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Low - Drums and guns

Low- Drums and guns

Sub Pop / Cargo
VÖ: 23.03.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Geliebte Finsternis

"All soldiers they're all gonna die / All the little babies they're all gonna die / All the poets and all the lions and all you pretty people / You're all gonna die." Betrübliche Aussichten, ohne Zweifel. Und sie erschallen aus Mündern und von bedächtig arbeitenden Händen, die in den letzten zwei Jahren genügend Besorgniserregendes hinter sich gelassen haben. Sie sind Teil des ersten Songs "Pretty people". Teil eins des neuen Low-Albums "Drums and guns", das so urplötzlich aus dem Nichts auftauchte. Denn es sah so aus, dass die dreiköpfige Formation aus Duluth, Minnesota, die seit 1993 mit stoischem und entschleunigtem Takt im Musikzirkus agiert, mit dem robusten und überraschend lärmenden Vorgänger "The great destroyer" ihr letztes Wort gesprochen hatte. Das bandinterne Bündnis war zerstritten, selbst das vorstehende Ehepaar Mimi Parker und Alan Sparhawk ging sich an die Gurgel. Besucher der Welttournee 2005 konnten das makabre Schauspiel einer zerstörten und sich selbst fremden Band hautnah miterleben. Totale Desorganisation, ellenlange Pausen, Anspannung, Frust, Destruktivität. Ein gruseliges wie trauriges Spektakel, ausgedehnt auf dutzende Konzerttermine. Langzeitbassist Zak Stally waren diese Quälereien eine Spur zu heftig, und er verließ die Band nach zwölf Jahren verlässlicher Mitarbeit. Alan Sparhawk nahm anschließend sein Solodebüt "Solo guitar" auf, bestehend aus wütenden und frei improvisierten Soundfetzen einer einzelnen E-Gitarre. Bezeichnend.

Mit neuem Bassisten (Matt Livingston) und erwirtschafteter Strukturlosigkeit stand die Band vor einem radikalen Neuanfang. "Drums and guns", ihr achtes Album, sollte anders klingen, anders ticken und sich anders präsentieren. Und das tut es. Eine Drummachine verrichtet ihr seelenloses Werk, die bitter klingende Synthie-Orgel verfällt trockener Stereotypie. Schauerliche Handclaps wirken grotesk im frostigen Kontext. Sparhawk lässt beklemmend verlauten: "All bodies break and the blood just spills and spills / But here we sit debating math / It's just a shame my hand just kills and kills." Nur Parkers engelsgleiche Stimme weiß den reumütigen Schänder zu besänftigen, bevor sie in sein Leiden mit einstimmt. Der dokumentierte menschliche Abgrund des kurzen Songs "Breaker" bedrängt und erschüttert. Kein Hoffnung, weder im Ton, noch im lyrischen Fortlauf. "Sandinista" fährt fort in Teufels Eingeweiden. Die alles bestimmenden Drums marschieren auf und ab. Eine unentwirrbare Effektmaschinerie verschlingt den Hintergrund. "Where would you go / When the gun fell in your hand / Home to your kids or to symphathetic friends?" Metrisch, abgehackt, kaltblütig. Es sind die einheitlichen vokalen Einsätze von Sparhawk und Parker, die den Martyrien Leidenschaft einbläuen, aber letztlich in dem grausamen Gebilde ersticken. Low stecken zurück, halten sich an einen rhythmisch ausgelegten apodiktischen Rahmen und erschließen sich einen unberührten Musikkosmos, der so tief geht und liegt und sich mit panischer Inbrunst an die Seelen heftet.

Der saitenschwingenden Weitläufigkeit in spartanischer Schönheit und den melodischen Trauerhymnen mit mormonisch geprägten Botschaften, die seit dem ersten Album "I could live in hope" ihren Sound individualisierten, werden zwar nicht ganz unterdrückt. Aber ihr einfarbiges Kostüm im bekannten Muster wird mit verstörend elektronischen und experimentellen Stichen versehen, die der Fan kaum für möglich gehalten hätte. Produzent Dave Fridmann, der schon das fast positiv gestimmte "The great destroyer" ruppig und perfekt in Szene setzte, erschuf eine meisterhafte stereotechnische Klangkonstruktion, die der konzeptuellen Vorgabe von Mord und Totschlag, Krieg und Zerstörung, voll und ganz entspricht. Jedes Instrument steht für sich alleine auf weiter Flur und erringt den Status der Einzigartigkeit. Keine stützende Verbindung zum Mitspieler, keine Zusammenkunft mit dem Gesang, der auf Albumlänge den rechten Kanal des Tontransporters besetzt.

So entsteht auf "Drums and guns" ein gewollt bedrückendes, karges Szenario, voller Trostlosigkeit und verewigender Monotonie, in der jedes Glied auf sich alleine gestellt ist. Auch wenn diese Charakterisierung nicht wirklich erbaulich klingt, so erfährt "Drums and guns" in seinem Werdegang immer sakralere und ausufernden Einschübe ("Take your time", "In silence"), die letztlich auf einen Silberstreifen an Zuversicht zulaufen, suchend nach einem seidenen Faden an minimalen Vertrauen. "All I can do is fight, even if I know you're right." Eine Windhauch gegen einen schwarzen Monolithen.

(Markus Wollmann)

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Highlights

  • Breaker
  • Sandinista
  • Always fade
  • In silence

Tracklist

  1. Pretty people
  2. Belarus
  3. Breaker
  4. Dragonfly
  5. Sandinista
  6. Always fade
  7. Dust on the window
  8. Hatchet
  9. Your poison
  10. Take your time
  11. In silence
  12. Murderer
  13. Violent past

Gesamtspielzeit: 41:27 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
NOK
2011-03-03 22:29:10 Uhr
http://www.youtube.com/watch?v=4AzLgswmJxA

Sollte dir das hier auch nur irgendwie gefallen, würde ich dir dringendst zum fantastischen Debut "I Could Live in Hope" (1994) raten. "Things We Lost in the Fire" ist auch sehr hübsch, aber meines Erachtens keines ihrer besten Werke. Aber RateYourMusic und Konsorten sprechen da wieder eine ganz andere Sprache. Einfach mal ausprobieren. :)
edgar
2011-03-03 22:12:27 Uhr
mein liebling ist "Things We Lost in the Fire"!
IFart
2011-03-03 21:41:31 Uhr
Ja, das gefällt mir auch mit am besten. Gibts da noch mehr Alben, die sich lohnen?


visions of johanna
2011-03-03 21:35:44 Uhr
ja, murderer ist mein fav.
IFart
2011-03-03 21:32:36 Uhr
Ich weiß, ich bin Jahre zu spät.
Aber dieses geniale Album ist total an mir vorbei gegangen.
Wunderbares Ding
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