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Liars - Liars

Liars- Liars

Mute / EMI
VÖ: 17.08.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Trostpflastersteine

Ein letzter Trommelwirbel für die Trommelplatte der Liars: Nachdem die Berliner Band aus New York um den Australier Angus Andrew auf "Drum's not dead" ihre größte Begabung, den zwanglosen Umgang mit Schlaginstrumenten, effizienter denn je ausgelebt und gleichzeitig all ihre Unzulänglichkeiten (Melodien, Songs, dieser Quatsch) über den Haufen geworfen hatte, musste sie ja beinahe zwangsläufig bei ihrem bis heute besten Album rauskommen. Die selbstverständliche Eiseskälte, mit der sich die Platte vom rockmusikalischen Breitensport abkapselte und stattdessen gleich in mehreren Randdisziplinen über sich hinauswuchs, ließ einem trotzdem das Blut in den Hirnwindungen fest frieren. Deshalb gar keine schlechte Idee: dass auf "Liars" nun der Schwierigkeitsgrad wieder verringert wird.

Wobei das natürlich eine Frage des Blickwinkels ist. Während man sich in seiner Hörerrolle sehr schnell wohl fühlt mit der neuen Griffigkeit, an der sich die Liars auf ihrer vierten Platte versuchen, könnte es der Band sogar schwerer gefallen sein, die elf neuen Songs halbwegs ordentlich anzuziehen, statt sich vom inneren Navigationssystem weiterhin Richtung Verstandsverlust lenken zu lassen. "Sailing to Byzantinum" ist mit seinem unbeschädigten Schlagzeugbeat und weit ausholender Orgelmelodie so eine Art Pop noir - und überhaupt ist alles an "Liars" "so eine Art", "in gewisser Weise" oder "wenn man's genau nimmt". Wo sich "Drum's not dead" noch jedem Tagesgeschäft der Szenenszene verweigerte, will "Liars" nun zumindest mal wissen, wie man ihm am besten ans Bein pinkeln kann.

Das eröffnet natürlich Grauzonen. "Plaster casts of everything" erinnert als vorbildlicher Krawallbruder daran, dass auf dem Liars-Debüt vor fünf Jahren sogar echte Hits drauf waren - wenn auch solche, die man gefesselt, geknebelt und ertrunken aus irgendeinem Fluss fischen musste. Die unglaubliche letzte Minute des Stücks bündelt alles, was man über "Liars" wissen muss und gibt dann eher widerwillig an "Houseclouds" weiter, das wie ein vertrottelter Remix des schrottigen Persönlichkeitsdrittels von Beck Hansen klingt. Zur undurchsichtigen Velvet-Underground-Bearbeitung "Pure unevil" stellen sich mit den rhythmisch fitten "Leahter prowler" und "What would they know" übrigens auch zwei vermeintliche Überbleibsel der "Drum"-Sessions. Als Einzelkämpfer können sie jedoch nicht die gleiche Kraft entwickeln, mit der einen der "Liars"-Vorgänger zum Sandsack degradiert hatte.

Eine Spezialität der Liars, die auf ihrem neuen Album hingegen so gut wie nie zuvor funktioniert: Sie brauchen keine besonders langen Songs, um "schwierige" Musik zu machen. Sie behalten sich eine Ökonomie vor, die in den meisten Genres, mit denen sie es aufnehmen, selten gefragt ist. So wird also in aller Kürze am Noise-Rock herumoperiert, mit Geräusch-Rock herumprobiert und zur Not auch alles weggelassen, was auf der linken Seite eines Bindestrichs stehen könnte. Konzeptlosigkeit wurde dabei zum Konzept, Zugänglichkeit zumindest immer wieder angedacht. Wer möchte, kann aus den verhältnismäßig verständlichen Texten sogar die turbulente Teenagerzeit der Liars rekonstruieren. Und wer sich damit unterfordert fühlt, soll erstens Deerhunter hören und zweitens nicht so großkotzig sein.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Plaster casts of everything
  • Houseclouds
  • Sailing to Byzantinum
  • Pure unevil

Tracklist

  1. Plaster casts of everything
  2. Houseclouds
  3. Leather prowler
  4. Sailing to Byzantinum
  5. What would they know
  6. Cycle time
  7. Freak out
  8. Pure unevil
  9. Clear island
  10. The dumb in the rain
  11. Protection

Gesamtspielzeit: 39:03 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Senior Twilight Stock Replacer
2009-03-08 21:25:37 Uhr
Weiß jemand, was es mit den Texten auf der Innenhülle auf sich hat? Wenn man z.B. nach "aviod my mom finding me or the cops" (mit diesem Tippfehler) sucht, dann kommt man auf eine Art Blog wo dieser Text 2006 gepostet wurde. Für die anderen Texte von der Innenhülle konnte ich leider keine Entsprechungen im Netz finden.
Menikmati
2008-04-09 23:33:04 Uhr
unglaublich aber war. kucke ich auf meine playlist, der am meisten rotierenden platten im letzten jahr, dann müsste die liars mein album des jahres gewesen sein. ja, ich glaub es ist es..kann man sich nicht tot hören. musik wie eine kopfmassage..
messiah
2008-04-09 22:49:16 Uhr
ich denke auch, dass es auf dem album neben dem opener noch mehr gute songs gibt.
Spenderleber
2008-04-09 22:26:40 Uhr
Plaster Casts..., Sailing To Byzantium und v.a. Freak Out sind die Highlights.
V.a. letzteres ist ja sowas von The Jesus & Mary Chain, das man es schon heilig sprechen müsste.
Demon Cleaner
2008-04-09 22:23:14 Uhr
Die ganzen 4 Minuten gehören zum Besten, was letztes Jahr herausgekommen ist. Das geht einfach tierisch ab.
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