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Tori Amos - American doll posse

Tori Amos- American doll posse

Epic / Sony BMG
VÖ: 27.04.2007

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

T-Unit

Als Außenstehender könnte man durchaus auf die Idee kommen, Mark Hawley sei ein wenig masochistisch veranlagt. Vor einigen Jahren überraschte er seine Frau Tori Amos zu Weihnachten mit einer Hammond-Orgel. Die derartig beschenkte komponierte sich sogleich einen Wolf und ihr achtes Studioalbum "The beekeeper" zusammen, kam dabei schnell ins Rollen und wusste bald schon nicht mehr, wo sie hin sollte mit all ihren Ideen. Sinnvolles Platzmanagement wurde deshalb zur größten Herausforderung der Platte, auf der 19 Songs um die 80 verfügbaren Minuten rangen, ansonsten aber verhältnismäßig bescheidene Ambitionen gehegt wurden. Hawleys Problem indes: In seiner Ehe bedeutet eine solch arbeitswütige Frau keineswegs, dass mehr Zeit für Fußball im Fernsehen oder Saufabende mit den Jungs bleibt. Für den ausführenden Tontechniker bei Amos' jüngsten Aufnahmen war die Hammond-Orgel bestenfalls eine Investition in den eigenen Arbeitsplatz.

Abgesehen davon: Es ist ja auch nicht so, dass Tori Amos der Eigenantrieb fehlen würde. "The beekeeper" folgte eine Welttournee, dokumentiert auf sechs Doppelalben wie "B Of A Pavilion Boston MA 8 21 05", und letztes Jahr zum Fest erschien dann eine erschöpfende Werkschau auf fünf CDs. "A piano - The collection" ist bis heute die spielzeitstärkste Veröffentlichung, die bei Plattentests.de besprochen wurde - und wenn man es nicht besser wüsste, wollte man fast glauben, Amos bilde sich auf diesen Titel auch noch was ein. Die schieren Ausmaße ihrer Plattenprojekte sind immer schon wichtig gewesen. Es dürfte sie deshalb gefreut haben, dass die Stapelarbeiten auf "American doll posse" noch besser hingehauen haben als in den Jahren zuvor. 23 Lieder, ein paar davon recht kurz, aber keines davon ein Interlude. Die eigentliche Geschichte dieser Platte lässt sich allerdings nicht vom Display eines CD-Spielers ablesen.

Um das so bündig wie möglich zu erklären: Amos ist jetzt fünf Frauen auf einmal, und keine davon sieht aus wie die schlecht gefärbte Friseusen-Tori vom Cover zu "The beekeeper". Neben ihrem eigenen, durchaus ambivalenten Selbst verkörpert die 43-jährige auf "American doll posse" auch die Charaktere Santa, Isabel, Clyde und Pip; allesamt lose angelehnt an Göttinnen der griechischen Mythologie, allesamt ausgestattet mit eigenem Blog oder MySpace-Profil. Die Kunstfiguren stehen dort im Dialog mit ihren Fans, und das Konzept der weiblichen Vielfältigkeit soll auch auf der nächsten Tour zumindest angeschnitten werden. Die Idee dahinter, da war Amos ungewohnt unkryptisch, sei ein Bild der Frau in ihrer Gesamtheit gewesen, ein Spot auf jede ihrer Facetten. Das Album dazu ist Amos' langweiligstes seit mindestens acht Jahren.

Eine eigene Identität ergibt sich für "American doll posse" nur noch aus dem Konzept, nicht mehr aus den Songs selbst, von denen natürlich auch viel zu viele da sind. "Yo George" macht am Anfang den männlichsten aller Männer zum Adressaten der Geschichte, die Platte hat danach aber zu oft mit sich selbst zu tun, um ihre Vorhaben wirklich effektiv und stringent in Szene setzen zu können. Es sind weniger die offensiv jaulenden Gitarren des ersten Albumdrittels, als deren matschiger Sound, die zum Problem von "American doll posse" werden - nur das heißblütige "Teenage hustling" übersteigert diesen Ansatz derart ins Absurde, dass der Song als Arschtreter des Albums schon wieder funktioniert. Es ist auch nicht die Selbstzitate-Single "Bouncing off clouds", sondern wiederum ihre flache Aufnahme (das Schlagzeug!), wegen der man schnell ins Grübeln gerät. "American doll posse" geht nicht los wie eine Platte, die ihre Hausaufgaben gemacht hat.

