Sioen - A potion

Universal
VÖ: 18.05.2007
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Nervenkostümprobe
Stress? Konto überzogen? Kopfschmerzen? Computer abgestürzt? Ärger mit dem Schatzi? Frustriert, weil es gar kein Schatzi gibt? Dann bloß nicht auch noch Sioen hören. "A potion" ist nämlich alles andere als leichte Kost. Und wenn man sich mal überlegt, dass das kulinarische Belgien vor allem für Pommes und Pralinen bekannt ist, erscheint es eigentlich ganz logisch, warum die Band dort so wahnsinnig gut ankommt. Düster, morbide, entrüstet und von nervenzehrender Unruhe getrieben, wirft der Titeltrack sich auf der Klaviatur hin und her. So ungefähr muss fiese Schlaflosigkeit klingen. Harmonisch oder gar gemächlich wird es in der folgenden Dreiviertelstunde kaum.
Dafür stochert Frederic Sioen, Kopf und Namensgeber des Quintetts aus Gent, mit seiner alterslosen, rauen Stimme im Gewissen der Gesellschaft herum - was bei "What I fail to understand" bedauerlicherweise zu einer unüberhörbaren Kollision mit lyrischen Klischees führt: Noch nicht mal Peter Maffay würde sich wagen, "Why can't we all go hand in hand?" zu singen. "I need a drug" sperrt Wurlitzer und Glamrockgitarre in einen stickigen, fensterlosen Raum, "I play a song for you" findet den größten gemeinsamen Teiler von Vaudeville, Zirkus- und Zigeunermusik, und "Ready for your love (high)" soll wohl so was wie der auffällig gezähmte, radiokompatible Singlehit sein. Man möchte fast mitsingen. Ehrlich.
Dass ein kantiges Konglomerat aus dennoch durchaus virtuosem Piano-Jazz und ungeschliffenem Indie-Rock in Belgien goldene Schallplatten abstaubt, dürfte in erster Linie an der mainstreamerweiternden Pionierarbeit von dEUS liegen. Und daran, dass es eben doch auf jedem Sioen-Album - vor allem auf dem doch etwas originelleren Vorgänger "Ease your mind" - wenigstens ein paar wenige Stücke gibt, die auch ohne Umschweife bereit sind, den Hörer anzusprechen. Richtig freundlich und sympathisch sogar. "It didn't last" und "No conspiracy" heißen sie im Fall von "A potion" und liefern einen Eindruck davon, was vielleicht möglich wäre, wenn man sich auch an die anderen Songs gewöhnen könnte. Bis dahin ist aber erst mal Trennkost angesagt.
Highlights
- It didn't last
- No conspiracy
Tracklist
- A potion
- What I fail to understand
- It didn't last
- Ready for your love (high)
- Suicidal sunset
- I need a drug
- No conspiracy at all
- Communicate
- A melody
- She likes it better
- So lonely
- I play a song for you
Gesamtspielzeit: 48:31 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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asd |
2007-05-28 14:54:21 Uhr
leider wirklich ziemlich zähes Album. Klar, ein paar nette Songs drauf (allesamt keine Hinhorcher). 4/10 geht leider echt in Ordnung. |
bee |
2007-05-28 14:47:37 Uhr
ne 4/10 für dieses Album?? dabei die Rezi voll von Belgien-Klischees aber kein Wort über die grandioen Meoldien von - sagen wir _ Communicate, A portion + Suicidal sunset - kein Wort über die Arrangements - Ina - das war wirklich gar nix. |
uczen |
2007-05-16 21:49:41 Uhr
hehe, ja, bin ich auch direkt drüber gestolpert... |
bee |
2007-05-16 20:16:03 Uhr
"Belgien ist nicht gerade als Hotspot internationaler Popkultur bekannt"da hat aber jemand echt Ahnung ... |
Armin |
2007-05-16 20:11:23 Uhr
Sioen: A Potion | VÖ: 18.05.2007 (CD Album)Belgien ist nicht gerade als Hotspot internationaler Popkultur bekannt, sondern mehr als das Land von Maigret und Magritte. In den 1980er Jahren machte Marvin Gaye in Belgien eine Entziehungskur, danach veröffentlichte er sein Comebackalbum „Midnight Love“. Heute befreit der Sänger und Pianist Frederik Sioen Belgien aus den Fängen der popkulturellen Provinzialität. Im Land der Gelb leuchtenden Straßenlaternen ist Sioen längst ein großer Star. Hierzulande ein Geheimtipp - noch. Hört man sich Sioens neues Album an, so sticht bei ihm zu allererst seine Ausstrahlung heraus: eine Verbindung von jugendlichem Ungestüm und souveräner Musikalität. Sein persönlicher Stil setzt sich aus scheinbar Gegensätzlichem zusammen. Mit dem Violinisten Jeroen Baerts bringt er melancholische Klangfarben aus Jaques Brel-Chansons an die Oberfläche. Sein eigenes Keyboardspiel - manchmal so nonchalant wie das von Bill Evans - galoppiert manchmal spontan los wie auf einem Song von Supertramp. Momente von bluesgetränkter Dunkelheit und morbidem Progrock erheben sich in raffinierten Arrangements zu taumelndem Pathos. Geschmacksicher gleitet der 27jährige durch die heutige Live-Remixkultur, grundsolide komponiert er aus oben beschriebenen und anderen Elementen persönliche Songs über Liebe, Freundschaft, Trennung und Verschwörung, die an Coldplay und Radiohead erinnern und dann wieder gar nicht. Sioen lebt einen Pop-Nonkonformismus, der belgische Bands oft auszeichnet, schrieb die F.A.Z. Auf „A Potion“ tritt der melancholische Rocker Sioen gegen den klassisch ausgebildeten Pianisten Sioen an, ein Duell, aus dem beide als Sieger hervorgehen. Heute eröffnet SIOEN seine "A Potion"-Release Tour: 16.5. Bochum, Bastion 17.5. Hamburg, Turmzimmer 18.5. Berlin, Frannz Club 19.5. München, Hansa 39 20.5. Köln, Altes Pfandhaus |
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Referenzen
Absynthe Minded; Laakso; Zita Swoon; dEUS; Venus; Gomez; Tori Amos; Regina Spektor; Valery Gore; Jamie Cullum; Ghinzu; Coparck; The Van Jets; Tom Helsen; Sondre Lerche; Girls In Hawaii; The Broken Beats; Remy Zero; Johan; BrainStorm; The Wannadies; Damien Rice; Son, Ambulance; Phoenix; Ben Folds; Eels; Rufus Wainwright; 22 Pistepirkko; Sebastién Tellier; The Dresden Dolls
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