Miracle Fortress - Five roses
Secret City / Rough Trade
VÖ: 03.08.2007
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Stein auf Stein
Vielleicht ist Graham van Pelt nichts weiter als eine Erfindung von Peanuts-Zeichner Charles M. Schulz und wurde bloß all die Jahre über in irgendeiner Schublade versteckt gehalten. Für die vage Vermutung, es handele sich hier um einen verschollenen großen Bruder von Lucy und Linus aus den weltberühmten Snoopy-Comics, die den gleichen Nachnamen tragen, spricht unter anderem die Tatsache, dass die musikalischen Expeditionen des Kanadiers auffällig oft in die Blütezeit der "Peanuts" führen - genauer gesagt zu Brian Wilson, den Beach Boys und dem Wall-of-Sound-Pop. "Five roses" duftet in den lieblichsten Nuancen sonniger Zuckerwattenharmonien, und van Pelt nuschelt strandjungenhaft mit sich selbst im Chor - er hat sein Debüt-Album komplett in Eigenregie eingespielt und produziert.
Während Lucy van Pelt an ihrem Kiosk altkluge hobbypsychologische Ratschläge gibt, widmet sich Graham lieber profipsychedelischen Soundkonstrukten und ist dabei gleichermaßen Luftschlossherr und Shoegazer. "Whirrs" eröffnet das Album mit zaghafter Synthie-Monotonie, der allerdings schon nach wenigen Sekunden eine explosionsgefährdete Allianz aus peitschendem Schlagzeug und tollwütigem Bass ins Wort fällt. Von diesem Viersaiter wird man in der darauf folgenden knappen Dreiviertelstunde noch eine Menge hören. Nach scheinbar endlosen Wiederholungen des immer gleichen Motivs - man kann es hypnotisch, aber auch stupide nennen - findet das Instrumental schließlich doch noch die Ausfahrt in melodisch reizvollere Gefilde, koloriert im Vorbeirauschen fröhlich die Landschaft und entdeckt überall schimmernde Details.
Die E-Gitarre rotiert wie eine durchdrehende Spindel, der Bass hält sich plötzlich für einen stattlichen Flummi, und der Laptop bahnt dem mantrahaften Gesang den Weg auf die Tanzfläche. Stilistisch erinnert "Have you seen in your dreams" dezent an van Pelts Rockband Think About Life, führt aber dennoch - wie auch die anderen elf Songs - ein absolut kompromissloses Eigenleben. Kalkulierbar ist hier nichts. "Next train" beispielsweise, das mit Abstand schönste Miracle-Fortress-Stück, beginnt mit einer Folk-Gitarre, die mindestens so anschmiegsam ist wie Linus' Kuscheldecke, und entwickelt sich dann zu einer üppigen "Pet sounds"-Hommage, in deren Dramaturgie vollkommen unangestrengt futuristisch auf nostalgisch folgt.
Man kann sich gut vorstellen, dass Graham van Pelt als Kind seinem Umfeld mit "Jenga"-Duellen gehörig auf die Nerven ging - irgendwo muss sein Faible für das exzessive Auftürmen musikalischer Bausteine ja schließlich herkommen. Von dieser Welt sind seine Bauwerke nie, sondern eher wie ein stilles Naturereignis im Actionmodus. So etwas wie ein zu einer Halfpipe umfunktionierter Regenbogen - dieses Bild hat man bei "Hold your secrets to your heart" ganz deutlich vor Augen. Die "Little trees" besitzen etwas ungeheuer Hymnisches, auch wenn sie ein bisschen so klingen, als ob sie einen in der Baumkrone hätten. "Poetaster" feiert ein Hippie-Revival, der Titeltrack lullt instrumental ein, und "This thing about you" wippt nicht nur wahnsinnig lässig mit dem Fuß, sondern reimt auch noch äußerst geschmeidig. Zwar driftet van Pelt vereinzelt etwas zu sehr ins Experimentelle ab und übertreibt es hier und da auch ein wenig mit den Beach-Boys-Referenzen - aber das sind dann wirklich Peanuts.
Highlights
- Next train
- Little trees
- This thing about you
Tracklist
- Whirrs
- Have you seen in your dreams
- Next train
- Maybe lately
- Beach baby
- Hold your secrets to your heart
- Little trees
- Poetaster
- Five roses
- Blasphemy
- Fortune
- This thing about you
Gesamtspielzeit: 43:37 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
musie |
2011-09-26 08:20:58 Uhr
das neue album, was i the wave, ist auch wieder sehr schön. elektronikschweberschuhgazer. |
LostInACity |
2009-02-19 22:22:40 Uhr
Have you seen in your dreams ist so schön. |
yadias |
2008-10-07 02:37:47 Uhr
... und mal wieder bei "Next Train" und "This Thing About You" hängen geblieben. Ach, was gibt es schöneres :-) |
dr. note |
2008-01-29 19:44:33 Uhr
Wunderbares Album! |
FuneralOfBrokenStars |
2007-08-08 14:55:00 Uhr
Also ich kenne 7 von den 12 Stücken des Albums und die sind allesamt wunderbar. Also mindestens 8/10. |
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Referenzen
Of Montreal; Caribou; Brian Wilson; The Beach Boys; The Flaming Lips; Animal Collective; Phil Spector; My Bloody Valentine; Besnard Lakes; Grizzly Bear; Bell Orchestre; Marjorie Fair; Brian Eno; Destroyer; The Zombies; Roxy Music; Barclay James Harvest; Broken Social Scene; Wolf Parade; Panda Bear; The Earlies; John Cale; Goodspeed You! Black Emperor; Shapes And Sizes; The Radio Dept.; The Beatles; Frog Eyes; Fatboy Slim; Jim Noir; Boy Omega; The Shins; Patrick Watson; Sunset Rubdown; The Arcade Fire; Think About Life
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- Miracle Fortress - Five roses (10 Beiträge / Letzter am 26.09.2011 - 08:20 Uhr)