Auch wenn man sich loslöst von den klanglichen Kritteleien, ist das Erstaunlichste an diesem Album immer zuerst, wie viel diesmal schief gegangen ist. Durchaus um Abwechslung bemüht, packt Amos den stiefmütterlichen Funk von "Big wheel" an, verhebt sich mit "Digital ghost" an einer bemühten Drama-Injektion, krempelt sich zum pseudolasziven "You can bring your dog" die abgewetzten Hemdsärmel hoch und kreist in "Mr. Bad Man" um unbeschwerte Kinderliedmelodien, ohne damit zwangsläufig ein bisschen Leichtigkeit in die Platte zu tragen. Dass "Fat slut" gerade rechtzeitig abbricht, bevor seiner Meckergitarre Schlimmeres passieren kann, war vielleicht sogar eine der besseren Ideen auf "American doll posse". Was aus den Tangoanflügen des ebenso abrupt abgewürgten "Velvet revolution" noch geworden wäre, hätte einen dann aber doch interessiert.

Es gibt auch danach kein Ruder, an dem sich die Platte rumreißen oder zumindest in eine Richtung bringen ließe, es gibt nur das kammermusikalische "Girl disappearing" an neunter Stelle, das als erster Song wirklich zu wissen scheint, was es überhaupt will. "American doll posse" wird danach deutlich besser, nicht zuletzt mit dem bedächtig aufgefalteten "Roosterspur Bridge" und der abschließenden Mellotron-Schwebeübung "Dragon". Die Platte hält sich hier strenger an alte Amos-Stärken, bleibt aber dennoch häufig hinter den Möglichkeiten zurück, die es sowohl für die Künstlerin in Normalform, als auch das Konzept gegeben hätte. Mark Hawley sollte seiner Frau dieses Jahr vielleicht ein großes Sudoku-Buch zu Weihnachten schenken, so zur Entspannung. Er würde ja damit nicht nur sich selbst einen Gefallen tun.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Teenage hustling
  • Girl disappearing
  • Roosterspur Bridge

Tracklist

  1. Yo George
  2. Big wheel
  3. Bouncing off clouds
  4. Teenage hustling
  5. Digital ghost
  6. You can bring your dog
  7. Mr. Bad Man
  8. Fat slut
  9. Girl dissapearing
  10. Secret spell
  11. Devils and Gods
  12. Body and soul
  13. Father's son
  14. Programmable soda
  15. Code red
  16. Roosterspur Bridge
  17. Beauty of speed
  18. Almost rosey
  19. Velvet revolution
  20. Dark side of the sun
  21. Posse bonus
  22. Smokey Joe
  23. Dragon

Gesamtspielzeit: 78:13 min.

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Greylight

Postings: 110

Registriert seit 14.06.2013

2013-06-16 16:16:32 Uhr
@logan

"Greylight?" Den Nick hatte ich mir ungefähr als 17-Jähriger überlegt. ;) Keine Ahnung. :D Manchmal mag ich den gar nicht mehr, aber ich erinner mich an ein Interview mit "Bad Religion", wo die meinten, sie hätten sich ihren Bandnamen irgendwann mal in ihrer Jugendzeit ausgedacht. In einem ähnlichen Sinn seh ich eigentlich auch meinen Nickname. ;) Sich dann irgendwie auf einmal umzubenennen wäre auch einfach irgendwie nicht richtig. ^^ Aber ich habe viele Beiträge ohne festen Nick geschrieben und hatte auch schon mal nen "neuen Nick".

Also "Gold Dust" (das Album) braucht man meiner Meinung leider eher nicht. Es sind allesamt eher harmlose Versionen ihrer früheren Songs. Zwar orchestral angereichert, aber alle Emotionen, die sie ursprünglich mal in die Songs gelegt hat, gehen da leider eher verloren. Der Song "Gold Dust" selber war natürlich schon immer große Klasse, keine Frage! Kannst es dir natürlich trotzdem holen, aber würdest eigentlich auch nicht wirklich was passen.

"Night Of Hunters" ... ja, keine Ahnung, schon allein beim ersten Track bleibt mir da irgendwie der Mund offen stehen. Schon allein das Konzept, das Album mit ihrer Tochter gemeinsam zu gestalten zieht sie da bereits mit einer solchen Gnadenlosenkeit durch, dass es irgendwie als Sakrileg anmuten würde, da irgendwie Kritik dran zu üben. Und in der Tat kann man da sowieso nicht mehr widerstehen. Seit "Scarlets Walk" wieder mal ein neuerliches Meisterwerk. Außerdem wickelt sie einen sowieso irgendwie immer wieder um den Finger.
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