The Prodigy - Their law - The singles 1990-2005
XL / Beggars / Indigo
VÖ: 14.10.2005
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Molotows Liebling
Erinnert sich noch jemand daran, daß Liam Howlett mal der Retter der elektronischen Musik war? Jemand, der den Pillenwerfern zeigte, daß Bäumchen-wechsel-Dich-Rhythmen für viel lustigere Verrenkungen bei den Raves sorgen als das immer gleiche Umzumz? Und nebenbei auch Rockern das Tanzen beibrachte? Das Wunderkind. The Prodigy. Seit fünfzehn Jahren schon wuselt es in der Steckdose. Zeit für eine Rekapitulation.
Was war das eine Freude, als hochgepitchte und rückgratsprengende Ballereien wie "Charly", "Jericho", "Your love" oder "Everybody in the place" Anfang der Neunziger eine erfreulich flexible Antwort auf Rotterdam-Geballer und Mayday-Stumpfsinn gaben! Mit dem kiffenden Astronauten-Flummi "Out of space" von "Experience" wird sogar heute noch gerne gefeiert. Der Mitwippkiller "No good (Start the dance)" machte dann 1994 auf das noch muntere Zucken aufmerksam, das sich unter der Oberfläche von "Music for the jilted generation" tummelte. Schon wieder waren The Prodigy ganz weit vorn. Denn als sich die Generation Love Parade noch debil lächelnd die Augenbrauen grün färbte und "Hyper, hyper" rief, hüpften die kaputten Paradiesvögel Keith Flint, Maxim Reality und Leeroy Thornhill schon durch derbe Kracher wie "Poison" oder "Voodoo people". Die Lunte brannte.
Ameisensäure, verprügelt seine Haare und gibt das krächzende Teufelchen. Evil. Punkrock für Zappelphilipps, Starkstrom für Headbanger. Ein fassungsloses Publikum kann sich kaum zwischen Exorzismus und Tanzreflex entscheiden. Und läßt sich dann doch vom Stroboskop blenden und versinkt im morbiden Beat von "Breathe". 1997. The Prodigy explodieren weltweit. "The fat of the land" ist in all seiner Verweigerung und Unverschämtheit das Konsensalbum des Jahres. Und das skandalöse "Smack my bitch up" krönt nicht nur mit dem unglaublichen Video von Jonas Åkerlund ein Jahr, in dem man außer dem Big Beat The Prodigy kaum etwas wahrnimmt.
Zwischen dem bedrohlichen Zittern der Baßmembran und der schieren Lautstärke, die keinen Widerspruch duldete, jedoch fiel kaum jemandem auf, daß Howlett nicht mehr einfach wild und unberechenbar den Baukasten durcheinanderschüttelte, sondern ein anderes Erfolgsrezept gefunden hatte: dicke Hose, dicke Beats, dicke Schecks. So verspielt "The Prodigy experience" und "Music for the jilted generation" waren, so völlig ging "The fat of the land" auf Stromlinie. Das konnte nicht lange gut gehen.
Erst sieben Jahre später - zwischenzeitlich war das mißratene "Baby's got a temper" untergegangen - traute sich Howlett mit "Always outnumbered, never outgunned" wieder zurück. Mit abgegriffenem Geboller und längst vom Zeitgeist wieder verworfenen Beats zelebrierte das ehemalige Wunderkind allerdings eher den Stillstand. Laut und dumpf. Muskulös, aber unbeweglich. Die jahrelange Kreativpause ließ The Prodigy zum Treppenwitz werden, über dessen Pointen wie "Girls", "Spitfire" und "Hot ride" niemand mehr so recht lachen konnte.
