Ola Podrida - Ola Podrida
Grand Hotel van Cleef / Indigo
VÖ: 05.04.2007
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Drei Sterne
Man nehme unkontrolliert, ohne Planung und Berücksichtigung von jeglichen Mengenverhältnissen, einen Haufen an Geflügelpartien, fetten Schinken, ranzigen Speck, dicke Zwiebeln und pikante Kichererbsen. Nicht zu vergessen: Kohl, Kürbis, Rote Bete, Karotten, Bohnen, Sellerie, Endivien, Knoblauch, Pfefferschoten und mehrere spanische Wurstsorten. Verfeinert wird die Masse an Zutaten mit einem ganzen Schweinskopf. Fertig ist der "Olla Podrida", ein spanischer Suppeneintopf, dem nicht umsonst die rustikale Übersetzung "verfaulter Topf" zugeschrieben wird. Ja, den gibt es wirklich! David Wingo ist diese bäuerliche Deftigkeit durchaus ein Begriff. Aber sein Soloprojekt Ola Podrida hat nun einmal rein gar nichts mit dem südlichen Widerling zu tun, der stundenlang in tiefen Töpfen schmort. Ein Puppentheater aus Wingos Kindheit war Anlass zur Namensgebung. Mit dem Wunsch, einen ganz persönlichen Platz aus der Kindheit wiederzubeleben. Um die in sich geschlossene Intimität beizubehalten, hat er einfach mal ein L entfernt.
Wingo gehört nicht zu den jungen, nachdenklichen Songwritern, denen die nötige Reife und Arbeitserfahrung Realitätseinbußen beschert. Nicht zu denen, die allen Weltenschmerz auf ihren Schultern lasten sehen, wo doch einiges so beschwinglich sein könnte, wenn sie ihre Augen nur ein Stück weit öffnen und einmal nicht über die eigenen Schuhe stolpern. Wingo hat sich seine labile Tiefgründigkeit hart erarbeitet und ist mit dreißig Jahren ein alter Hase in Sachen einschlägiger Lebenserfahrung. Sein bisheriges künstlerisches Schaffen beschränkte sich auf Filmmusik. Genauer gesagt auf die Untermalung des cineastischen Schaffens seines ewigen Kumpans und überaus begabten Independent-Regisseurs David Gordon Green ("Undertow", "All the real girls"). Nach einem frustrierenden Gastspiel als Soundmischer für eine Cartoonserie schmiss er all seine Film- und Fernsehambitionen über den Haufen und veröffentlicht beim ehrenwerten Grand Hotel van Cleef mit seinem selbstbetitelten Album seine erste wirkliche Songsammlung. Und wie das berühmte Stichwort schon sagt, ist es auch in diesem Falle nicht zu spät, seine über die Jahre gereifte Inspiration unter die Massen an Mitmelancholikern zu bringen.
Bedächtige Langsamkeit, entstammend einem zerschossenen, traditionellen Instrumentarium. Ein liebevoll verschleppter Neo-Folk, stark beeinflusst von Hayden, Will Oldham und den Silver Jews. Nicht karg, sondern weitverzweigt. Die introspektiven Verse verlieren sich in den tiefgehenden Alltagsbeobachtungen. Häuser brennen nieder. Die alte Heimat verschwindet mit Blick in den Rückspiegel am Horizont. Beziehungen erblühen und vergehen. Naturbedingte Vergangenheitsassoziationen wecken Schmerz und Freude. Wingo ist kein Mensch, der mit der Tür ins Haus fällt. So entblößen seine Zeilen nur einen Bruchteil dessen, was er hinter einem Mantel der Verschlossenheit versteckt hält. Zugang findet nur die beständige Aufmerksamkeit.
Seine Stimme zeigt sich in einem gebrochenen Wispern bis hin zu einem kühlen Sprechgesang. Wenn die Emotionen ihn erschaudern lassen, jault er auf wie ein getretener Hund ("Cindy", "Lost and found"). "Ola Podrida" ist eine pittoreske Miniatur, die nur selten ihr Konzept der Akustischen in Verbindung mit schlurfender Unterstützung einer minimalen Rhytmussektion über den Haufen wirft. "Photo booth" und "A day at the beach" gehören zu den harmonischsten, einnehmensten Slowcore-Songwriterhymnen, die uns dieses Jahr beschert hat. Unspektakulär und wunderschön schließen sich die artverwandten Arrangements an. Ein intensiver Reigen an lapidaren, ehrlichen Tagträumen. Zu berückend, um an verfaulte Suppen zu denken.
Highlights
- Photo Booth
- Day at the beach
Tracklist
- The new science
- Jordanna
- Instead
- Cindy
- Photo Booth
- Run off the road
- Day at the beach
- Lost and found
- A clouded view
- Pour me another
- Eastbound
Gesamtspielzeit: 46:27 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
=(& |
2013-07-28 03:08:47 Uhr
WAHRSCHEINLICH WEIL SIE KEINER KENNT!!! |
~ ' |
2013-07-28 02:45:20 Uhr
WARUM POSTET KEINER WAS ZU DEN (TOLLEN) ALBEN NR2 UND NR3???macht mal bitte... |
Tufkaa |
2009-11-13 14:42:51 Uhr
Es gibt eine neue CD: Belly Of The Lion.Veröffentlichung nach CDstarts heute am 13.11.2009, nach Amazon erst am 27.11.2009. |
Tufkaa |
2009-04-05 00:47:30 Uhr
Ja, auch eine meiner Lieblings-CDs aus 2007: eine echte Perle. |
The Triumph of Our Tired Eyes |
2009-04-04 19:18:06 Uhr
Hat hier leider fast keine Beachtung gekriegt. Kann ich nicht verstehen. Wunderschöne Songs, subtil arrangiert und bewegend vorgetragen von einer wunderbaren Stimme.Wer es noch nicht kennt, unbedingt reinhören wenn ihr Singer-Songwriter oder Akkustik-Kram mögt. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Hayden; Sophia; Silver Jews; Home Of The Lame; Vetiver; Lou Barlow; Snailhouse; Sun Kil Moon; Elliott Smith; Sentridoh; Wooden Stars; Palace Brothers; Iron & Wine; The New Year; Helium; Red House Painters; Hefner; Royal City; Ray LoMontage; James Yorkston; Cat Power; Neil Halstead; William Elliott Whitmore; Freakwater; Neil Young; Edith Frost; M. Ward; James Hindle; Micah P. Hinson; Ben David; Damien Jurado; Espers; Pavement; Richard Buckner; Radar Bros.; American Analog Set; White Magic; Devendra Banhart
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- Ola Podrida - Ola Podrida (22 Beiträge / Letzter am 28.07.2013 - 03:08 Uhr)