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Thurston - Trees outside the academy

Thurston- Trees outside the academy

Ecstatic Peace / Cargo
VÖ: 21.09.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die sanfte Tour

Einen folgenschwerer Schnittpunkt in der Karriere von Sonic Youth stellt ohne Zweifel das Auftauchen und Schwinden von Jim O’Rourke dar. Sein Einstand als festes Mitglied der Band, "Murray street", erwies sich nach den verkomplizierten Avantgardebemühungen von "NYC Ghosts & flowers" als geradezu prächtiges und unbekümmertes Wiederaufleben, das die Experimente an anderen Stellen suchte und der Institution aus New York neuen Flow und Ziele verlieh. Stand auf der einen Seite die Annäherung zum Pop, zu eingängigeren Strukturen, brachte O’Rourke als zusätzlichen Neueinfluss den Minimalismus, das Stilmittel der ständigen Wiederholung ins Spiel, das er selbst auf seinen songorientierten Soloalben "Bad timing" und "Eureka" in Perfektion verkörpert hatte. Nach "Sonic nurse" war aber Schluss und O’Rourke ging unters Studentenvolk. Um sich ausgiebig der Filmwissenschaft widmen zu können, ließ er nicht nur das renommierte Kollektiv aus New York links liegen, sondern jegliches musikalisches Alltagsgeschäft, und man wartet bis heute auf neuen Output dieses großen Künstlers.

Doch seine Methoden und seine viele Ideen sind auch nach seinem Ausscheiden allgegenwärtig. "Trees outside the academy", Thurston Moores erstes wirklich hörbares Soloalbum - nach dem großartigen Wahnsinn von "Psychic hearts" aus 1995 - geht noch mal eine Stück weiter als es Sonic Youth in den letzten Jahren getan haben und vergreift sich mit viel Respekt an O’Rourkes Repertoire, das längst schon in Fleisch und Blut übergegangen ist. Im Heimstudio von J Mascis aufgenommen, mit Steve Shelley und Musikern von The Sonora Pine und Sunburned Hand Of The Man eingespielt, lässt sich Moore in 46 Minuten nur selten von seiner neugefundenen Reduktion abbringen. Festgesessene, wenn auch nicht im Mindesten ärgerliche Reflexe wie das prächtig hingerotzte, hyperaktive und an ganz frühe Sonic-Youth-Zeiten erinnernde "Wonderful witches" beleben das ansonsten fast ausschließlich bedächtig inszenierte Szenario.

Ein wenig flapsige Rufuntermauerung betreibt Moore mit den bohrmaschinenartigen Noiseattacken im logisch betitelten "Free noise among friends", so als fürchte er, mit seinem aktuellen Solowerk zu viele weichgespülte Leisetreter und Schöngeister anziehen zu können. Diese werden aber frühestens mit "American coffin", der scheinbar improvisierten und verträumten Hommage an "Providence" vom innovativen Sonic-Youth-Großwerk "Daydream nation", ihren Hut nehmen. Als doppelt und dreifach grandiose Absicherung dienen der filigran gejammte Titelsong und die absurde Dokumentation eines pubertären Hospitalismus in "Thurston@13".

Wenn dann der bestens arrangierte Krach zum Schweigen kommt und die gebogenen Saiten der elektrischen Gitarre ihre Vibrationen beenden, die seit 20 Jahren vertrauten Gesangslinien und Akkordpassagen auf "Trees outside the academy" akzeptiert sind und letztlich die Konklusion vor dem inneren Auge erleuchtet, dass Thurston Moore solo seine durch das Bandkonstrukt erworbenen und gereiften Grundgebärden nie wirklich ablegen wird, findet man sich wieder in einem akustischen Instrumentarium. "Silver-blue" verzaubert mit subtil integrierter Geige und einer melancholischen Brücke aus einer einzelnen feingesponnenen Melodie, die sich in plötzlicher Wandlung sonnenstrahlend dem Folk nähert, um sich schließlich bewusstseinstief und minimalistisch in Kammermusik zu stürzen. Die bittersüße, mit Christina Carter von den Charalambides im Duett gesungene Ballade "Honest James" und das himmelwärts strebende und schlicht bezaubernde "Never light" verfahren gleichermaßen hypnotisch. Man unterliegt glatt der Versuchung zu behaupten, Moore hätte sich nie auf anderem Terrain zu bewegen versucht. "Trees outside the academy" besticht durch seine alles ergreifende Tiefe, verbindet tief Verwurzeltes mit einer hell strahlenden Eingängigkeit, die zu keinem Zeitpunkt den Weg eines hohen Anspruchs aus den Augen lässt. Der Minimalismus sorgt für den Rest und verschnürt ein wunderschönes Komplettpaket. So bedankt sich Moore auf seine Weise für eine große Masse an Inspiration.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Honest James
  • Silver-blue
  • Off work
  • Never light

Tracklist

  1. Frozen Gtr
  2. The shape is in a trance
  3. Honest James
  4. Silver-blue
  5. Fri/End
  6. American coffin
  7. Wonderful witches
  8. Off work
  9. Never light
  10. Free noise among friends
  11. Trees outside the academy
  12. Thurston@13

Gesamtspielzeit: 46:13 min.

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