Beth Orton - Comfort of strangers
Capitol / EMI
VÖ: 17.02.2006
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Fremdenführerin
Daß Beth Orton eine Vorliebe für die Faszination des Fremden besitzt, ist nichts Neues: Man hört von ausgedehnten Afrika-Reisen, und auch musikalisch wagte sich die Engländerin schon immer gerne auf andere Kontinente. Man denke nur mal an die Kollaborationen mit William Orbit oder den Chemical Brothers, die Ortons musikalischem Schaffen einst den Stempel "Tripfolk" aufdrückten. Andererseits duettierte sie auf ihrem 2002er Werk "Daybreaker" aber auch mit Ryan Adams und Emmylou Harris. Die Gästeliste auf Beth-Orton-Alben garantiert also stets Überraschendes. Dieses Mal heißt die Überraschung Jim O'Rourke, ist Spitzengitarrero, Zwischenzeitmitglied bei Sonic Youth und nicht nur Studiomusiker auf allen vierzehn Titeln, sondern gleichzeitig auch Produzent ihrer vierten Platte.
Für die Arbeit an "Comfort of strangers" begab sich Reise-Expertin Orton natürlich auch auf einen anderen Kontinent. In einem New Yorker Studio wurde nach folgendem simplen Prinzip aufgenommen: Für jeden Song ein Studiotag und nicht mehr als zwei Takes. O'Rourke übernahm dann auch noch die Rolle des Bassisten, haute gelegentlich in die Tasten und bildete mit Orton und Drummer Tim Barnes ein überaus harmonisches Trio. Kürzlich war in einem Interview zu lesen, Beth Orton habe "A folk-gospel-soul record with a country tear dripping down its cheek" machen und sich auf ihre musikalischen Wurzeln besinnen wollen. Keine elektronischen Spielereien mehr. Da kann man nur euphorisch nicken: Mission erfüllt. Orton widmete sich dieses Mal nicht nur ihrer Gitarre, sondern auch dem Klavier - der Opener "Worms" ist der erste Song, den sie jemals am Piano komponierte. Ein Jahr lang soll es gedauert haben, bis er fertig war - dabei klingt er wie eben gerade aus dem Ärmel geschüttelt. Das ist die Kunst.
Die Kunst ist auch, Ortons unvergleichlicher Stimme den nötigen Freiraum zu geben - damit sie Geschichten erzählen und philosophieren kann. Auch das gelingt vorbildlich. Das Trio züchtet eine Folkperle nach der anderen, ob nun das countriesk beschwingte "Countenance" oder die samtig gehauchte Ballade "A place aside". Die erste Single "Conceived" erfreut mit Soul- und Gospelanleihen und erinnert noch am ehesten an vergangene Alben. Klares Highlight ist jedoch "Shopping trolley" - eine in Zusammenarbeit mit M. Ward entstandene "Kopf hoch!"-Hymne - "I think I'm gonna cry / But I'm gonna laugh about it all in time." Und das wird höchstens so viel Zeit brauchen, wie es dauert, bis aus Fremden Freunde werden. Mit einer solchen Beschallung nur wenige Augenblicke.
Highlights
- Countenance
- Conceived
- Shopping trolley
Tracklist
- Worms
- Countenance
- Heartland truckstop
- Rectify
- Comfort of strangers
- Shadow of a doubt
- Conceived
- Absinthe
- A place aside
- Safe in your arms
- Shopping trolley
- Feral children
- Heart of soul
- Pieces of sky
Gesamtspielzeit: 44:43 min.
Referenzen
Spill; Rose Smith; Natalie Merchant; Sarah McLachlan; Cat Power; Fiona Apple; Joni Mitchell; Rickie Lee Jones; Aimee Mann; Martha Wainwright; Paula Cole; Tori Amos; Ed Harcourt; Kathryn Williams; A Girl Called Eddy; Sophie Zelmani; Heather Nova; Gemma Hayes; Hope Sandoval & The Warm Inventions; Mazzy Star; Joy Zipper; Everything But The Girl; Sinéad O'Connor; Carole King; Carly Simon; Suzanne Vega; Tracy Chapman; Damien Rice; Feist; Laura Veirs; Nick Drake; Ryan Adams; Wilco; Kristofer Åström; M. Ward; Jim O'Rourke; Bob Dylan
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