T-Bone Burnett - The true false identity

Columbia / Sony BMG
VÖ: 19.05.2006
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Das Paßwort Gottes
Er stand lang genug im Schatten anderer. T-Bone Burnett hat in den vergangenen vierzehn Jahren vor allem andere Künstler (Elvis Costello, Counting Crows, Warren Zevon) produziert und Filmsoundtracks wie "O brother, where art thou?", "The big Lebowski" oder "Cold Mountain" betreut. Dabei ist bisweilen großartige Musik entstanden, die von Burnetts trockenem Traditionsverständnis genauso profitierten wie von seinem Gespür für sensible Melodien. Und von seiner verqueren Sichtweise, daß es oftmals Spielfehler und unbewußte Patzer sind, die musikalische Magie erst möglich machen.
Natürlich muß auch seine eigene Musik solchen Maximen folgen. Besonders, wenn sie sich ein Thema zu eigen macht wie bei "The true false identity". Das Problem Bush brennt den aufrechten Künstlern, die sich nicht der resignierten Generation Guantanamo anschließen wollen, eben immer noch unter den Nägeln. Und für dieses unvermutete Comeback-Album sind Burnetts Nägel einmal besonders dreckig geraten. Ein Scheppern und ein Malmen schlurft schon durch den Opener "Zombieland" und zurrt dabei gleich mal die surreale Stimmung des Albums fest. Topfdeckel, Hallgitarre und Zupfbaß torkeln verschwörerisch umeinander. Und Burnett gibt den Voodoomeister.
Es sind finstere Grooves, mit denen "The true false identity" deutlich macht, daß es tief aus der aufgewühlten Bürgerrechtlerseele kommt. Burnett hat all die Lügen seiner Regierung und ihrer willfährigen Presse satt. Doch er schleudert keine Parolen, sondern reproduziert mit zittrigem Minimalismus das mulmige Gefühl derjenigen, die das Versagerregime des Cowboys an den Rand der Existenz gebracht hat. Und man spürt förmlich ihre Anwesenheit: Sie jaulen mit Marc Ribots angefressener Gitarre in "Palestine, Texas", sie stampfen sinistre Symbole in den Sand und malen in den Farben ihrer dunklen Zukunft. "This is fear country."
Burnett zerlegt alte Blues-, Jazz- und Sumpfrockmanierismen, die er dafür aufbockt wie auf einer wackligen Hebebühne. Da purzeln Gitarrensoli herunter wie rostiges Werkzeug, da scheppern die Grooves wie gerade aus der Geisterbahn getürmt, und immer wieder flattern sonderbare Geräusche und fast vergessene Instrumente in die Songs. Und mit Songs wie "There would be hell to pay" oder "Shaken, rattled and rolled" nimmt er der Bush-Administration ihre angebliche Legitimation einfach weg: Er zeigt die Differenz zwischen Gottes Wort und Teufels Beitrag.
"The true false identity" mag bisweilen wirken wie eine bekömmlichere Version von Tom Waits' Magenverstimmungen. Und doch haben die Schürfwunden und Klapperballaden eine ganz eigene Identität. Die sich von niemandem kaufen läßt und nur dem eigenen Moralverständnis folgt. Und dabei ein un(ter)weltliches Ausrufungszeichen setzt, ohne moralinsauer zu werden oder hemdsärmeligen Lärm zu veranstalten. Burnett weiß eben Bescheid: In den Fehlern liegt die Wahrheit.
Highlights
- Zombieland
- Palestine, Texas
- Earlier Baghdad (The bounce)
- Fear country
Tracklist
- Zombieland
- Palestine, Texas
- Seven times hotter than fire
- There would be hell to pay
- Every time I feel the shift
- I'm going on a long journey never to return
- Hollywood, Mecca of the movies
- Fear country
- Baby don't say you love me
- Earlier Baghdad (The bounce)
- Blinded by the darkness
- Shaken, rattled and rolled
Gesamtspielzeit: 62:37 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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afromme |
2011-08-16 18:20:12 Uhr
...zufällig über drei Jahre nach dem letzten Beitrag hier von meinem Bruder auf genau diesen letzten Youtube-Link gebracht worden. Womit ich die Frage beantworten kann: Sehr groß ist das. |
keiler |
2008-06-02 01:08:29 Uhr
Boah, wie groß ist das denn bitte?!http://www.youtube.com/watch?v=tINyFEg6k48 |
Schäbiger Wurzelsepp |
2007-02-27 15:28:34 Uhr
Klasse Teil, Swamp Blues vom Feinsten..Nighthawk-Musik irgendwo zwischen Hugo Race und Tom Waits.. |
virginia |
2006-12-27 18:24:39 Uhr
Platz 5 in den Jahrescharts des Rolling Stone! |
Oliver Ding |
2006-12-27 12:47:39 Uhr
Wenn man bedenkt, daß Burnett einst mit Bob Dylans Rolling Thunder Revue getourt ist, kann man das mit der Änderung des Sounds wohl unterstreichen. |
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Referenzen
Jim White; Johnny Dowd; Hellwood; Daniel Lanois; Warren Zevon; The Alpha Band; Bob Dylan; Johnny Cash; John Trudell; The Black Heart Procession; The Walkabouts; Giant Sand; Howe Gelb; Murder By Death; Firewater; Marc Ribot; Tom Waits; Captain Beefheart; American Music Club; Nick Cave & The Bad Seeds; William Elliott Whitmore; Lee Hazlewood; Leonard Cohen; Madrugada; R.E.M.; Steve Earle; Kelly Joe Phelbs; Ryan Adams; Calexico; Los Lobos; Tito & Tarantula; John Hiatt; Ry Cooder; Neil Young; Bruce Springsteen; Paul Simon; Lambchop; Elvis Costello; M. Ward; Califone; Wilco; Love And Rockets; Portishead; Beck
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- T-Bone Burnett - The true false identity (12 Beiträge / Letzter am 16.08.2011 - 18:20 Uhr)