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Ben Weaver - Paper sky

Ben Weaver- Paper sky

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 27.04.2007

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Der Vorstadtneurotiker

"I got a head full of sorrow and dark red pain / My blood is dry and my bones they ache." Ben Weaver und seine Stimme altern beständig und schnell. Mit 27 Jahren klingt sie nüchtern, mitgenommen und mit jedem Song gefasster. Tausende Schrecken hat er überwunden, bittere Wahrheiten für sich erkennen müssen. Entsprungen einem geschundenen Unterbewusstsein, das in jedem seiner sechs bisherigen Alben Stück für Stück entleert wurde. Er ist kein Mann der ausgetüftelten Lyrik, geschweige denn ein intellektueller Literat. Die Texte seines neuen Albums "Paper sky" entstammen einer einfachen Seele, die sich im vorstädtischen Mittelstand mit tiefgründigem Abschaum beschäftigen musste und nicht engagiert den Wortzauber an den Hochschulen dieser Welt studieren konnte. Gerade diese karge Spielkunst erhob ihn vor zwei Jahren mit seinem fünften Album "Stories under nails" aus dem Sud der existentialistischen Songwriter, die sich zu Tausenden in den Therapiezentren der Plattenfirmen tummeln. Sein Masterplan war denkbar einfach: Die Akustische, ein Banjo und ein Haufen depressiver Untergangsszenarien. Fertig ward ein sprödes Meisterstück.

Für sein neues Album "Paper sky" hat Weaver seine Prinzipien auf links gedreht. Der stets trostlosen Covergestaltung sind einige bisher fest verschlossene Buntstifte entgegengetreten, und einzelne Songs schmücken ein dezenter und zarter Hauch von wabernden Ambientlinien und ein lebensechtes Kleinkammerorchester. Das macht das bärtige, amerikanische Schwergewicht noch lange nicht zu einem frühlingsfrischen Genießer. "Old blood and guts / With a nail in your chest." Der Kern des Großen und Ganzen war schlecht und wird es auch bleiben. Das führt mitunter dazu, dass sich die schonungslos ehrlichen Texte dank weltoffeneren, elektronischen Einflüssen der Ernsthaftigkeit beraubt sehen. So rätselt man in "Wings as knives" den unnötigen, absurden Synthieübergängen hinterher und wundert sich, wieso sich der stoische Bariton für das übertheatralische "Plastic bag" ungekonnt zur Sangesarie erhebt. "Surrealism + blues", die groß gedachte Homage an den früh gescheiterten Musiker Jeffrey Lee Pierce (Gun Club), scheitert an aussgelutschten Seifenblasenbeats und Violinensalven.

Weavers Songschaffen lebt nicht von der Ausschweifung, nicht von Tüfteleien in den Ecken und Kanten seiner Kompositionen. Die trockene Reduktion weiß am ehsten seine Gedanken zu transportieren. So ist man auf "Paper sky" gezwungen, die leidige Spreu vom Weizen zu trennen. Zurückgedrängt findet man findet das hypnotische "Black on black", das als hektische Panik aus dem ungenährten Boden schießt und "Sorrow", das gekonnt die Augen vor dem Außenleben verschließt und zum Ende hin mit sanften Hörnern den nötigen Balsam erfährt. Mit "Rain leaves smoke" eröffnet sich nach dem Kampf mit den unscheinbaren Schönheiten ein dunkler Titan. Das Banjo quetscht die mannigfaltigen Emotionen mit jedem Akkord aus seinen abgeklärten Worten. Hilflosigkeit paart sich mit einem trüben Schicksal. "The world is a float and it always seems to rain everywhere you go." Mitgefühl erfolgt auf ehrfürchtiges Erzittern. "Rain leaves smoke" erstrahlt und wird gehalten. "Paper sky" verblasst.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Black on black
  • Sorrow
  • Rain leaves smoke

Tracklist

  1. Introlude
  2. In November
  3. Wings as knives
  4. Plastic bag
  5. Like a vine after the sun
  6. The unelectec
  7. Black on black
  8. Down 25
  9. Surrealism + blues
  10. Sorrow
  11. Frankie
  12. Geisha
  13. Rain leaves smoke
  14. Whatever you want to haunt you

Gesamtspielzeit: 47:31 min.

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  • Ben Weaver (4 Beiträge / Letzter am 28.10.2010 - 11:31 Uhr)

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