Kosheen - Damage

Moksha / Universal
VÖ: 23.03.2007
Unsere Bewertung: 3/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Old Rave
Waren Kosheen einst angetreten, um mit den Querverstrebungen von Drum'n'Bass gegen den kalkulierbaren Zorn der Genre-Gurus die große Bühne zu bauen, so war doch bereits bei ihrem Psycho-Video-Hit-Baukasten "Hide U" das Beunruhigendste und Komischste eher das Rumgehampel der Band in Flackerlicht und Flagranti. Drei Jahre nach "Kokopelli" bestätigt nun "Damage" das Bild einer verdrehten Dolchstoßlegende, die nichts anderes im Sinn hatte, als den konkret Beteiligten unrechtmäßigerweise zu schmeicheln.
So schlägt sich Kosheens drittes Album spätestens mit "Like a book" zu einem wahrlich schauerlichen Horrorroman auf. Hier züchtet eine Midlifecrisis-Madonna mit dem blonden Puschen von Londonbeat Instantzombies, die dann auf "Chances" oder sonst einer Schickimicki-Droge durch die Postapokalypse der schlaffsten Hits der 80er und 90er wanken. Und die Hirne von heute zu musikalisch überragender Chancen- und Ahnungslosigkeit zerlutschen. Als buckliger Gehilfe dieses Amokschlürfs beißt auch "Thief" nur knapp neben Chers faltiges Vocoder-Dekolleté, und der Titelsong ruft beim fröhlichen Brandschatzen kurz im Wolfsheim an, um nach dem Weg zu fragen. Da beschleicht einen schon das Gefühl, dass Kosheen irgendwie doch zu lange hutlos im Hagel ausgeharrt haben könnten.
"Damage" zeichnet sich jedoch neben solcherlei Dellen noch zusätzlich durch eine vollkommene Resistenz gegenüber seinen eigenen Stärken aus. So sollte man etwas derart Edlem wie der Stimme einer Sian Evans durchaus einen Anzug verpassen, in dem sie wirklich glänzen kann. Stattdessen wirkt sie vor der blassgrauen Kulisse solcher vollkommen energieloser Songeintagsfliegen wie "Same ground again" oder "Wish you were here" nicht nur irgendwie im Spotlight der Überproduktion verloren, sondern geriert sich auch noch wie eine Marktschreierin, die sich textlich nicht eben über Tütenvollpacken erhebt. Hier ein Cliché, dort noch ein Herzschmerz, drei Pfund Schlagworte und zwölf Phrasen dabei - alles drin, alles dran, alles für 10 Tacken, getz' komm un' ab dafür! Wie konnten Kosheen einer derart glänzenden Stimme so etwas antun? Haben sie kein Herz, kein Gewissen, keine besseren Vorbilder oder irgendetwas anderes zu tun? "Damage" lässt vermuten, dass all diese Dinge im Kellerregal zwischengelagert wurden, gleich links neben dem Lachen, das dem Hörer oft genug im Halse stecken bleibt.
Entsprechend ist man beinahe geschockt, wenn "Not enough love" und "Cruel heart" zwischenzeitlich einen Strassstein von einigermaßen erlesenem Schliff freibürsten, und "Overkill" immerhin noch die verdaddelten Momente solcher Genregrößen wie Red Snapper reminisziert. Dennoch bleiben Kosheen ihrer ganz speziellen Extravaganz treu und verlieren zu den beiden abschließenden Stücken erneut auf schleimig-schlickigen Tang Halt und Verstand. "Lose control" oder "Losing your mind" hießen bei diesem Rave jedenfalls schlicht: die Lust verlieren.
Highlights
- Not enough love
- Cruel heart
Tracklist
- Damage
- Overkill
- Like a book
- Same ground again
- Guilty
- Chances
- Out of this world
- Wish you were here
- Thief
- Under fire
- Not enough love
- Cruel heart
- Marching orders
- Your life
Gesamtspielzeit: 62:33 min.
Referenzen
Moloko; Morcheeba; Goldfrapp; Faithless; Chemical Brothers; Moby; E-Z Rollers; Red Snapper; Bis; Republica; Whale; Curve; Orbital; Lamb; Basement Jaxx; Deep Dish; Massive Attack; Portishead; Laika; Olive; Baby D; Sneaker Pimps; Nicolette; Stereolab; Elektrostar; Kemopetrol; Artificial Joy Club; Ruby; Solex; Tricky; Sugababes; Neneh Cherry; Madonna; Londonbeat; Fine Young Cannibals; Taylor Dane; Lisa Stansfield; Paula Abdul; Milli Vanilli; Rick Astley
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- Kosheen (16 Beiträge / Letzter am 11.10.2012 - 22:47 Uhr)