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Aereogramme - My heart has a wish that you would not go

Aereogramme- My heart has a wish that you would not go

Chemikal Underground / Rough Trade
VÖ: 09.02.2007

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Glasgow Coma Scale

Aereogramme haben sich verändert. "Seclusion" war nicht der so gern an allen passenden und unpassenden Stellen behauptete Soundtrack für einen imaginären Streifen. Der Kurzfilm existierte, war auf der CD enthalten und konnte einem durchaus das Blut ein paar Grad Celsius kälter frosten. Auf "My heart has a wish that you would not go" hingegen ist kein Platz mehr für Schockeffekte. Stattdessen empfiehlt sich nun ein Song namens "Nightmares" (immerhin!) mit Keyboard- und Streicherwucht als Klangwand für den nächsten Jerry-Bruckheimer-Blockbuster.

Aereogramme sind sich treu geblieben. Schon immer pendelten die Schotten nicht nur zwischen Laut und Leise, sondern vor allem zwischen Lärm und Bombast. Schicht um Schicht türmte sich in Richtung Kitsch auf, nur um plötzlich in beklatschenswertes Unbehagen zusammenzustürzen. Auch ihr viertes Album kennt sich mit überschwänglichen Gefühlen und prickelnder Melancholie bestens aus. Dazu bezieht sich jeder Song auf einen Film, vorzugsweise einen mit düsterer Stimmung. Zum fröhlichen Fußnotenziehen und Mitraten. Der Titel ist schon einmal ein standesgemäßes Zitat aus William Peter Blattys Horrorroman "The exorcist", das allerdings in der mit hübschen Kotzszenen angereicherten Filmfassung ausgelassen wurde.

Aereogramme haben sich verändert. Wo die Meisterwerke "A story in white" und "Sleep and release" mit Klaustrophobie und Unglück wucherten, scheint ein Hauch von Glück ins Hause Aereogramme eingekehrt zu sein. Obwohl Craig B. wegen einer schwerwiegenden Rachenentzündung zwischenzeitlich verstummte und seine Stimme künftig etwas schonender einsetzen muss, verströmt "My heart has a wish that you would not go" Positives. Ausgeglichenheit. Zufriedenheit. Die Erfahrung, sich erfolgreich zu verlieben. Und selbst wenn es doch wieder um Gedanken von Abschied und Trennung geht, wurden sie nie so zärtlich formuliert wie über die im Offbeat herabperlenden Klaviertasten von "Exits" oder im vor Leidenschaft verstummenden "Trenches". "You know that I love you / But I can't let you go." In "A life worth living" trippelt das zuversichtliche Moll ganz unruhig übers Klavier, schrubbt an den Gitarrensaiten und trommelt aufs Schlagzeug. Hier pulsiert so viel, dass Herzklappen einträchtig applaudieren.

Aereogramme sind sich treu geblieben. Das Auf und Ab von "Conscious life for coma boy" zeichnet ein hoffnungsvoll morbides Szenario zwischen Gitarrenlärm und Herz-Lungen-Maschine. Die überkandidelten Streicher aus der Single "Barriers" duellieren sich passend zum Bezug auf Anne Rices "Queen of the damned" mit der Gitarre. Die Strophe von "The running man" (na, der war ja einfach!) stolpert in einen hymnischen Refrain, dessen synthetisches Prickeln letztlich doch noch von Selbstzweifeln zernagt wird. "I thought I was open / But I was closed." "Living backwards" hingegen gleitet auf leisen Füßen abwärts und wehrt sich mit zerrenden Breaks gegen den Untergang: "And I'm sure / We shouldn't be wasting away."

Mit welchen Aereogramme hat man es denn nun auf "My heart has a wish that you would not go" zu tun? Die Intensität ist die gleiche, die Dringlichkeit wurde lediglich leiser. Und mag das Schwelgen auch scheinbar die Oberhand gewonnen, der unsaubere Krach sich verweht haben - die taumelnden Walzer-Takte, die bebenden Crescendi, die überschnappenden Melodien sind immer noch da. Sie machen nur immer wieder Platz für Details, die man bislang überhört hat. Für zärtliche Ornamente. Für Schulterklopfen statt Nackenschlägen. Für romantische Wünsche und die Kraft der Eleganz. "May you always be loved."

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Conscious life for coma boy
  • Exits
  • A life worth living
  • Living backwards

Tracklist

  1. Conscious life for coma boy
  2. Barriers
  3. Exits
  4. A life worth living
  5. Finding a light
  6. Living backwards
  7. Trenches
  8. Nightmares
  9. The running man
  10. You're always welcome

Gesamtspielzeit: 47:14 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

keenan

Postings: 5192

Registriert seit 14.06.2013

2022-09-05 18:22:38 Uhr
für mich ihre beste, vlt auch weil es mein einstieg mit der band war. leider paar jahre zu spät, kurz danach lösten sie sich auf :-(

Mr Oh so

Postings: 2972

Registriert seit 13.06.2013

2022-09-05 17:59:46 Uhr
Hach

zeckezichter

Postings: 269

Registriert seit 07.11.2021

2022-09-05 17:40:02 Uhr
Hach...

9/10

ZoranTosic

Postings: 962

Registriert seit 22.04.2020

2020-05-22 09:54:24 Uhr
@Carpi: Laufen und Musik ist bei mir auch erst mit der Zeit gewachsen und funktioniert auch nicht immer - Klang der Natur wird auch von mir teilweise bevorzugt. Mit der Zeit habe ich aber festgestellt, das konzentriertes Musikhören beim laufen schon ganz gut funktioniert (passe natürlich trotzdem auf meine Umwelt auf ;-))

Ich bin bis vor einigen Jahren Ultramarathons gelaufen und die Vorbereitung darauf, war natürlich immer mit grossen Trainingsumfängen verbunden - da wurde es dann ohne zusätzliche Unterhaltung manchmal öde - die Musik ist/war dann eine hervorragende Abwechslung.

carpi

Postings: 1467

Registriert seit 26.06.2013

2020-05-22 09:42:46 Uhr
Klasse Alben, mag die Band auch sehr, wobei mir die Vorgänger noch mehr zusagen als der Schlusspunkt, 16 Seiten zu diesem Album sind aber auch ein Wort, müsste ich mir nochmal anhören.
Was bei mir noch nie funktioniert hat: Joggen und Musik hören, habe es aber auch nur einmal versucht, bevorzuge hier den Klang der Natur:)
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