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Andrew Bird - Armchair apocrypha

Andrew Bird- Armchair apocrypha

Fat Possum / Fargo / Rough Trade
VÖ: 20.04.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Streichereinheiten

Eigentlich wäre es nur fair, wenn sich das übliche Rockinstrumentarium endlich mal auf sinnvolle Art und Weise an seine gestrichene Verwandtschaft erinnert. Aber das gibt es anscheinend hauptsächlich in unappetitlichen Kitschsuppen und wallendem Finnenrock. Andrew Bird hingegen überfordert seine Violine schon recht lange viel subtiler. Und weil auch auf Birds zehntem Album "Armchair apocrypha" das Gleichgewicht zwischen Faszination, Schrägheit und Sensibilität so gekonnt ausbalanciert wird, sei die mal wieder übel wortspielende Überschrift durchaus als andauernde Hommage an den amerikanischen Multiinstrumentalisten verstanden.

Bird weiß jedenfalls, dass Geigen in der Rockmusik keineswegs nur als Gefühlsalibi herhalten dürfen. Denn ähnlich wie sein kanadischer Quasiarbeitskollege Owen Pallett AKA Final Fantasy jagt sein mit Vorliebe unkonventionelles Gefiedel gerne kalte Wohligkeitsschauer über den Rücken des Zuhörers. Die kommerziell gesehen hoffnungsfrohe Chancenlosigkeit seines Unterfanges spiegelt sich beinahe routiniert in der Musik wieder. Doch Bird braucht sich nicht mit naheliegenden Kauzigkeiten zu profilieren. Dass er längst viel zu sehr formidabler Songschmied und ein vielleicht sogar noch besserer Sänger geworden ist, bewiesen nicht zuletzt schon "Weather systems" und "The mysterious productions of eggs" in einer Art, die einen Rufus Wainwright neidisch machen sollten. Wenn dieser nicht zu beschäftigt mit seinen Operngläsern wäre, that is.

Und weil Bird aus seiner Violine so manchen merkwürdigen Ton herauskitzelt, spielt "Armchair apocrypha" jedwede Emotionen auf raffinierte Art gegeneinander aus, als wäre das hier das legendäre "Spiel ohne Grenzen". Da schwappt die Euphorie lustig über ein schüchternes Geigenzwitschern, bis schließlich alle gemeinsam grinsen müssen. Da flockt in "Simple X" ein linkischer Dancebeat von Mitbastler Martin Dosh herum, der schon auf dessen Album "The lost take" auftauchte, aber hier durch Birds Schwelgen sogar noch veredelt wird. Da entpuppt sich "Imitosis" als aufgebohrtes "I" von "Weather systems", ist aber sogar noch besser. Und dem großartigen Pavement-Gedächtnis-Schrammler "Heretics" jubelt seine Geige glatt noch etwas nahöstliche Atmosphäre unter. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn da sich die Texte hier mit untergegangenen Reichen, dunkler Materie, dem Besitz von Musik und der nötigen Schicksalsergebenheit angesichts von Flugzeugbesteigungen befassen, muss man schließlich mit so ziemlich allem rechnen.

Immer wieder purzeln knuffige Melodiefragmente oder putzige Fill-ins, die sich nicht mit den verträumten Instrumentalkleinigkeiten zufriedengeben wollten, in die Songs und tollen herum wie junge Welpen. Die wollen nur spielen. Aber eben nicht alleine. Und wenn Bird dann doch mal von Einsamkeit singt, geht selbst das glatt als Einladung durch. Wenn er gemütlich taumelt wie in "Armchairs" oder leichtfüßig durch "Plasticities" tänzelt, ist in den Songs immer noch genug Raum, damit die Gefühle Haken schlagen können.

Ähnlich ambivalent geht es auch in den Arrangements zu: Bird holt sich seinen Schwung aus dem Stillstand. Er dämpft aufkeimenden Übermut und feuert diesen dadurch erst recht an. Und immer wieder macht er seltsame Geräusche auf seinen vier Saiten, die seltsames Lächeln genauso hervorzaubern können wie Verblüffung und Verwirrung. Der Wolf im Schafspelz ist hier ein Himmel voller Geigen.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Fiery crash
  • Plasticities
  • Heretics
  • Cataracts

Tracklist

  1. Fiery crash
  2. Imitosis
  3. Plasticities
  4. Heretics
  5. Armchairs
  6. Darkmatter
  7. Simple X
  8. The supine
  9. Cataracts
  10. Scythian empires
  11. Spare-ohs
  12. Yawny at the apocalypse

Gesamtspielzeit: 48:26 min.

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