Rocko Schamoni - Rocko Schamoni & Little Machine
Trikont / Indigo
VÖ: 26.01.2007
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Champagner
Das Prinzip ist ja eigentlich altbekannt: Die bittere Medizin wird für das kränkelnde Kleine in süßer Schokolade versteckt. Ohne Murren wird geschluckt und kann dann im Kinderkörper seine Wirkung entfalten. Ähnlich bei der Musik, denn während glatte Melodien den Raum erfüllen, schleichen sich mit den Textzeilen kleine, rebellierende Sätze ins Konsumentengehirn. So macht es Chumbawamba, und genauso wirkt es auch bei Rocko Schamoni. Schlagerschein umgibt seinen schweren Duft der Anarchie, so der Titel des Vorgängeralbums.
Der Nachfolger erscheint wiederum in legerem Flanellhemd und Stoffhose. Schlager Schamoni, wenn auch etwas ernsthafter diesmal. Das könnte daran liegen, dass es das letzte musikalische Werk des Herrn sein soll. Als erfolgreicher Buchautor ("Dorfpunks"), Clubbesitzer, Hobbypolitiker und Überallanwesender wird die verfügbare Zeit nunmal einfach etwas rarer. Vor allem, wenn man das schwergeschaffene immer nur unzureichend gewürdigt sieht, wie sich der Meister selbst beschwert. Runtergeschlungen wie Billigpizza werde seine Musik. Er sähe es sicherlich viel lieber gegurgelt wie sprudligen Champagner, in Saint-Tropez zum Lachsfrühstück.
Aber das ist das Medium Pop. Und wer dabei wie er noch auf fluffige Eingängigkeit und stete Lounge-Fähigkeit setzt, kann nun einmal nicht zwingend auf intensive Auseinandersetzung hoffen. So schön auch manche Lieder wie das soulige "Muster" tönen. Oder wie treffend Texte wie beispielsweise in der Politikersklaven-Schelte "Zu dumm um frei zu sein" gelungen sind. Die von Frauenchören begleitete Liebesverklärung in "Die Infektion" ("Das ist Liebe / Und Liebe kennt keine Grenzen") kann aber getrost wieder neben Bergidyllen und Pensionärsradio plaziert werden. Oder klar: Die Anti-Haltung zur Anti-Haltung, wie er selbst einmal sagte. Begeisterung also. Aber diese doch nur ironisch?
Ja, das erscheint alles nicht so rund. Auch die Rebellion gegen den Markt in Form eines marktfähigen Produktes, eine Art musikalischer Marsch durch die Institutionen also, bleibt anzweifelbar. Aber fern aller ideologischen Ansprüche ist es letztendlich einfach Musik, etwas seichte obendrein. Ob diese aber nun Punker Paule oder Schlager-Steffen konsumiert, bleibt schwer vorherzusagen. Und auch eine schicke Geschmacksvereinigung beider Kreaturen wird Rocko trotz Gläschen voller Prickelwasser mit dieser CD wohl kaum gelingen.
Highlights
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- Muster
- Zu dumm um frei zu sein
Tracklist
- Leben heißt sterben lernen
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- Muster
- Zu dumm um frei zu sein
- Jugendliche
- Die Infektion
- Zum ersten Mal
- Der See
- Der Weg
- Tiere in der Großstadt
Gesamtspielzeit: 37:03 min.
Referenzen
Blumfeld; Berend; Wohnraumhelden; Der Junge Mit Der Gitarre; Eisen; Michel Van Dyke; Falco; Andreas Dorau; Jens Friebe; Udo Lindenberg; Michael Holm; Harald Juhnke; Funny Van Dannen; Tilman Rossmy; Gautsch; lotte.ohm; PeterLicht; Bernd Begemann; Olli Schulz & Der Hund Marie; Die Aeronauten; Die Goldenen Zitronen; Chumbawamba; John Paul Young; Aztec Camera; Prefab Sprout; Mike Flowers Pops; Dean Martin; Frank Sinatra; Isaac Hayes; Al Green; Reinhard Mey; Udo Jürgens
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