Hanne Hukkelberg - Rykestrasse 68

Propeller / Nettwerk / Soulfood
VÖ: 16.03.2007
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Kleine Hausnummer
Energisch schleudert die Waschmaschine bis zum unvermeidlichen Orgasmus. Die Nähmaschine rattert in stoischem Takt, ohne sich um des Mitläufers differenten Rhythmus zu scheren. Der absonderliche Klang von Löffeln, Gabeln und Messern sind das ersehnt glockenhelle Tüpfelchen auf dem i. Die belebten Geräusche des Straßenverkehrs lassen zauberhafte Experimente nicht im undefinierbaren Dunkeln stehen. Die konsequente Verwendung von Field Recordings, Geräuschen des Alltagslebens und Alltagsgerätschaften offenbaren eine grenzenlose Phantasie, die, obwohl nur im persönlichen Kosmos schlüssig, greifbar und nahe ist. Unmittelbar und ungeschminkt ließ sich Hanne Hukkelberg auf ihrem Debüt "Little things" in die Karten schauen. Überkandidelte Mystik ersetzte sie durch Authentizität. Anstrengendem Elfengeplapper, nicht von dieser Welt, trat sie mit Bodenständigkeit entgegen. Aber ein kurzes Blinzeln reichte bei Weitem nicht aus, um das offengelegte Blatt der Norwegerin zu deuten. Mindestens eine intensive Entschlüsselungsphase war nötig, um den abenteuerlichen Klängen von "Little things" auf die Schliche zu kommen.
Und so wie es oft in Rezensionen zu der berühmtberüchtigten zweiten Platten lautet, muss auch auf "Rykestrasse 68" festgestellt werden, dass Hukkelberg sich nicht zu schade ist, dem Hörer etwas eingängiger entgegenzutreten. Nicht, dass ihre experimentelle Ader vollkommen leergesaugt wäre, aber der Vordergrund wird nicht mehr durch die Strukturfindung in einem Sammelsurium unkonventioneller Klangkörper bestimmt. Benannt nach einem Straßenzug in ihrem halbjährigen Immigrantendomizil Berlin, versucht "Rykestrasse 68" in Sachen Organisation etwas mehr hauszuhalten als der verschrobene, kleinspurige Vorgänger. Ein Stück weit feinfühlige Emotionalität geht dadurch in dem abwechslungsreichen Programm zwischen Soul, Jazz und Elektronik und immer noch genügend Wunderlichem unweigerlich verloren. Und das ist gar nicht mal schlecht. Das unterkühlte "Ticking bomb" vollführt einen düsteren Eisprinzessinnen-Tanz mit unnahbarem Soul, gestützt durch panisches Piano und schmerzvolle Lyrics: "Who am I / What have I done / I've lost myself again / I've punished the good / The innocent, my beloved / My liberator, my saviour." Hukkelberg setzt mehr Konzentration darauf, ihre Geschichten in entsprechendem Klang zu vertonen. Die musikalisch leidvolle Expression, die nicht im bloßstellenden Seelenstriptease endet, wird mit der fabelhaften Coverversion des Pixies-Klassikers "Break my body" fortgeführt.
Aber es ist nicht das fabulös instrumentierte frostige Neuland, das "Rykestrasse 68" zu einer gelungenen Fortsetzung ihrer Karriere macht. Auch nicht der missglückte Versuch des schrulligen Genremix "Fourteen", der sich zu gewollt mit Konzeptionsfreiheit schmückt und im Refrain nur durch eine melodiöse Kurve nach oben gerettet werden kann. Die Antwort findet sich auch nicht in der Single "A cheater's armory", die sich zwar mit Bedacht, aber dennoch zu bedrohlich einem vernichtenden Easy Listening nähert, fest verschnürt mit fehlgeleiteter Coolness. Nein, gefüllt mit erlesenen Überraschungen wird Hukkelbergs zweites Schatzkästchen erst mit der minimalistischen Berechenbarkeit und der introspektiven Beobachtung des ersten Songs "Berlin". Auch der jazzige Hauch von Nichts des heimatsprachlich arrangierten letzten Stücks "Pynt" oder die unbändige Stille von "Obelix" transportieren in ihrer Zurückhaltung die wirkliche Seele Hukkelbergs. "You, you tell about your past / And with open arms / You listen to mine."
Highlights
- Berlin
- Break my body
- Pynt
Tracklist
- Berlin
- A cheater's armory
- The pirate
- Fourteen
- North wind
- Obelix
- Break my body
- Ticking bomb
- Pynt
Gesamtspielzeit: 39:11 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Kristian |
2007-05-28 19:31:01 Uhr
Ich glaube, dass ist der von Madrugada. Bin mir aber nicht vollkommen sicher...Dann ist er es ganz sicher. |
uczen |
2007-05-28 19:26:33 Uhr
Ich glaube, dass ist der von Madrugada. Bin mir aber nicht vollkommen sicher... |
Kristian |
2007-05-28 19:23:35 Uhr
Nett, dass die Percussionisten jetzt auch an Schreibmaschinen sitzen (Northwind). |
uczen |
2007-05-28 19:13:27 Uhr
Jetzt aber mal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die gute Dame...http://www.myspace.com/hannehukkelberg |
uczen |
2007-05-18 09:59:07 Uhr
"of" natürlich mit nur einem "f".entschudigung. |
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Referenzen
Susanna & The Magical Orchestra; Slowblow; CocoRosie; Metallic Falcons; Psapp; Sol Seppy; Colleen; Lali Puna; Vashti Bunyan; The Year Of; Cat Power; Joanna Newsom; Stina Nordenstam; Under Byen; Jagga Jazzist; Four Tet; Múm; The Books; Emiliana Torrini; Matt Elliott; El Perro Del Mar; Boards Of Canada; Björk; Opal; Hope Sandoval & The Warm Inventions; Mazzy Star; Natalie Merchant; Fiona Apple; Adem; Espers; Broadcast; Lampshade; Devics; Elysian Fields; Beth Gibbons & Rustin Man; Mark Hollis; Faun Fables; Mirah; Portishead; The Ditty Bops; Matmos; Kings Of Convenience; Scout Niblett; Grizzly Bear; August Born; Final Fantasy; Piano Magic; Duke Special; Isobel Campbell
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- Hanne Hukkelberg - Rykestrasse 68 (14 Beiträge / Letzter am 28.05.2007 - 19:31 Uhr)