Genepool - Sendung / Signale
Nois-O-Lution / Indigo
VÖ: 07.09.2007
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Vererbungsleere
Genepool ist nicht einfach ein Bandname. Er ist Programm. Er soll ausdrücken, wie diese Gruppe funktioniert. Hier werfen Meister des Noiserocks, Kenner des verspulten Melodiebades und die wohl mächtigste Stimme im deutschen Hardcore-Punk-Rock-Irgendwas ihre Anlagen in einen Topf. Der Zufall wählt aus dem Genom einen Satz aus, und die Natur bestimmt, welche Anlagen zum Vorschein kommen - und welche verborgen bleiben. Nach diesem Prinzip hat die Natur eine ungeahnte Artenvielfalt entwickelt. Und auch musikalisch passt dieses Bild ja nicht nur auf die Zusammenarbeit der Blunoise-Eminenzen Guido Lucas und Thilo Schenk mit Paco Delgado von Downstroke und dem Smoke-Blow-Urvieh Jack Letten immer mal wieder ganz gut.
"Sendung / Signale" beschwört allerdings die Schattenseiten herauf. Denn neben interessanten Entwicklungen und optimaler Anpassung einer Spezies an die Umweltbedingungen kommt es beim genetischen Versuch-und-Irrtum-Verfahren immer wieder zu Unfällen. Hässliche Mutationen, Degeneration, vererbbare Krankheiten. Neben dem großen Bruder "Everything goes in circles" wirkt das neue Album wie ein gründlich misslungenes Experiment. Statt der kraftstrotzenden Figur, die so elegant und federnd geht, nimmt sich "Sendung / Signale" wie ein schmächtiges Männlein aus, das seltsam steif daher stolpert.
Diese Beurteilung liegt nicht in der durchaus diskussionswürdigen Hinwendung zum 80er-Jahre-Pop begründet. New Wave, Neue Deutsche Welle, Synthpop - das hatte man zwar kaum erwartet und schon gar nicht erhofft, aber man hätte sich ja nur zu gerne eines Besseren belehren lassen. Genau das aber gelingt nicht. Als Revival wirkt "Sendung / Signale" lahm und blutleer, in etwa so spannend wie das Cover. Zu Beginn glaubt man noch, "About to say hello" sei ein missratener, etwas zu langsamer Albumauftakt. Im Verlauf der Platte entpuppt sich dieser Song aber als schwaches Highlight unter einigen Belanglosigkeiten.
Auch wenn die technischen Fertigkeiten der Musiker vieles retten: Schade, das Jack Letten nicht mal ansatzweise das Potential seiner Stimme ausschöpft. Es hätte spannend werden können, zu beobachten, wie dieses Organ auf tanzbaren Pop prallt. Man hätte Nahtstellen an der Schwelle zum Zerreißen erwartet und ganz überraschende Koalitionen aus Reibeisen und Kunstfaserkissen. Stattdessen aber klingt der Smoke-Blow-Kopf wie das akustische Äquivalent einer stark gegelten Frisur. Trendy. Brav. Und vor allem: vollkommen unauffällig.
Highlights
- About to say hello
Tracklist
- About to say hello
- Please do not go
- Sendung/Signale
- Berlin by night
- Sense of distance
- Dead radio
- Killer bee
- Zombie of love
- Just a dream
- Suicide drive
- Suspiria
- Zaehlzeit
Gesamtspielzeit: 39:08 min.
Referenzen
New Order; Ultravox; Visage; Depeche Mode; Sneaker Pimps; I Am X; Placebo; The Cooper Temple Clause; Idlewild; Paradise Lost; Killing Joke; The Lords Of The New Church; To/Die/For; HIM; VHS Or Beta; The Robocop Kraus; Soulwax; Orchestral Manœuvres In The Dark; Men At Work; Duran Duran; Tears For Fears; Thompson Twins; Grauzone; Head Automatica; Men, Woman & Children; Nightmare Of You; We Are The Fury; Panic! At The Disco; The Matches; Beatsteaks; Dazerdoreal; Scumbucket; Smoke Blow
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