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31Knots - Talk like blood

31Knots- Talk like blood

Polyvinyl / Own / Al!ve
VÖ: 11.10.2005

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Plasmainfusion

Manchmal gibt es Momente, in denen man glaubt, bei etwas Großem dabei zu sein. Konzerte. Demonstrationen. Fußballspiele. Manchmal passiert es einem auch mit Alben. "Talk to blood" ist ein solch faszinierendes Stück Musik. Man wird hineingezogen in ein Meer aus süßer Melancholie und verzwicktem Krach. Ein verführerisches Knistern liegt schon beim eröffnenden "City of dust" in der Luft. Einladend und doch seltsam verschroben. Eingängig und doch verschlossen. Glasklar und doch undurchsichtig.

31Knots geben trotz offenbarter Zutraulichkeit Rätsel auf. Je länger des Album dauert, desto mehr Fragen materialisieren sich: Welche Wendung nimmt die Melodie als nächstes? Was versteckt sich hinter den subtil ausgefransten Songrändern? Woher nehmen die drei Amerikaner all die mehrgeschossigen Breaks und Riffs? Was bewirken die unzähligen Fußnoten, Querverweise und Symbole, die in allen Winkeln und Ecken lauern? Doch die meisten Antworten geben sich von selbst, denn im Gegensatz zu anderen Schwurbelrockern werden auf "Talk like blood" die Synapsen nicht vorsätzlich verstört. Sie werden verführt und sanft verknotet. Und funktionieren am Ende besser als je zuvor. Songs als Aufmerksamkeitstraining.

Die Produzenten Jay Pellici (Erase Errata, Deerhoof) und Scott Solter (Spoon, Okkervil River) müssen alle Hände voll zu tun gehabt haben, um die Eskapden des Dreiers aus Portland pixelgenau abzubilden. Denn schon wie auf dem famosen Vorgänger "It was high time to escape" und der schillernden EP "The curse of the longest day" wird gespielt und getrickst, was das Zeug hält. Joe Haege bearbeitet die Saiten mit Hingabe und mathematischem Verstand. Riff gleich Cosinus von Saitenanschlagwinkel mal Quadrat der Tonabnehmerankathete durch Quadratwurzel aus getretenem Effektpedal. Und doch wirkt alles derart spontan, als wäre es gerade erst dem Unterbewußtsein entwichen.

Linke und rechte Hirnhälfte spielen sich die Bälle zu wie Zidane und Beckham. Hier wird mit dem Hirn gefühlt und mit dem Herzen gedacht. Und umgekehrt. "They will make all the choices for me", haucht Haege über den Zittergroove von "Hearsay", nur um gleich wieder derlei Understatement Lügen zu strafen. Auf der einen Seite pustet der Baß Blasen in die Lautsprechermembran, auf der anderen tackern die Drums wie ein gut geölter Fernschreiber. Immer wieder kulminiert das Geschehen in majestätischen Crescendos. Da stürzen defekte Drumloops auf verhallten Stadionrock und inszenieren entkörperte Geigen und stolperndes Piano einen Soundtrack für die Geisterbahn. Nervöse Klavierspielkatzen laufen im Titelstück mit gitarrigen Postpunkrhythmen um die Wette, während "Busy is bold" zu stotternden "Kid A"-Effekten ein Progrockoperfinale vortäuscht.

Brillanteste Hymne unter diesen Popsongs für IQ-Gewinnler ist das verflixt ausufernde "Chain reaction". Flinke Finger tanzen Ballet auf Haeges Griffbrett und zirkeln sich auf den Abgrund zu. Unbeeindruckt zischt und pumpt es, als irgendetwas Großes aus der Tiefe grollt und faucht. Als der Gesang die Geduld verliert, läuft der Song wie ein eingesperrter Panther im Käfig hin und her. Bis plötzlich alle Gitter fallen und der Himmel die letzte Grenze ist. "My cause is different from yours / And results speak louder than words." Theorie und Praxis. Konzept und Aktion. 31Knots.

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Hearsay
  • Intuition imperfected
  • Chain reaction
  • Proxy and dominion
  • Impromptu disproving

Tracklist

  1. City of dust
  2. Hearsay
  3. Thousand wars
  4. Intuition imperfected
  5. Chain reaction
  6. A void employs a kiss
  7. Proxy and dominion
  8. Talk like blood
  9. Busy is bold
  10. Impromptu disproving

Gesamtspielzeit: 38:04 min.

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