Natürlich dreht "Their law - The singles 1990-2005" die Uhren nicht zurück. Aber in dieser Kompaktheit stellt das Doppelalbum mit fast allen Hits - fragwürdigerweise vergessen wurden sowohl die legendäre Debütmaxi "What evil lurks" als auch das tolle "Wind it up" - und allerhand Obskurem, Gemixtem und Liveaufgenommenem - u.a. neue Remixes von "Out of space" und "Voodoo people", "No man army" mit Tom Morello vom "Spawn"-Soundtrack sowie fünf Songs vom Pinkpop 2005 - auf dem zweiten Silberling, einiges wieder richtig. Niemand sonst aus der Dance-Ecke kann auf eine solche beeindruckend lange und vor allem abwechslungsreiche Hitfolge verweisen. The Prodigy waren stets dermaßen over the top und außen vor, daß trotz einigen Staubs auf den Breakbeats ihr Frühwerk noch immer überraschend unverbraucht klingt. Und natürlich kocht auch Liam Howlett nur mit Wasser. Aber eine Zeitlang servierte er es heißer als alle anderen.
Highlights
- Breathe
- Out of space
- Smack my bitch up
- Poison ('95 EQ)
- No good (Start the dance)
Tracklist
- CD 1
- Firestarter
- Their law ('05 edit)
- Breathe
- Out of space
- Smack my bitch up
- Poison ('95 EQ)
- Girls
- Voodoo people
- Charley (Alley Cat remix)
- No good (Start the dance)
- Spitfire ('05 version)
- Jericho
- Everybody in the place
- One love
- Hot ride
- CD 2
- Razor
- Back 2 skool
- Voodoo people (Pendulum remix)
- Under my wheels (Remix)
- No man army (Edit)
- Molotov bitch
- Voodoo beats
- Out of space (Audio Bullys remix)
- The way it is (Live remix)
- We are the ruffest
- Your love
- Spitfire (live)
- Their law (live)
- Breathe (live)
- Serial thrilla (live)
- Firestarter (live)
Gesamtspielzeit: 150:21 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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humberto |
2007-04-14 21:37:10 Uhr
also das letzte album fand ich auch nicht soo toll, aber "girls" ist doch wohl so was von unterschätzt! wäre das vor 10 jahren als single rausgekommen, hätten sich die kritiker überschlagen vor begeisterung! absolut geiiler song! schade dass das keiner merkt |
Raventhird |
2007-02-18 01:36:33 Uhr
Bin ich der Einzige, der "Baby's Got A Temper" als Song an sich eigentlich echt gut fand (über das später folgende Album wollen wir lieber schweigen)? |
Loam Galligulla |
2007-02-15 22:01:28 Uhr
Heute endlich erstanden und was soll man sagen, so sollte jede BestOf aussehen. Klasse Aufmachung/Covergestaltung, wichtigsten wegweisensten Tracks, tolles Bilderbooklet + Karrierestory. Design ähnelt den Turok spielen ;-) Nur schade das evil lurks nicht mit drauf ist obwohl das noch hoch gepriesen wird im booklet.... |
Loam Galligulla |
2006-06-11 10:40:37 Uhr
Ist die Vodoo People Version hier eine andere als die originale? |
Demon Cleaner |
2005-10-31 21:17:51 Uhr
Ist auch auf den ersten Blick ganz gut geworden. Nett, dass "Baby's Got A Temper" hübsch ausgespart wurde. Wo gibts eigentlich die DVD? Amazon spuckt nix aus... |
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Referenzen
Earthbound; Chemical Brothers; Audio Bullys; Leftfield; Maxim; The KLF; Underworld; Asian Dub Foundation; Atari Teenage Riot; Pitchshifter; Eskimos & Egypt; Death In Vegas; Apollo 440; Fatboy Slim; Groove Armada; Bentley Rhythm Ace; Utah Saints; The Crystal Method; Dub Pistols; Meat Beat Manifesto; Junkie XL; Freestylers; Wiseguys; Wagon Christ; Headrillaz; Bleachin'; Grant Theft Audio; Basement Jaxx; The Avalanches; Moby; Alpinestars; U.N.K.L.E.; Massive Attack; Primal Scream; Front Line Assembly; Relaxed Muscle; Kasabian; The Koreans; Jaw; Soulwax; Senser; The Shamen; Jonny L; The Future Sound Of London; Baby D; Spoonie Gee
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