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Loney, Dear - Sologne

Loney, Dear- Sologne

Dear John / Cargo
VÖ: 23.03.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Ein bisschen Menschlichkeit

Man stelle sich vor, der Deckmantel der Anonymität würde sich nicht um die Millionen von weltweit pulsierenden Internetforen schließen. Was würde geschehen, wenn der agierende User sich nicht hinter seiner hochrangigen Scheinexistenz mit seinen messerscharfen Textattacken verstecken könnte? Sondern offen darliegt, in all seinen Schwächen und Stärken, in all seinen Selbstbewusstseinsfluktuationen, die ihn letztlich dazu getrieben haben, den virtuellen Weg der Kontaktaufnahme zu gehen, anstatt den direkten, beschwerlichen, den in Auge um Auge, Zahn um Zahn. Keine Chance! Denn wie sollen denn in Zukunft hirntote Halbstarke zu ihrer Aggressionsbewältigung kommen? Wo besteht bitte sonst die Möglichkeit, das virtuell erstandene Tourette-Syndrom in aller Einfachheit zu pflegen? Ist diese soziale Nische der Neuzeit denn wirklich nur mit traurigen Pseudoidentitäten, notorischen Alleswissern und unkommunikativer Arschlochattitüde gesegnet? Nein, denn manchmal blitzt im Saat der Langeweile der wünschenswerte Funke an Hoffnung auf.

So ist "Sologne" vordergründig nicht die Dokumentation des künstlerischen Schaffens des 29-jährigen schwedischen LoFi-Musikers und Eigenbrötlers Nils-Emil Svanängen, sondern die Geschichte von zwei Mitgliedern der Plattentests.de-Gemeinde, die auszogen, um in diesem Thread ein wenig Menschlichkeit zu feiern. Um gleichauf ihre persönlichen Abgründe, wenn auch nur in wohl dosierten, satirisch verkleideten Prisen, der Öffentlichkeit zu enthüllen. Nach dem Motto: "So lebe ich!". Nicht im egomanischen Sinne. Denn der Grund für diese offenkundige Seelenschau, die inzwischen einige Anhänger mehr gefunden hat, liegt nicht in Freuds Theorien begründet, sondern in den entlarvenden, alles entlockenden Botschaften von Svanängen, der in diesen Tagen auch auf deutschem Boden seine Erstveröffentlichung "Sologne" an die Damen und Herren bringen kann. Und dank der beiden jungen Recken und ihrem aufopfernden Engagement in den Forumstiefen von Plattentests.de ist der vorher völlig unbekannte Musiker nun auch einer breiteren Masse an Musikbesessenen ein Begriff.

Ein Hofknicks der feineren Sorte vollführt daher auch die Redaktion von Plattentests.de, denn ohne den Einsatz der Beiden wäre solch wunderschöner Seelenbalsam wie der erste Song von "Sologne", "I fought the battle of Trinidad and Tobago", vielleicht nicht an unser Ohr gedrungen: "I’ve been watchin you from the other side / I know so well. I’ve been listening to your voice from the other side / I know you so well." Die Blick auf die unerreichbare Liebe von der falschen Seite. Zerschossen und zermartert liegen die Hoffnungen brach, verschuldet durch eigenes Versagen, durch immerwährende Unzurechnungsfähigkeit beim anderen Geschlecht. "I’ve been a loser and I’ve been a fool over you.” Svanängen wiederholt mit glockenheller Stimme sein leidendes Mantra, immer und immer wieder. Aber alles andere als Trauer wird dem geneigten Hörer durch die Glieder fahren. Denn das rhythmische Geplänkel des Anfangs steigert sich, verfeinert mit allerlei D.I.Y.-Romantik der neunköpigen Backingband, in einen minimalistischen Rausch, der erst einmal blind für die anderen Kompositionen von "Sologne" macht. Diese aber sind nicht keineswegs zu verachten. So elektrisiert "The city, the airport" mit leidenschaftlicher Aufrichtigkeit im melancholischen Sud ("The city I don't want another situation breaking me [...] The city I don't want another life that's killing me") und einer anschließenden luftig-psychedelischen Zersetzung, die nicht nur einmal an einen gut aufgelegten Sufjan Stevens erinnert. Ein ekstatischer, sich selbst belebender Traumstart.

Weitaus bedächtiger zeigt sich "Sologne" im Fortlauf und gerät nur selten in Versuchung, sich selbst aus der Bahn zu werfen. Svanängen fühlt sich oft verführt vom kitschigen Abgrund und weiß sich manchmal kaum ein Ende zu setzen, dort wo der Feinschliff und Dramaturgie längst ein Punkt und Komma verordnet hätten. Die achtenswerten Ziele von bittersüßem Wohlklang in Reinstform und lyrisch heilenden Händen, gewonnen aus der Tiefgründigkeit, hat er aber bei weitem erreicht. Svanängen erarbeitet sich mit spartanischen Instrumentarium und dem hypnotischen Zaubermittel der ständigen Melodienwiederholung ein ehrliches, introspektives Indie-Folk-Album. Auch kurzweilig arrangierte Stilbrüche von sanftem Jazz ("Le fever") und verruchtem, nordstämmigem Soul ("I love you (In with the arms)") laufen immer wieder über zum ungeschminkten Akustischen. "Sologne" - eine musikalische Dreingabe in schlichter Schönheit. Und ein Kitt für zerbrochene Seelen.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • I fought the battle of Trinidad and Tobago
  • The city, the airport
  • Won't you do?

Tracklist

  1. I fought the battle of Trinidad and Tobago
  2. Where are you go go going to?
  3. The city, the airport
  4. Le fever
  5. A band
  6. Take it back
  7. I love you (In with the arms)
  8. Grekerna
  9. I lose it all
  10. Won't you do?

Gesamtspielzeit: 35:28 min.

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User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2016-02-15 15:04:46 Uhr
Nur mal so:

Aus Urban dictionary:

"Top definition:
loney
A term for vagina, particularly prevalent in the panhandle area of Florida, usually in conjunction with "mended", which means "to engage in vigorous, violent sexual intercourse with".
I've definitely mended your mom's loney. "

Gibt acuh noch andere Bedeutungen, aber hier war ich schon überrascht.
captain kidd
2011-12-01 16:42:34 Uhr
pilcher? ich hau dir auf die mütze, Triumph. ja, das waren böse zeiten damals...
The Triumph of Our Tired Eyes
2011-12-01 11:36:24 Uhr
Ich bin mir heute noch nicht sicher wieviele von captain kidds Postings Fakes waren. Manche sind klar dem captain zuzuordnen, andere hingegen fast schon zu sehr Pilcher:)
The MACHINA of God
2011-12-01 11:29:53 Uhr
Definitiv bester Thread ever.
Best Thread ever
2011-04-29 22:12:06 Uhr
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