Teitur - Stay under the stars
Arlo & Betty / Edel
VÖ: 15.09.2006
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Nordic Folking
"Einsamkeit ist eine Art Sozialdiät mit ebenso großem Euphoriepotential wie ein geschrumpfter Hintern nach der South-Beach-Diät oder eine gertenschlanke Taille nach Atkins." Das verkündet Journalist, Popliterat, Teilzeitphilosoph und Vollzeitjunggeselle Ulf Poschardt in seinem neuesten Werk "Einsamkeit. Die Entdeckung eines Lebensgefühls." Unser Vorschlag: Kaufen Sie jetzt diesen Artikel zusammen mit "Stay under the stars" von Teitur. Der sagt nämlich über sein viertes Album: "Alle Songs handeln auf die eine oder andere Art von Menschen, die in ihrer Situation aufgehen. Die Kraft aus ihrem Alleinsein beziehen."
Unerwartet optimistische Töne sind das, nachdem "Poetry & airplanes" stets die melancholische Landebahn ansteuerte. Vielleicht liegt es daran, daß Teitur Lassen mittlerweile fast dreißig und stolzer Pilot seines eigenen Plattenlabels Arlo & Betty Recordings ist. Vielleicht bekommt aber auch jeder, der genug Stempel im Herzaufgabenheftchen hat, ein Erkenntnisgeschenk vom Universum. "Wir alle stehen in der Verantwortung, aus unserem Leben etwas zu machen. Die Sternschnuppe erinnert die Menschen seit Tausenden von Jahren daran." Äh, wird der Teitur jetzt esoterisch? Natürlich nicht . Also dann: In den Einkaufswagen legen. Und am besten gleich einen persönlichen Coaching-Termin mit dem bekanntesten Musiker der Färöer Inseln vereinbaren. (Auch ein Erdkunde-Coach vonnöten? Bitte sehr: nordatlantische Inselgruppe zwischen Schottland und Island, 46.000 Einwohner, Amtssprache: Dänisch).
Knappe fünfzig Minuten mit Musik-Therapeut Teitur kosten nicht weniger als: den Verstand. Das darf man beruhigt so völlig hartmutengleresk ausdrücken, das Königreich der Einsamkeit ist nämlich ein verdammtes Abenteuerland. Pardon: Ein verdammt schönes Abenteuerland. File under: Nordic Folking. Direkt neben Nicolai Dunger; Akustikgitarre, Klavier und Streichorchester, Glockenspiel, Vibraphon und allerlei Exoteninstrumentar. Teiturs Stimme gleicht einer Picknickdecke aus Nickistoff, auf die alle Lieblingsmenschen passen. Und das Schönste sind diese ehrwürdigen, aerodynamischen Melodien, die Hirnwindungen in scheinbar endlose Riesenrutschen verwandeln.
Wir lernen einen Einbrecher mit Prinzip kennen ("I'm not gonna sell what I have stolen / It's something that belongs to me"), eine wunderbar paralysierte und streichquartettverzierte Version von "Great balls of fire" und ein Mädchen, das zwar keine Adresse hat, aber trotzdem ständig Briefe schreibt. Und außerdem: "Boy, she can sing!" - am liebsten zu fabelhaft altmodischem Pianopop. "Don't want you to wake up" ist in seiner wiegenden Hingabe schon so entzückend, daß man sofort vergißt, wer Ulf Poschardt ist. Dafür ruft Teitur den großen Louis Armstrong in Erinnerung, und da kann man mal hören, wieviel Inspiration glühende Verehrung entfacht: "Louis, Louis" ist wahrscheinlich der beste Song, den Teitur je geschrieben hat - der Refrain findet dermaßen idyllische Wege, gegen die selbst eine Pilcher-Panorama-Landschaft wie die Lüneburger Heide on a bad air day wirkt. Und zum Schluß noch ein Erkenntnisgeschenk vom Coach: "Who is to say who wins or who loses / I sing to myself at the end of the day / When I know what the blues is / All my mistakes have become masterpieces." Jetzt müssen wir hier nur noch den Fehler finden. Diesen Artikel empfiehlt Ihnen:
Highlights
- Don't want you to wake up
- Louis, Louis
- Boy, she can sing!
Tracklist
- Don't want you to wake up
- Louis, Louis
- You get me
- I run the carousel
- Thief about to break in
- Great balls of fire
- Night time works
- Umbrellas in the rain
- Boy, she can sing!
- Hitchhiker
- Waiting for mars
- All my mistakes
Gesamtspielzeit: 48:23 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Hanno |
2007-12-28 16:32:59 Uhr
Vor einigen Tagen entdeckt: Sehr, sehr feine Platte. Freue mich schon auf die Konzerte nächstes Jahr ... |
Soup Dragon |
2007-01-23 16:41:46 Uhr
Stimmt schon, aber live war er wie gesagt wirklich sehr gut! |
sd |
2007-01-23 16:24:06 Uhr
ja, nett halt. Aber nett ist der kleine Bruder von scheiße. |
Soup Dragon |
2007-01-23 16:15:16 Uhr
War auf dem Konzert in Hannover, war wirklich sehr schön, das Album ist auch ganz nett. |
Pirlo |
2007-01-23 16:02:08 Uhr
den mag hier niemand wie scheint. |
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Referenzen
Nicolai Dunger; Christian Kjellvander; Sondre Lerche; Tiger Lou; Kristofer Åström & Hidden Truck; Tim Hardin; Sparklehorse; St. Thomas; The Book Of Daniel; Lambchop; Damien Rice; Leonard Cohen; Elvis Costello; Ed Harcourt; Tias Carlson; Ray LaMontagne; Nick Drake; Lucky Jim; Howie Beck; Elliott Smith; Boy Omega; M. Hederos & M. Hellberg; Ane Brun; Ron Sexsmith; Jesse Harris; Wilco; Edson; Pelle Carlberg; The Broken Beats; Rufus Wainwright; Vega; Mercury Rev
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