Malajube - Trompe l'œil
City Slang / Rough Trade
VÖ: 04.05.2007
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Toy story
Was ist hängen geblieben? Mal so grob überschlagen: Frau Mosers Rückenansicht, wenn sie etwas angeschrieben hat. Und Frau Moser von vorne. Seitlich ist sie auch immer sehr nett anzuschauen gewesen. Ja, das war was, damals in der Neunten. Dann kam Herr Kenk, und es hat sich ausgemosert. Französisch war nur noch das Lästigste überhaupt, und eine richtig schicke Frankophobie entwickelte sich. Der Tag, an dem Französisch abgewählt wurde: ein Fest.
Und nun steht man da. Vor vier Kanadiern aus Quebec und ihrem Album "Trompe l'œil". Bedeutet übersetzt (vielleicht) "Täusche das Auge" und bezeichnet einen Kunststil, der sich während der Renaissance entwickelte und darum bemüht ist, Photorealismus zu erzeugen. Aha. Vielleicht war die Frankophobie ja doch bislang immer ganz berechtigt. Aber egal, schließlich krakeelen schon die Kleinsten sämtliche Musikvideos mit, ohne sich an der ihnen unverständlichen englischen Sprache zu stören, also sollten die hier aufgeworfenen Sprachbarrieren auch kein Problem sein. Auf keinen Fall sollten sie das, denn dieses Album ist pure Naturgewalt und darf auf keinen Fall verpasst werden. Es beginnt wie immer alles recht harmlos. Eine akustische Gitarre und verträumter Gesang laden zum Spazieren im Zauberwald. Harmloser Pop wird angedeutet, und schon ist die Seifenblase geplatzt.
Denn "Jus de Cannenberges" ist nur ein Intro und nimmt einen direkt mit zu "Montréal -40°C". Über diesen Song haben sich Heerscharen von Bloggern bereits die Finger wund getippt, den Braten längst im Ofen gerochen. Zurecht, denn man hat ja fast ganz vergessen, wie ein Popsong so auszusehen hat. Aber man vergesse bitte niemals den Albumtitel. Malajube führen mit allen Mitteln in die Irre, dann plötzlich wieder zurück, und irgendwann lassen sie einen völlig alleine stehen. "Pâte filo" bezirzt mit hübschem Glockenspiel und einem Riff wie aus Willy Wonkas Schokoladenfabrik, nur um dann mit der Hook das Wörtchen "Popcore" zu kreieren. Und so zieht es sich durch das gesamte Album. "Monogamie" scheint ein heikles Thema anzusprechen, lässt dabei aber nichts aus, was sich in einem Song so alles unterbringen lässt. Rhythmus-und Tempowechsel, facettenreicher Gesang und immerzu Melodien wie in Ambrosia getaucht. Und mit einer ähnlichen Souveränität wagen sie sich ebenso in Gefilde vor, die sonst besser nicht angetatscht werden. "La russe" kickt fast zwei Minuten mit Sprechgesang und Elektro, und "Ton plat favori" baut aus einem lebendig gewordenen Western-Klavier das hyperaktivste und durchgeknallteste bisschen Musik, das man seit langer Zeit vernommen hat.
Am besten sind Malajube immer dann, wenn ihre große Spielfreude auf den Hörer überschwappt. Ganz besonders deutlich wird das im Headbanger "Fille à plumes", welcher anfangs wie der bislang beste ¡Forward,-Russia!-Song losdonnert, um dann mit 180 Sachen gegen die Instrumente zu krachen. Pop ist das längst nicht mehr, aber möge doch bitte weranders die Schublade schnitzen. Das gilt übrigens für das gesamte Album, denn viel zu unberechenbar sind Malajube. Die Motivation, einen Markstein in diesem Jahrzehnt zu hinterlassen, hört man jedem Song raus und am meisten macht Ambition immer dann Spaß, wenn sie sich verwirklicht. Hier ist das definitiv der Fall.
Am Anfang mag "Trompe l'œil" wie eine riesige Spielzeugfabrik erscheinen, in der sich vier junggebliebene Twentysomethings ordentlich ausgetobt haben. In Wahrheit sind aber sämtliche Spielzeuge zum Leben erwacht und trachten den Burschen nach dem Leben. Ganz besonders deutlich wird das ziemlich am Ende. "St-Fortunat" erreicht eine songwriterische Größe, wie man sie ganz sicher nicht von so einer jungen Band vermutet. Malajube müssen jedenfalls groß werden. Das sind sie allen hübschen Französischlehrerinnen schuldig.
Highlights
- Montréal -40°C
- Monogamie
- Fille à plumes
- St-Fortunat
Tracklist
- Jus de Canneberges
- Montréal -40°C
- Pâte filo
- Le crabe
- Monogamie
- Ton plat favori
- La russe
- Fille à plumes
- Casse-cou
- Étienne d'août
- St-Fortunat
- La fin
Gesamtspielzeit: 49:50 min.
Referenzen
Islands; The Unicorns; Shapes + Sizes; The Flaming Lips; Mew; Arcade Fire; ¡Forward, Russia!; Super Furry Animals; The Apples In Stereo; Saez; Louise Attaque; Marbles; The New Pornographers; Zumpano; Superconductor; Windmill; Fruit Bats; The Shins; Guillemots; Guided By Voices; The Hold Steady; Moods For Moderns; Ted Leo And The Pharmacists; The Cassettes; Koufax; Piebald; The Presidents Of The United States Of America; Of Montreal; The Fiery Furnaces; Matthew Friedberger
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