch ist die Platte selbstsicherer und drahtiger als ihr Vorgänger: "In the mausoleum" borgt sich sein Klavier ohne vorher zu fragen von Sufjan Stevens aus, "Guyamas sonora" und das Titelstück geben es ihren Marschtrommeln doch sehr nachdrücklich, und "A Sunday smile" lädt sich ein Drama auf, das man mit Condons schmalem Kreuz erstmal schultern muss. Es spricht sicherlich für seine Begabung, dass er diese Musik mit soviel Ernsthaftigkeit spielt und spielen kann, ohne jemals wie ein Parodist zu klingen. Es fehlt ihm diesmal nur der eine Song, den man vor Glück in einer Torte einbacken möchte.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Nantes
  • A Sunday smile
  • Guyamas sonora
  • The flying club cup

Tracklist

  1. A call to arms
  2. Nantes
  3. A Sunday smile
  4. Guyamas sonora
  5. La banlieue
  6. Cliquot
  7. The penalty
  8. Forks and knives (La fête)
  9. In the mausoleum
  10. Un dernier verre (pour la route)
  11. Cherbourg
  12. St. Apollonia
  13. The flying club cup

Gesamtspielzeit: 38:58 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Arcon
2009-05-01 20:31:35 Uhr
Am 12.08. im Rahmen der c/o pop in der Kölner Philharmonie.
Wen es interessiert, sollte schnell Karten bei Kölnticket sichern.
Nein
2009-04-19 14:53:52 Uhr
Trail of dead höre ich gar nicht so gerne, kann einfach nix mit Beirut anfangen. Und Beirut ist doch manchmal auch traurig bzw. tragisch?
simmerl
2009-04-19 14:41:38 Uhr
dann hör weiter trail of dead und diesen depressiven schmarrn
Nein
2009-04-19 14:40:25 Uhr
3/10.
simmerl
2009-04-19 14:35:41 Uhr
10/10

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