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BrainStorm - Four shores

BrainStorm- Four shores

Warner
VÖ: 27.10.2006

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

The show must go on

Die MTV Europe Music Awards. Viel gibt es dazu grundsätzlich nicht zu sagen. Wohl aber dieses hier: Es sollte endlich ein Gesetz eingeführt werden, das die verdächtige Personalunion aus Host und Preisträger verbietet. Außerdem sollte die Dauer der Show auf fünf Stunden gestreckt werden, damit man endlich mal die spannende Verleihung aller nationalen Preise mitbekommt. Der "Best Baltic Act" - dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt bei den europäischen MTV-Awards ausgezeichnet - ist nämlich interessanter, als man zunächst meinen könnte. Und man hätte vielleicht sogar ein A-Ha-Erlebnis gehabt. Nicht nur, weil Morten Harket und Kollegen neben U2, Depeche Mode und R.E.M. zu den offensichtlichen Vorbildern von BrainStorm gehören, sondern auch, weil man sich möglicherweise an ein anderes zweifelhaftes Show-Vergnügen erinnert hätte: Den "Eurovision Song Contest" des Jahres 2000. Da kam Lettlands populärste Rockband nämlich überraschend auf den dritten Platz. Mit einem überraschend tollen Song - "My star".

Obwohl BrainStorm - oder wie der Lette sagt: Prata Vetra - mit "A day before tomorrow" ein durchweg tip-toppes Album vorgelegt hatten, fiel der Erfolg hierzulande ungerechterweise eher mager aus. Vielleicht war es einfach kein so cleverer Schachzug, die Jungs damals mit Reamonn auf Tour zu schicken. Zum leicht verspäteten Trost klopfte aber immerhin Michael Stipe an und lud die Letten höchstpersönlich als Support für einige Dates der letzten R.E.M.-Europatournee ein. Auch wenn "Four shores" nicht ganz die Klasse des Vorgängers erreicht: Man würde dem sympathischen Quartett aus Jelgava den internationalen Durchbruch im achtzehnten Bandjahr nun wirklich gönnen. Nicht nur, weil ihre Songs neben übergroßen Melodien eine wahnsinnig charmante, entwaffnende Simplizität und Natürlichkeit besitzen, sondern auch, weil sie trotz eines schweren Schicksalsschlages weitergemacht haben - Bassist Gundars Mauševics kam vor zweieinhalb Jahren bei einem tragischen Autounfall ums Leben.

Wer jetzt ein bißchen darüber sinniert, welcher Produzent Erfahrung mit schicksalsgebeutelten Künstlern und erfolgreichen "The show must go on"-Alben hat, wird schnell bei Alex Silva landen. Wieso? Äh: Grönemeyer, "Mensch". Mit Suede hat er ebenfalls aufgenommen - in gewisser Weise waren die ja auch gebeutelt. Silva hat nun also diese zehn neuen BrainStorm-Songs poliert; der Sound ist dicht wie die Brustbehaarung eines Südländers und kraftstrotzend wie ein Zuchtbulle direkt nach der Fütterung. Der Baß schreitet hochmotiviert voran, Reynard Cowper kreischt vorfreudig los, als sei er sich für einen kurzen Moment unsicher, ob er nicht eventuell doch Alice Cooper heißt. Und dann leistet er sich auch noch den Luxus, direkt mit dem Refrain von "Thunder without rain" einzusteigen. Und "Lonely feeling (to be lonely)" Greta Garbo zu widmen.

Über die englischen Texte gibt es ungefähr so viel zu sagen wie zu den MTV Europe Music Awards. Wohl aber dieses hier: Wir glauben gerne, daß das Ganze auf Lettisch weitaus poetischer ist. Musikalisch geht alles jedenfalls mehr als klar, auch wenn's ein bißchen schade ist, daß auf dem vierten englischsprachigen und insgesamt siebten Album der Band die baltischen Einflüsse zugunsten eines internationalen Sounds fast komplett ausgeblendet wurden. In "French cartoon" darf aber wenigstens ein Akkordeon mitmischen - allerdings klingt das eher nach Amélie-Soundtrack, als nach Ostblock-Schwermut. Alex Silva läßt im BrainStorm-Beipackzettel übrigens Folgendes ausrichten: "Sie sind extrem unkompliziert. Sie lesen Bücher und spielen Schach. Sie sind sehr warmherzig, umarmen die Leute und nehmen sie in ihren Kreis auf." Leute, es wird Zeit, daß wir BrainStorm auch in unseren Kreis aufnehmen.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights

  • Thunder without rain
  • Lonely feeling (to be lonely)
  • French cartoon

Tracklist

  1. Thunder without rain
  2. Tin drums
  3. Lonely feeling (to be lonely)
  4. One thing
  5. Sunday morning
  6. French cartoon
  7. Digitally bright
  8. When nightlife covers the daylight
  9. Sunrise (deep in hell)
  10. Leavin' to L.A.

Gesamtspielzeit: 40:10 min.

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