The Strokes - First impressions of Earth
RCA / Sony BMG
VÖ: 30.12.2005
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Erde an Julian
Es hat noch ein letzter Beweis dafür gefehlt, daß sich Musik und Politik so unähnlich ja gar nicht sind? Dann bitteschön: Das ganze Jahr über passiert mit beiden wahnsinnig viel Aufregendes, Empörendes, Lächerliches und Falsches - und am Ende haben die Amerikaner das letzte Wort. Aber immerhin, im Fall der Musik scheint das diesmal nur gerecht zu sein. Es waren ja schließlich auch die Strokes, die vor vier Jahren mit "Is this it" in Gang brachten, was heute vornehmlich die Briten weiterführen: zauselige Rocksongs, ordentlich Knetsch auf alle Tonspuren, und gerne mal einen Schlips in die verschlissenen Jeans gesteckt. Deshalb aber am vorletzten Tag von '05 noch eine Kampfansage raushauen? Wäre den Strokes dann auch zu blöd gewesen. Die wollen ja nicht mal mehr dazugehören.
War das vor zwei Jahren gemeinhin unterschätzte "Room on fire" noch um Reviermarkierungen bemüht, ist "First impressions of Earth" nun ein Abgrenzungsalbum geworden. Für eine Strokes-Platte ist es auffällig lang, dazu ausgesprochen ambitioniert und mehr als nur einmal spielt es auch mit Dingen rum, die man so nun wirklich nicht erwartet hätte. Krachlederne Hardrock-Andeutungen? Richtiger, unverstellter Gesang von Julian Casablancas? Eine Ballade, nur mit Nick Valensi als Feuerwehrmann am Mellotron? Fest steht: Man wollte diesmal anders klingen. Wie genau aber, das haben die Strokes selbst nicht so recht rausfinden können. Auf "First impressions of Earth" paßt deshalb vorne und hinten nichts zusammen. Und genau das macht den Reiz dieser Platte aus.
"Juicebox", die Single mit dem Batman-Riff, die nur bei den ersten drei Versuchen scheiße ist, darf da durchaus als Statement verstanden werden. Es hätte geeignetere Teaser für dieses Album gegeben, klassische Strokes-Stücke wie das geradezu süße "Razorblade" zum Beispiel, das den Refrain mit unbeteiligter Unschuldsmiene bei Barry Manilows Edelschnulze "Mandy" mopst. Und "You only live once" erst recht, das so befreiend und unbekümmert ins Album hineinstolpert, als hätte es die letzten vier Jahre nicht gegeben. Es sollte aber trotzdem "Juicebox" sein. Der Song, in dem Casablancas nölt und nudelt, als wäre er gerade von irgendwas runtergefallen. Das Stück, das genauso ramponiert und zerrädert kling, wie das Album, das ihm folgen wird.
Man könnte jetzt natürlich fragen: Fällt der Baum wirklich um, nur weil jemand das Geräusch mit einem Kassettenrekorder aufnimmt? Ist das hier noch dreckig und kaputt, wenn die Strokes sechs Monate damit verbracht haben, alles so zusammenzuschrauben, daß es am Ende möglichst dreckig und kaputt klingt? Und hätte die ganze Mühe überhaupt sein müssen, wenn die besten Lieder ja doch wieder die sind, die nach den alten Strokes klingen? Zumindest das breitbeinige Geratter von "Heart in a cage" und der Schnellstraßen-Walzer "15 minutes", den man ziemlich listig aus zwei verschiedenen Songs zusammengeklebt hat, würden das gern vom Tisch gewischt wissen. Es bleibt aber doch der Eindruck, die Platte habe sich ein wenig in ihren eigenen Ansprüchen verzettelt.
Daß man "First impressions of Earth" trotzdem nicht so recht als große Enttäuschung verschreien möchte, daß es nüchtern betrachtet sogar ein ziemlich gutes Album ist - das verdanken die Strokes vor allem Valensi und Albert Hammond Jr., die sich nach wie vor so liebevoll und anmutig umgarnen, umspielen und ineinander verwickeln, wie kaum ein zweites Gitarristen-Duo. Und natürlich: Es ist auch Käpt'n Casablancas, der seinen Kram am Ende noch irgendwie auf die Reihe bringt. Viel zu ausgekocht ist der Kerl längst, um nicht auch im Fallen noch ein paar fabelhafte Songs hinzukriegen und ganz selbstverständlich bei etwas Vernünftigem rauszukommen. Selbst wenn er vorher vielleicht gar nicht wußte, wo er überhaupt hin wollte.
Highlights
- You only live once
- Razorblade
- 15 minutes
Tracklist
- You only live once
- Juicebox
- Heart in a cage
- Razorblade
- On the other side
- Vision of division
- Ask me anything
- Electricityscape
- Killing lies
- Fear of sleep
- 15 minutes
- Ize of the world
- Evening sun
- Red light
Gesamtspielzeit: 52:21 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10069 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-05-25 22:40:46 Uhr
In jeder Stimmung besser als das überbewertete "Room On Fire". Bei mir auch Nummer 2 hinter Debüt, vor "Abnormal". |
Z4 Postings: 8861 Registriert seit 28.10.2021 |
2022-05-25 22:07:27 Uhr
Ist ihr Be here now, in manchen Stimmungen genauso gut wie Debut und Zweitwerk. |
terranova Postings: 463 Registriert seit 24.12.2014 |
2022-05-25 21:45:00 Uhr
01. You Only Live Once 10/1002. Juicebox 8/10 03. Heart In A Cage 10/10 04. Razorblade 8/10 05. On The Other Side 8/10 06. Vision Of Division 9/10 07. Ask Me Anything /10 08. Electricityscape 9/10 09. Killing Lies 7/10 10. Fear Of Sleep 8/10 11. 15 Minutes 7/10 12. Ize Of The World 8/10 13. Evening Sun 7/10 14. Red Light 9/10 steht dem debut eigentlich um nichts nach. |
fuzzmyass Postings: 16764 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-01-08 05:03:58 Uhr
Ask Me Anything ist ein klasse Song und passt super ins Albumkontext... lauter Banausen hier ;) |
fakeboy Postings: 5263 Registriert seit 21.08.2019 |
2022-01-07 23:20:42 Uhr
Ask me anything ist fürchterlich. Dieser pseudo-Cello-Soung, schlimm. Langweiliger Song, klingt schrecklich. Abgesehen davon mag ich das Album sehr, vor allem Gitarren und Gesang. Der Schlagzeug-Sound ist etwas schwierig. |
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Referenzen
Kings Of Leon; The Cribs; The Stereotypes; The Velvet Underground; Lou Reed; Television; The Stooges; Iggy Pop; New York Dolls; The Ramones; Talking Heads; Elefant; Black Lipstick; Kilians; Arctic Monkeys; The Libertines; Razorlight; The Rakes; Hot Hot Heat; Shout Out Louds; Phantom Planet; Roxy Music; The Venus In Furs; Guided By Voices; Pavement; Sonic Youth
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