The Go Find - Stars on the wall
Morr / Indigo
VÖ: 30.03.2007
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Das Äquivalenzprinzip
"Stars on the wall", das Zweitwerk von Dieter Sermeus als The Go Find, ist unendlich dicht gestrickt und aneinander gepresst. Es erscheint einem, als wohne in jedem einzelnen Ton die Kraft und Konzentration des gesamten Albums. Als hörte man ins Kleinste und fände hier bereits den Bau des Großen und Ganzen bis in die feinsten Konturen ausformuliert. Als sei es egal, an welcher Stelle man in diese Musik hineinspringt, denn man wird sie sofort verstanden haben, sie wird einen eilends auffangen und in diesem Verständnis weitertragen. An den Anfang und wieder zurück. Als sei alles in und mit ihr gleichgültig.
Das wunderschöne "New year" gibt ein erstes, eindringliches Bild dieses Zustands ab. Zunächst erhellt allein Sermeus' stets freundliche Stimme die Mitternacht. Dann aber schwingt der Song mit einer schmalen Auftaktverschiebung in seinen Refrain herüber, ganz ohne Sylvesterknaller und zu vage, um es wirklich zu bemerken. Wie das Augenzwinkern, zu dem der Uhrzeiger die Zwölf wieder verlässt und die fingierte Einheit der Zeit wieder auseinandergerissen wird. The Go Find gehen mit und finden sich ab. Sie verströmen weiterhin Ruhe und Gelassenheit. Keine alten Sehnsüchte oder neuen Chancen werden abgeklappert. Und doch ist etwas anders, nach diesem Refrain. Es geschah bloß zu schleichend, um es ganz zu verstehen.
Ebenso verschwiegen rutscht man zu "Ice cold ice" im "Schöne Verzweiflung noch"-Modus immer tiefer in die Polster, um erst nach "25 years" von satt und warm dahinrollenden Bässen, Gitarren- und Orgeltupfern behutsam wieder aufgetaut zu werden. "We don't wonna" zieht dann im Beat ordentlich an. Klavier und Glockenspiel umschlingen sich mit allen Extremitäten auf einmal und provozieren schließlich einen (weiteren) Moment der Ehrlichkeit: "We don't wonna change." Richtig. Denn vielleicht ist es letztlich genau dieser Wille des Durchhaltens, der den Unterschied markiert. Die Einsicht, dass erzählt, gesungen und musiziert werden kann und sich doch nichts ändert. The Go Find schaffen es, dass diese Erkenntnis willkommen ist und beruhigend wirkt.
Es braucht sicherlich eine große Vertrautheit unter den Musikern, um so etwas gestalten zu können. Und so hat Sermeus seine Liveband für "Stars on the wall" zum ersten mal auch im Studio versammelt. Zusammen erfinden sie eine Welt im ewigen Morgenrot. Je nach Konstitution und Willen, je nach dem, was an diesem Morgen bereits hinter oder noch vor einem liegt, verkrümelt man sich besser unter die nächstbeste Decke oder macht sich auf in den Tag. Was danach kommt oder davor war, ist hingegen herzlich egal. Deshalb fühlt man sich nach dem seltsam stillen Wahnsinn dieser Musik zwar ein wenig verlassen. Aber dass The Go Find glauben, das Leben wäre ein Rummelplatz und man selbst nicht vorwiegend allein, kann nun auch nicht gerade behauptet werden. Man kann wirklich nur staunen. Und sich entweder dem Schlaf oder dem Morgen entgegenrecken lassen.
Highlights
- New year
- 25 years
- We don't wonna
Tracklist
- Beautiful night
- Dictionary
- New year
- Adrenaline
- Downtown
- Ice cold ice
- 25 years
- Monday morning
- We don't wonna
- Everything is low
- Kid ok
Gesamtspielzeit: 42:08 min.
Referenzen
Styrofoam; Radical Face; Electric President; The Postal Service; The Notwist; Schneider TM; Dntel; Lali Puna; Ms. John Soda; Isan; Death Cab For Cutie; The Album Leaf; The American Analog Set; Her Space Holiday; Finn; Phantom/Ghost; Turner; Telefon Tel Aviv; Turner; Pinback; Rob Crow; State River Widening; Four Tet; Jet Johnson; M 83; Tarwater; Herrmann & Kleine; Christian Kleine; Múm; Architecture In Helsinki; The Radio Dept.; Boards Of Cananda; Mice Parade; Aerial M; Papa M; Pajo; Owen
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