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Rush - Snakes & arrows

Rush- Snakes & arrows

Anthem / Atlantic / Warner
VÖ: 27.04.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Schlangenbeschwörer

Auch Prog-Koryphäen passiert also einmal ein Unfall im Studio. Und auch Prog-Koryphäen müssen sich manchmal von übereifrigen Label-Menschen in die Arbeit hineinreden lassen. So geschah es, dass das letzte Rush-Album "Vapor trails" nicht etwa die seinerzeit konstatierte Sound-Wand enthielt, sondern eher einen alles plättenden Sound-Tsunami. Und da "lauter = besser" eben nicht die Zauberformel ist und eigentlich ja auch nur Spinal Tap die Regler auf 11 stellen dürfen, wurde "Vapor trails" die zweifelhafte Ehre zuteil, relativ bald als Remaster das Licht der Welt erneut erblicken zu dürfen. Mit hörbarem Erfolg. Doch umso aufmerksamer galt der erste Höreindruck von "Snakes & arrows" eben nicht den Songs, sondern der Produktion, die dank des verhältnismäßig jungen Produzenten Nick Raskulinecz (Foo Fighters, Velvet Revolver), mit seinen 36 Jahren nur wenig älter als die Band an sich, diesmal außerhalb jeder Diskussion steht. Womit dann auch der Ausflug in die Audiophilie beendet sein soll, denn am Ende müssen halt doch die Songs überzeugen.

Und das tun sie. Und wie sie das tun. Das Geheimnis von Rush in der vierten Dekade ihres Bestehens ist allerdings schon lange nicht mehr der eine Wahnsinns-Song zusammen mit vielen guten solchen, sondern das gleichbleibend hohe Niveau aller Songs. Das bedeutet zunächst, dass vergeblich nach Reizpunkten gesucht wird. Das bedeutet jedoch auch, dass die Platte nach spätestens zwei Durchläufen süchtig macht. Süchtig nach Neuentdeckungen, süchtig nach brillanten Melodien. Und dann beginnt der Zauber dieser Rush-Platte: Plötzlich werden die fein ziselierten Strukturen deutlich.

Vordergründig ist es immer noch das gute alte Schema "Strophe-Refrain-Strophe", aber dann sind da auch diese genialen Bassläufe, die auf "Snakes & arrows" endlich wieder hörbar sind. Oder diese irren Drum-Fills. Und wieder einmal zeigen Rush, warum sie nach wie vor eine der herausragendsten Prog-Bands sind: kompakte Songs, die immer auf den Punkt kommen. Sie haben keine großen Spielereien nötig, lassen ihr überragendes Können aber immer wieder aufblitzen und nutzen doch jede Gelegenheit, um das ohnehin hohe Niveau nach oben zu durchbrechen. Zum Beispiel mit dem unfassbaren Instrumental "The main monkey business", in dem die Kanadier die Spielfreude von Mittzwanzigern an den Tag legen. Oder mit versteckten Perlen wie "The larger bowl", für das Neil Peart beim Texten auf eine exotische Versform namens Pantoum zurückgriff. Soviel zur Lyrikwissenschaft.

Die Herren Lee, Lifeson und Peart, allesamt Mitte 50, sind mittlerweile in einem Alter, in dem sie eigentlich nur noch sich selbst etwas beweisen müssen oder, wie so viele Kollegen, die ersten Abschieds-, Revival- und Sonstwasfürresteverwertungs-Touren einläuten könnten. Rush hingegen zeigen mit der Ruhe eines Veröffentlichungs-Rhythmus von fünf Jahren eine überschäumende Kreativität, gepaart mit der Selbstkontrolle, die in über 30 Jahren Banderfahrung erarbeitet wurde. Gefrickel da, wo es passt, zum Beispiel beim ebenfalls großartigen Instrumental "Malignant narcissism", mit dem Geddy Lee en passant Heerscharen von Bass-Azubis zum Weinen bringen wird. Ansonsten steht die Effizienz des Songs im Vordergrund. Routine, aber kein Abspulen bekannter Muster. Auch das 18. Studioalbum will also erarbeitet werden. Und wäre mit der Bezeichnung "Alterswerk" tief beleidigt. Hier spielt eine Band, die noch lange nicht satt ist.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • The main monkey business
  • The way the wind blows
  • Malignant narcissism

Tracklist

  1. Far cry
  2. Armor and sword
  3. Workin' them angels
  4. The larger bowl
  5. Spindrift
  6. The main monkey business
  7. The way the wind blows
  8. Hope
  9. Faithless
  10. Bravest face
  11. Good news first
  12. Malignant narcissism
  13. We hold on

Gesamtspielzeit: 62:42 min.

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