James Yorkston - The year of the leopard
Domino / Rough Trade
VÖ: 20.10.2006
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Liebes Warten
Gemach, gemach, liebe Popkulturenfront. Nicht so voreilig mit den Lorbeeren. Okay, vieles spricht dafür, daß "The year of the leopard" zum perfekten Fest wird, das bei Yorkston schon lange in Erwartung steht. Ein Schritt in die Riege der zeitlosen Musiker, die fernab von Kritik und Genreeintütungen ihr Dasein in Lob und Anerkennung fristen. Die plattenfirmeninterne Lobhudelei schmeißt nur so mit Verweisen auf ehrenwerte Künstler um sich, wenn es um den schubladendenkfreien Dunstkreis des dritten Albums von James Yorkston geht: Scott Walker, Jacques Brel, Lal Waterson oder Johnny Cash. Die Frage nach gesundem Selbstbewußtsein oder leichtfertiger Selbstüberschätzung stellen wir natürlich nicht im Vorhinein. Und wissen sehr wohl, daß ein Tick größenwahnsinniger Werbung in diesem Geschäft dazu gehört.
Die Vorraussetzungen für "The year of the leopard" stehen schon mal nicht schlecht. Niemand anderes als Paul Webb übernahm den Job des Produzenten. Genau der Mensch, der 1988 Talk Talks generationsübergreifender Transformation "Spirit of Eden" beiwohnen konnte und Jahre später als Rustin Man gemeinsam mit Portishead-Frontfrau Beth Gibbons "Out of season" vollbrachte. Yorkston selbst führt seine Reihe an detailliertem Produktionsaufwand fort. Nach dem etwas zerfahrenen Debüt "Moving up country", setzte der Schotte dem LoFi-Gewand ein Ende und ließ für den ungekünstelten und warmen Nachfolger "Just beyond the river" Kieran Hebden (besser bekannt als Four Tet) an die bedeutenden Regler. Die Erwartungen an Webb schießen, dank seines Namens und der damit verbundenen Leistungen, ins Unermeßliche.
Yorkstons Spektrum hat sich mit dieser neuen Wegbegleitung nicht wesentlich dem Extrovertierten zugewandt. Er setzt immer noch auf die spartanische Dichte des geschlossenen Raumes. Die sonst zerbrochenen Folksongs erscheinen nun viel positiver, dank der aktuell weltoffenen Gemütsverfassung des Songwriters. Nicht umsonst startet "The year of the leopard" mit dem beschaulichen "Summer song", der sich mit akustischer Gitarre schwerst minimalistisch an der immergleichen Tonfolge entlanghangelt und im Laufe seiner spröden Schönheit noch ein paar uralt klingende Instrumente zum Einsatz kommen läßt. Das unaufgeregte "Steady as she goes" und die famose Zurückhaltung des Titelsongs schließen nahtlos an den feinen Opener an. Man mag die Songs lieb haben, sie streicheln und hübsch in die Ecke stellen. Vielleicht noch eine innige Liebkosung vor dem Zubettgehen. Aber eine heiße und verbindende Zusammenkunft bedarf ein Mehr an Intensität.
Genau hier macht es klick, und Yorkston tritt die Türe ein, verläßt die Eintönigkeit des leeren Kämmerleins und setzt mit "Wozzy with cider" auf weitläufige Fremdheiten in Beatgestalt mit Sprechgesang. "The Brussels rambler" sucht gar in treibenden Orgelfanfaren den Weg von den britischen Inseln. Der kurze Ausflug auf größere Bühnen nimmt mit "Don't let me down" und "Us late travellers" sein jähes Ende. Aber was hier das Licht der Welt erblickt, ist so zart, so aufwühlend, so liebreizend, so innig. Zwei der größten Songs aus Yorkstons Feder. "The year of the leopard" ist ein weiterer gelungener Streich der inspiriert schottischen Folklore. Weniger geschlossen als der Vorgänger, aber mit mehr Mut zum Ausbruch. Den lange Wartenden, die sich nach Yorkstons absolutem Glücksgriff sehnen, sei dieses Albums als schmackhafte Wegzehrung ans Herz gelegt. Um sich noch ein wenig länger auf die Lauer zu legen.
Highlights
- The year of the leopard
- Don't let me down
- Us late travellers
Tracklist
- Summer song
- Steady as she goes
- The year of the leopard
- 5 a.m.
- Wozzy with cider
- I awoke
- The Brussels rambler
- Orgiva song
- Don't let me down
- Us late travellers
Gesamtspielzeit: 42:14 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
onomato |
2006-12-18 10:04:53 Uhr
Dann lieber B. Prince Billy und seine neue. Die hier fand ich ganz schön langweilig und spröde. |
Stillwater |
2006-12-18 09:32:51 Uhr
Jep. Lohnt sich auf jeden fall! Sehr gemütlicher Sound... |
Editor |
2006-11-22 16:35:56 Uhr
hat das schon jemand? bin schwer am überlegen mir das stück zuzulegen... |
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Referenzen
The Fence Collective; King Creosote; Appendix:Out; The Lone Pigeon; Movietone; Bonnie 'Prince' Billy; Smog; Alasdair Roberts; Richard Buckner; Iron & Wine; Andrew Bird; Damien Rice; Elliott Smith; Royal City; Nick Drake; Fairport Convention; Richard Thompson; Bert Jansch; Timesbold; Lambchop; José González; Jonathan Rice; Pernice Brothers; Jason Anderson; Leonard Cohen; Bill Fay; Kings Of Convenience; Badly Drawn Boy; Lucky Jim
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