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The Russian Futurists - Me, myself and Rye

The Russian Futurists- Me, myself and Rye

Memphis / Cooperative / Rough Trade
VÖ: 04.08.2006

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Rubelbildung

Zu den berühmtesten Persönlichkeiten der russischen Musikgeschichte gehört neben Ivan Drago und Angela Ermakova natürlich auch Matthew Adam Hart aus Kanada. Also, zumindest in Amerika. Dort gibt es nämlich schon Menschen, die ihn mögen, und, was viel wichtiger ist, Platten, die man ihm abkaufen kann. The Russian Futurists nennt sich der Mann, sobald es ans Geldverdienen geht, und weil die VISA-Card in Europa ja traditionell etwas lockerer sitzt als im konsumkritischen Land der Meinungsfreien, hat er wildentschlossen eine Best-Of zusammengepuzzelt, um die hiesigen Marktplätze und Tante-Emma-Läden im Sturm zu nehmen. Man bedenke nur die Möglichkeiten: In den USA werden CDs für 15 Dollar verkauft, in Russland nimmt man 130 Rubel. Der Typ wäre ja blöd, wenn er nicht längst auf dem Weg hierher wäre.

Entschuldigung, aber wir haben doch jetzt dieses 14-Tage-Handelsblatt-Gratisabo abgeschlossen. Hart hat natürlich mit Geld nichts zu tun, er war vermutlich nie reich und wird es noch viel vermutlicher auch nie werden. Aber abgesehen davon: Ein Traumleben, das der da führt. Die guten Ideen kommen ihm nur so zu den Ohren raus, seine Songs sind topfit, spindeldürr und doch kräftig genug, um sich nicht am eigenen Overkill zu verheben. Taschenklavier, Hundeknurren, iBook-Beats, California-Chöre, Rocky-Bläser - Hart klemmt sich den ganzen Kram unter die Arme und schaut dann seiner Stimme dabei zu, wie sie blubbernd in diesem Erdbeerquark of Sound versinkt. Wer das ein paar Tage im Kühlschrank stehen läßt, kriegt dann, logisch, nur Hits zum Frühstück.

Selbst derart gestärkt bleibt Harts LoFi-Puder jedoch eine glitschige Sache. "Paul Simon" und seine gesampleten Raketen-Trompeten verlaufen sich in der Fusselmatte ihres Namensgebers. Die Jens-Lekman-auf-Drogen-und-Hawaii-Nummer "A telegram from the future" schaut sich von oben an, was passiert, wenn man E-Gitarren via USB an einen Laptop anschließt. "2 dots on a map" läßt die rausgeflogenen Sicherungen von einem imaginären Orchester einsammeln. "Your big brown eyes and my big broke heart" führt sich auf wie Tanzmusik für Telegym-Gucker. Das glockenhelle "C'mon" wird ziemlich plötzlich von einem Drumbeat überfahren, der wohl seinen ersten Einsatz verpaßt hatte und hier überhaupt ganz falsch ist. Aber spätestens wenn der betrunkene Pianomann aus "Let's get ready to crumble" zum nächsten Durchgang winkt, hat sich auch dieser Song wieder sortiert. Oder zumindest den Zustand erreicht, den er dafür hält.

Man sollte sich aber nicht davon fertigmachen lassen, daß "Me, myslef and Rye" durch die Genres hüpft, als seien sie Super-Mario-Levels - remember: Wir hören hier eine Compilation. Viel eher gilt es zu bewundern, wie gut das alles letztlich doch noch zusammenpaßt, wenn man ihm nur ein bißchen Zeit gibt, sich zu finden. Zermanschter Beat, Honeymoon-Harmonien und Blues-Klavier aka "Our pen's out of ink" können sich eben nicht auf Anhieb um die Hälse fallen. Bis dahin stellt man sich Hart am besten als abgebrochenen Alleinunterhalter vor, der mit Wunderkeyboard, schmaler Krawatte und Flachmann in der Tasche den neckischen Hochzeitscrasher gibt. Die Unschuld diverser Brautjungfern dürfte hiermit offiziell in Gefahr sein.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Paul Simon
  • Our pen's out of ink
  • A telegram from the future
  • Your big brown eyes and my big broke heart

Tracklist

  1. Let's get ready to crumble
  2. Paul Simon
  3. Our pen's out of ink
  4. Precious metals
  5. It's not really cold when it snows
  6. The science of the seasons
  7. Hurtin' 4 certain
  8. A telegram from the future
  9. 2 dots on a map
  10. Your big brown eyes and my big broke heart
  11. C'mon
  12. Still life
  13. A mind's dying verse (You and the wine)

Gesamtspielzeit: 44:40 min.

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