Of Montreal - Hissing fauna, are you the destroyer?

Polyvinyl / Track & Field / Cargo
VÖ: 16.02.2007
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Of Lönneberga
So wie Homer Simpson die Eingeborenen einer freudlosen Südseeinsel zu aufrichtigen Christen ummissioniert hat, so ungefähr machen Of Montreal Musik: Von nichts eine Ahnung, für alles offen, ohne das passende Handbuch, und doch mit jedem denkbaren Verhandlungswasser gewaschen. Natürlich ist es auch möglich, dass sie zwischendurch mal einen Froschrücken ablecken, aber wir wollen diese Band gar nicht erst in die Drogenecke stellen, nur weil sie mehr Farben sieht und darstellen kann als die aktuellen Top-Notch-Modelle auf dem Monitor-Markt. Die Kreativität und Verwirrung, der unendliche Ideenfluss, der auch auf dem neuen Of-Montreal-Album "Hissing fauna, are you the destroyer?" nicht abreißen will - das alles steckt nämlich in keinem Pilz oder Spliff, keiner Spritze oder Pille dieser Welt. Es braucht dafür schon einen wachen Verstand. Einen wie den von Homer Simpson.
Von daher ist es gar keine solche Sensation, dass mit der neuen Platte nun erstmals persönliche Angelegenheiten Einzug ins lilafarbene Fantasy-Universum von Of Montreal erhalten und dass plötzlich Spuren von Blut im Koffeinkreislauf dieser einzigen Band auftauchen, der man einen Werbejingle für Starbucks verzeihen würde. Kevin Barnes, die letzte wacklige Konstante bei Of Montreal, hatte Ärger mit seiner Frau, ein ganzes Jahr lang lief alles schief, was schief laufen konnte. Also packte er seinen Laptop und ein paar Instrumente ein, flog zu ihr und der gemeinsamen Tochter nach Oslo und schrieb sich ins Hausaufgabenheft: 1.) Ehe retten. 2.) Album aufnehmen. 3.) Mette-Marit abschleppen, nur falls 1.) nicht klappt. Na gut, das letzte war gelogen. Der Rest aber, der hat echt prima hingehauen.
"Hissing fauna, are you the destroyer?" ist der Abgesang auf alle Niedlichkeiten und Hippie-Anflüge, die Of Montreal seit ihrer Gründung vor nun mehr zehn Jahren angedichtet wurden. Es ist textlich ihr mürrischstes und bei weitem autobiographischstes Album, Barnes spielt Drogen-, Religions- und Wahnsinnsphantasien durch - all die Fluchtpunkte eben, die einem noch bleiben, wenn die Scheidung beschlossene Sache scheint. Die Musik dazu lässt sich aber solch schlechte Launen gar nicht erst aufschwätzen. Sie ist viel zu beschäftigt mit dem Durch- und Abdrehen, das noch jede Of-Montreal-Platte befallen hat. Sie klingt zwischen Elephant-6-Weirdness, Glam-Pop und Deppendisko wieder wie die verrückt gewordene Diplomarbeit eines Vorzeigeabsolventen der Matthew-Friedberger-Universität für verhaltensauffällige Musikgenies. Sie kann einem gewohntermaßen das letzte bisschen Restverstand wegnehmen.
Ob es nun an Barnes' sektgläsersprengender Stimmbandakrobatik liegt, der Leichtigkeit, mit der er "Chemicals" zum Acht-Silben-Wort erweitert oder den Battlerap-Lyrics, die sich unter das grandios überkandidelte Bollern von "Labyrinthian pomp" mischen: Es bleibt weiterhin eine Herausforderung, ein ganzes Album von Of Montreal ohne Unterbrechungen zu hören. Nicht eine Sekunde lang ist diese Platte still, die Songs verlaufen ineinander, verschwimmen oder beißen sich gleich gegenseitig die Enden ab, wenn sie es nicht mehr abwarten können, endlich loszugehen. Nur ein Lied bleibt unantastbar, das buchstäblich ausweglose, wutentbrannte, hirnverbrannte, zwölfminütige "The past is a grotesque animal". Der konditionsstarke Chor singt selbst sein Gegenstück aus "Sympathy for the devil" an die Wand, die Beziehung ist gerettet, der hohe Norden liegt in Trümmern. Stranger than fiction, diese Band.
Highlights
- Suffer for fashion
- The past is a grotesque animal
- Labyrinthian pomp
Tracklist
- Suffer for fashion
- Sink the Seine
- Cato as a pun
- Heimdalsgate like a Promethean curse
- Gronlandic edit
- A sentence of sorts in Kongsvinger
- The past is a grotesque animal
- Bunny ain't no kind of rider
- Faberge falls for Shuggie
- Labyrinthian pomp
- She's a rejector
- We were born the mutants again with leafling
Gesamtspielzeit: 51:19 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Christopher Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 3078 Registriert seit 12.12.2013 |
2019-03-15 15:34:51 Uhr
Hänge seit ein paar Tagen wieder an "The past is a grotesque animal" fest. |
Badabing (nicht eingeloggt) |
2019-03-03 20:54:01 Uhr
Den höre ich gerade auch (erstmalig) und bin restlos begeistert. |
S0mbrero Postings: 82 Registriert seit 14.06.2013 |
2016-07-08 12:19:38 Uhr
Definitiv! |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 8628 Registriert seit 26.02.2016 |
2016-07-08 09:54:29 Uhr
Ich muss mal ganz kurz hervorheben, was "The Past Is A Grotesque Animal" für ein Wahnsinnssong ist! |
U.R.ban |
2009-09-12 01:03:04 Uhr
Wie kommst du denn da drauf? ;) |
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Referenzen
The Unicorns; Islands; Half-Handed Cloud; The Olivia Tremor Control; The Hidden Cameras; Architecutre In Helsinki; Tiger Tunes; The Helio Sequence; Destroyer; Shimmer Kids Underpop Association; Donderevo; Deerhoof; The Fiery Furnaces; Matthew Friedberger; The Ark; Suburban Kids With Biblical Names; The Russian Futurists; Super Furry Animals; Mates Of State; The Flaming Lips; The Most Serene Republic; The High Llamas; +/-; Enon; Whirlwind Heat; Secret Square; Elf Power; Neutral Milk Hotel; The Apples In Stereo; Volcano, I'm Still Excited!!; Th' Corn Gangg
Surftipps
- http://www.ofmontreal.net/
- https://www.polyvinylrecords.com/bands/band_info.asp?bandID= 122
- http://www.polyvinylrecords.com/hissing/
- http://www.polyvinylrecords.com/twins/
- http://www.elephant6.com/bands/montreal.html
- http://www.e6townhall.com/forumdisplay.php?fid=9
- http://en.wikipedia.org/wiki/Of_Montreal
- http://www.epitonic.com/artists/ofmontreal.html
- http://www.emusic.com/artist/11529/11529496.html
- http://www.thebeewithwheels.com/
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