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Fear Factory - Digimortal

Fear Factory- Digimortal

Roadrunner
VÖ: 23.04.2001

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Rausch der Pixel

Wer Gefahr läuft, von dem Stein, den andere ins Rollen gebracht haben, überwältigt zu werden, sollte seine Flucht nach vorne unbeirrt fortsetzen. Diese Erkenntnis brachte die Entwicklung der vergangenen Jahre für die Fear Factory. Seit dem Debütalbum "Soul of a new machine" (1992) war das Quartett aus Los Angeles stets darauf bedacht, sich selbst zu verwirklichen statt aktuellen Trends hinterherzuhecheln. Der Erfolg gab ihnen recht, denn die folgenden Alben "Demanufacture" und "Obsolete" machten Fear Factory mit ihren Ausflügen in einen böswillig grinsenden Cyberspace zum Inbegriff für Individualität im schon damals recht eng geratenen Metal-Korsett.

Seit der Metal jedoch oftmals das Wörtchen "New" als tonnenschweren Klotz am Bein mit sich herumschleppen muß, scheint die Fear Factory ein wenig ins Abseits geraten, denn Entertainment, das für viele aktuelle Acts die einzige Motivation darstellt, war für die Band nie ein Thema. Stattdessen sollte sich ein stimmiges inhaltliches Konzept durch die Musik ziehen - ein Konzept, in dem die organische auf eine synthethische Welt prallt und das auf "Digimortal" weitergeführt und intensiviert wird. Auf dem Cover wird ein auf seine Umrisse reduzierter Mensch stilisiert, der in die Fänge der Technik geraten ist und die Kontrolle über sich selbst verloren hat. Die natürlichen Funktionen scheinen ausgesetzt zu haben. Ihren Platz haben die elektrischen Ströme eingenommen, die durch den Körper fließen, den Menschen einlullen und ihn seiner natürliche Intelligenz beraubt haben.

Obwohl Fear Factory sich ihre Aggressivität erhalten haben, sind im Vergleich zum Maßstäbe setzenden Vorgänger "Obsolete" auf "Digimortal" längst nicht alle Funktionen ideal aufeinander abgestimmt. Gerade weil die Songs inzwischen weniger ausufern, lassen viele auch die nötige Tiefe vermissen und das Riffgewitter im Nichts verpuffen. Auf der ersten Single "Linchpin" zeigen Fear Factory noch einmal, wie Dynamik buchstabiert wird und eröffnen sich mit dem schleichend-treibenden "Invisible wounds (Dark bodies)" ganz neue Horizonte. "Dark bodies floating in darkness / No sign of light ever given / Imprisoned in a world without a memory" heißt es, und für einen kurzem Moment scheint es, als ob die düstere Zukunftsvision für einen Moment die Realität ergriffen hätte.

Die Seelenfinternis ist aber lediglich von kurzer Dauer. Bei aller Energie kommen leider viele Songs kraftlos und trotz des prägenden Sounds austauschbarerer daher, als man dies von der Fear Factory je erwartet hätte. Mit dem Gastspiel von B-Real (Cypress Hill) auf "Back da fuck up" wird schließlich doch noch eine Brücke zu den zweifelhaften Helden der Gegenwart geschlagen, die in ihrer klischeehaften Umsetzung im Kontext von Fear Factory beinahe lächerlich wirkt. So hinterläßt das Album nicht nur einen gespaltenen, sondern vor allem einen heterogenen Eindruck: Die Verschmelzung von Mensch und Maschine wurde auch auf "Digimortal" noch nicht komplett vollzogen, und die Ko-Existenz von Mensch und Computer birgt bekanntlich ein derart großes Maß an Fehlerquellen, daß der Absturz früher oder später in jedem System vorprogrammiert ist.

(Armin Linder)

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Highlights

  • Linchpin
  • Invisible worlds (Dark bodies)

Tracklist

  1. What will become
  2. Damaged
  3. Digimortal
  4. No one
  5. Linchpin
  6. Invisible wounds (Dark bodies)
  7. Acres of skin
  8. Back the fuck up
  9. Byte block
  10. Hurt conveyor
  11. (Memory imprints) Never end

Gesamtspielzeit: 43:13 min.

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