Josh Rouse - Subtítulo

Bedroom Classics / Nettwerk / Soulfood
VÖ: 24.03.2006
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Kleinstadtdenken
Es war nicht Torremolinos. Auch nicht Malaga. Keine dieser spanischen Südküstenstädte, an denen ein Betonbauwerk das andere knutscht und am Ende vom Ort nichts mehr bleibt als eine chaotische Melange aus Straßenbars und Internetcafés. Der Platz, an den Josh Rouse sich zurückzog, während er in Spanien an seinem feinen Album "Subtitulo" arbeitete, war ein kleines beschauliches Plätzchen. Dort, wo knorrige Einheimische ihm beim Bäcker ihm ein freundliches "Buenos Dias, Señor Rouse" entgegen riefen. Wo die Sonne den ganzen Tag durchs Fenster blinzelte. Wo Josh Rouse schlußendlich neue Töne anschlagen konnte, die sein Country-Meisterwerk "Nashville" vergessen machten; für den Moment zumindest. "Quiet town" heißt die erste Single, und sie ist eine Hommage an den Ort, an dem er sich während der Albumaufnahmen so heimisch fühlte: "I've lived in cities where there is no solitude / I've made some friends there / That I hope I'll never lose / But for now, I want to stay in this quiet town." Für alle Josh-Rouse-Verehrer, die noch ein paar Euronen in der Reisekasse haben: die Stadt heißt Altea.
Eigentlich wollte er ja nach New York gehen, in architektonischer Hinsicht gewissermaßen das Torremolinos Amerikas. Dort wollte er einen neuen Sound finden. Während er so diese Pläne schmiedete, bandelte er mit einer Spanierin an, die ihn in ihre Heimat lockte. Rouse sagte zu, reiste nach "Quiet town" und tat verdammt gut daran. Denn die technischen wie infrastrukturellen Gegebenheiten, die er dort vorfand, prägten allesamt den Sound von "Subtítulo". Der ÖPNV Spaniens ist im Grunde seines Herzens zwar verläßlich, Altea aber offenbar nicht perfekt in dieses dichte Netz eingespannt. Um in den Paco Loco Studios in Puerto de Santa Maria (warum klingen spanische Orte eigentlich immer so dramatisch?) aufzunehmen, mußte Josh Rouse deshalb stets eine längere Reise auf sich nehmen. Auf den Komfort vertrauter Freunde mußte er dort verzichten. Und so sind die beiden Konstanten von "Subtítulo" sechs Nylonsaiten auf der einen, Rouses Stimme auf der anderen Seite. Dazu allerdings gesellen sich allerlei Musikwerkzeuge, die dieses spartanische Instrumentarium auflockern: Percussions, Piano, ab und an auch elektrische Gitarren.
Diese subtilen Hits von "Subtítulo" erschließen sich dem Hörer erst nach einigen Durchgängen. Sie sind weniger pathetisch arrangiert als auf früheren Alben von Josh Rouse. Sie sind keine Earcatcher im ersten Durchlauf. "Jersey Clowns" zum Beispiel ist ein Song, zu dem die Sonne wahrscheinlich automatisch untergeht. Aber ganz langsam. Das zurückgelehnte "His majesty rides" klingt schon ein wenig aufgemotzter, ist im Grunde jedoch auch sympathisch unaufgeregt. Einen Song wie das flotte "Givin' it up" muß man vielleicht einen ganzen Sommer lang hören, um am Ende zu wissen, daß er gut ist. Beim mit Kopfstimme intonierten "Wonderful" merkt man direkt im Titel, woran man ist. Der Rest kommt später. Kann es bessere Musik geben, um sich im Liegestuhl am Strand, auf dem schon seit acht Uhr in der Frühe (noch vor dem Duschen) das Handtuch liegt, die Sonne zu genießen? Und den leichten Cocktailkater des letztens Abends zu vergessen? Und dann "The man who…" zu hören, wo Josh Rouse sich im possierlichen Duett mit der Sängerin Paz Suay versucht.
Wer an Spanien denkt, der denkt an "Summertime". Auch Rouse singt davon: "Here comes the summertime / The feeling's in the air". Der Amerikaner singt aber nicht die 0815-DJ-Bobo-Variante dieses Verses. Er schmiegt ihn in ein sanftes musikalisches Kleid und ergänzt ihn um einige Lyrics, die erklären, daß es Rouse eben offenbar wirklich um Sonne und nicht ums Klarmachen einiger Kirschen in den Großraumdiscos an der spanischen Südküste geht. Auch wenn der mit dem Schlagzeug imitierte Baß von "It looks like love" irgendwie an Discosound erinnert. Wir registrieren es mit einem Schmunzeln. Ebenso wie die Tatsache, daß der instrumentale Track dieses Albums zwar "La costa blanca" heißt, dennoch wahrscheinlich den meisten der dort Wohnenden auf ewig verborgen bleiben wird. Beim besten Willen können wir uns nicht vorstellen, wie ganze Touristenbusse auf ihrem Weg zum Hotel diese Melodie von Rouses "La costa blanca" mitsummen. Mit Ausnahme der Dorfbewohner der "Quiet town". Aber dort scheint ja alles möglich.
Highlights
- Quiet town
- It looks like love
- His majesty rides
Tracklist
- Quiet town
- Summertime
- It looks like love
- La costa blanca
- Jersey clowns
- His majesty rides
- Givin' it up
- Wonderful
- The man who
- El otro lado
Gesamtspielzeit: 33:15 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
klostein |
2006-03-27 19:53:48 Uhr
Keine Bombe wie "Nashville" oder "1972", aber ein richtig cooles Sommeralbum. Ihr könnt definitiv nix falschmachen. |
true |
2006-03-27 19:49:44 Uhr
ja wie isse denn nun, die neue? |
Pascal |
2006-03-27 19:30:20 Uhr
Die "Dressed up..." ist aber auch nicht ohne, wie ich finde. Schwer zu entscheiden. |
klostein |
2006-03-26 15:06:03 Uhr
Hol dir "1972"! Ein Bombenalbum sondersgleichen. Dann willst du dir eh gleich die "Subtitulo" nachbestellen. |
Zambrotta |
2006-03-25 23:13:23 Uhr
hat die schon jemand?bin am überlegen ob ich mir diese oder 1972 holen soll. |
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Referenzen
Iron & Wine; Bart Davenport; Mojave 3; Neil Halstead; Lambchop; Belle & Sebastian; Turin Brakes; The Shins; Wilco; Edson; Pelle Carlberg; Damien Rice; Nick Drake; Donovan; Christian Kjellvander; Sondre Lerche; Kings Of Convenience; Elliott Smith; Lou Barlow; Kristofer Åström & Hidden Truck; Minor Majority; Devendra Banhart; Donavon Frankenreiter; Jack Johnson
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