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The Cooper Temple Clause - Make this your own

The Cooper Temple Clause- Make this your own

Sequel / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 26.01.2007

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im falschen Hals

Machen wir uns da nichts vor: Musikrezensionen heilen keine Krebspatienten, sie tun nichts für die Arbeitslosen, und kleinen Kinder in Afrika können sie auch nicht ernähren. Trotzdem war selten ein Text über ein Popalbum sinnloser als der folgende - es hat ja eh schon jeder Interessierte eine Meinung zur dritten Platte von The Cooper Temple Clause. Allein in Deutschland waren sie letztes Jahr zweimal auf Tour. ein paar Festivals wurden auch noch drangehängt. Jeden Abend setzte es zahlreiche neue Songs, und wer es nicht hinschaffte, bediente sich eben im Internet, wo "Make this your own" schon seit Monaten rumgeistert. Die Geduldigen mussten dann hilflos lesen, dass das Album zu glatt geworden sei, die alten Kratzer und der Spaß am Verrückten fehlten. Das wirklich Ärgerliche: Die Download-Heuschrecken hatten auch noch Recht.

Man muss das in die richtigen Bahnen lenken. Anders als die beiden Cooper-Temple-Clause-Platten mit den langen Titeln wird "Make this your own" nicht zu den Essentiellen des neuen britischen Musikjahrtausendes gezählt werden, wenn nächsten Dienstag irgendein Nordkoreaner, Iraner, Ami oder Überraschungssieger die Welt hochjagt. Anders als auf diesen Alben wird hier nichts mehr vorangetrieben, nicht mehr alles Mögliche gleichzeitig versucht, auch nicht mehr so beklemmend aus dem Leben im Vorstadtrevier berichtet. Und sowieso längst schon wurde Didz Hammond, ehemals Bassist und Kühlerfigur der Band, von Carl Bârats Dirty Pretty Things abgeworben. Aber deshalb gleich die Grabrede für Oma umschreiben? Die Sache aufgeben? Könnte später noch Ärger geben.

Warum das alles so zweischneidig ist diesmal? Zum Beispiel wegen der neuen Single "Waiting game", mit der es The Cooper Temple Clause erstmals aus dem MTV-Nachtprogramm hinaus schaffen dürften, wenn alles gut geht. Ein fürchterlich poppiger Song, das kriegt man von jeder kleinen Schwester schriftlich: Und dann auch noch dieser breitgetretene Refrain, der im eigenen Zuckerwasser ersäuft. Man will das schon an Keane weitervermitteln, bis auffällt, was für eine gute Idee es war, den Song nicht vom raucherhustenden Ben Gautrey singen zu lassen, sondern ihn an Dan Fisher zu übergeben, wie leidenschaftlich der das in die Nacht heult, wie rund das Teil plötzlich ist und dass Placebo so einem Stück seit Jahren hinterher jagen. Langer Satz, schwierig. Aber wir kommen zurecht, langsam.

Ähnliche Geschichten ließen sich zu vielen Songs auf "Make this your own" erzählen. Wenig funktioniert hier auf Anhieb so gut wie der Auftakt mit dem Knattergitarrensound aus "Damage" und den garstig angedrohten Prügelstrafen von "Homo sapiens". Man möchte Fensterscheiben dazu einschmeißen, wird aber schnell vom sinister köchelnden "Head" runter geholt. "You wanna leave it but you can't forget about it", daran wird noch zu knabbern sein. Tom Bellamy bringt seinen Leadsänger-Einstand auf die Reihe, das haben sie diesmal halbwegs fair aufgeteilt unter Gautrey, Fisher und ihm. Mit dem Loch am Bass lief es ähnlich, gestopft vom eigenen Personal, jeder musste mal ran. Hat hier besser geklappt als bei Bayern und Ballack.

Obwohl "Make this your own" also vor allem eine Frage der Gewöhnungszeit bleibt, die man ihm lassen will, fühlt es sich doch am besten an, wenn The Cooper Temple Clause ihre alten Stärken bearbeiten, wie einen Sandsack traktieren und neugierig gucken, wie viel das Teil wegstecken kann. "Once more with feeling" und "All I see is you" probieren das aus: einmal kurz, einmal lang, zweimal Vintage-TCTC mit Elektronik auf Richtungssuche, bleiernen Gitarren als Verkehrsschildern und irgendwas Ekligem im falschen Hals. Ehrlich, nichts gegen sarkastische Folk-Vorahnungen wie "Take comfort", das samt Xylophon und Akustikscher beim Teufel landet, wenn sich Bellamy Sachen wie "I take comfort in that someday I shall die" zurechtnölt. Das Blut aber läuft einem dazu nicht mehr aus den Ohren, das Essen behält man diesmal drin. Blöd, eigentlich.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Damage
  • Head
  • Waiting game
  • All I see is you

Tracklist

  1. Damage
  2. Homo sapiens
  3. Head
  4. Connect
  5. Waiting game
  6. Once more with feeling
  7. What have you gone and done
  8. Take comfort
  9. All I see is you
  10. Isn't it strange
  11. House of cards

Gesamtspielzeit: 46:37 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

didz

Postings: 1982

Registriert seit 29.06.2017

2023-09-17 16:23:11 Uhr
bei youtube und spotify gibts das ganze album ;-)

u.x.o.

Postings: 510

Registriert seit 29.08.2019

2023-09-17 15:58:01 Uhr
Ich finde nur die Single von Juli 2021.. hast Du mal nen Link?

didz

Postings: 1982

Registriert seit 29.06.2017

2023-09-17 14:39:13 Uhr
wer ben auf albumlänge am mikro vermisst, das debut von 'type two error' is schon seit ende juli draussen.
habs bis jetzt verschlafen, wird gerade nachgeholt.

didz

Postings: 1982

Registriert seit 29.06.2017

2023-09-15 23:15:59 Uhr
ich mag '...gone and done' und auch 'isn't it strange', auch textlich.
meine lowlights sind eher 'once more with feeling' und 'all i see is you'. die 2te hälfte von letzterem empfinde ich sogar als regelrecht anstrengend und unangenehm.
aber der rest vom album is für mich top, das es nich sonderlich homogen is macht für mich grade den charme aus. nichts muss, alles geht...es wird gerockt, es frickelt, es gibt klasse melodien, synthi-pop in geschmackvoll und zwischendrin is noch zeit für ein bisschen was akustisches...ich find das toll.
auch die texte trauen sich in vielen songs etwas in richtung 'einfach' zu gehen, aber so zynisch möchte ich nich sein das ich bei songs wie 'take comfort' gedanklich mit den augen roll.
ich find auch das die stimmen passen, mein problem is eher rauszuhören wieviele jetzt eigentlich singen ohne es nachzuschaun, weil sich manche ähneln.
und der closer steht mindestens auf einer stufe mit 'murder song' und 'written apology', der is richtig groß.
insgesamt 8/10 von mir.

jo

Postings: 5658

Registriert seit 13.06.2013

2023-09-15 20:29:06 Uhr
Ich finde aber, dass die Stimmen auf ihre jeweiligen Tracks schon passen. Das klang hier damals in der Rezension schon an - "Waiting Game" mit Gautrey würde nicht funktionieren.

Generell finde ich aber Bands mit mehreren Leadsängern auch viel interessanter (Gomez zum Beispiel), als wenn es immer nur eine Person ist. Das hätte für die Zukunft richtig gut werden können, weil es hier tolle Ansätze dafür gab.
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