Bryan Adams - Anthology
Polydor / Universal
VÖ: 02.12.2005
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Das Leben des Bryan
"I got my first real six-string / Bought it at the five-and-dime / Played it 'til my fingers bled / It was summer of '69." Oha. Wir warten jetzt erstmal drei Minuten und achtunddreißig Sekunden, bis jeder fertig ist. ... ... ... Und? Haben wir's? Was Du, lieber Leser, eben gemacht hast, war ein weiterer Beweis dafür, daß wirklich jeder Mensch der westlichen Welt "Summer of '69" von vorn bis hinten auswendig kann. Man wird bei Bryan Adams immer zuallererst an diesen einen Song denken. An den Burner in der Teenie-Disco, das Highlight jeder zweitklassigen Studenten-Fete, den Reißer aller Ü30-Parties, den Alptraum jedes Karaoke-Bar-Mitarbeiters. Ob er das wohl gemeint hat, der Bryan? Als er sang: "You told me it would last forever [...] / Those were the best days of my life."
Die besten Tage sind vorbei, die guten halten noch an: Gemeinsam mit Kollege Jon Bon zählt Bryan Adams schon jahrzehntelang zu den Gallionsfiguren des Hausfrauen-Rock. Nicht ganz zu unrecht. "Straight from the heart", "Please forgive me" und insbesondere "Heaven" sind auch aus heutiger Sicht immer noch Schnulzen auf hohem Niveau. Hingegen wirken schnellere Songs Marke "The only thing that looks good on me is you" oder "Can't stop this thing we started" aus heutiger Sicht fast doppelt so harmlos wie damals, sind aber immer noch taugliche Kickstart-Rocker. Und wenn Hollywood gerufen hat, weil mal wieder ein Titelsong für einen bräsigen Masken-Film gebraucht wurde, kam Bryan Adams ohnehin stets angemusiziert: Der Hinterschinken "(Everything I do) I do it for you" mit dem geschmacklosesten Gitarrensolo der jüngeren Musikgeschichte war ebenso ein Megaerfolg wie das unausstehliche "Have you ever really loved a woman?" aus "Don Juan de Marco" und wie auch "All for love", für das Adams eines der drei Musketiere mimte. Trotzdem: Letztlich ist jede Best-Of-Compilation dieses Bryan Adams doch eher eine Single-CD von "Summer of '69" mit soundsovielen Bonus-Tracks. Natürlich, "Summer of '69'" schaffte es damals nicht mal in die Top 10, und der Kanadier hatte nicht nur diesen einen Hit, sondern sogar ziemlich viele. Und doch hielt sich kein einziger davon so hartnäckig in der Popkultur wie jenes "Summer of '69". Unkraut vergeht halt nicht.
Das gilt auch für ein anderes Sternchen, das Bryan Adams publicitywirksam für "Anthology" verpflichten konnte: Pamela Anderson hat dieser Tage den Karriereschub jedoch genauso nötig wie Bryan Adams. Also schmiß sich Pam in die Klamöttchen von Sporty Spice Mel C, tackerte oben ein paar Sicherheitsnadeln fest, damit das ganze Vergnügen nicht platzt, und fand sich mit dem Kanadier im Studio zur Neuauflage von "When you're gone" ein. "We recorded it in Los Angeles a couple of months ago", erzählt Bryan Adams, der alte Schwerenöter. Und behauptet weiter: "After a few glasses of champagne she was away." Singen kann die Dame trotz voluminöser Resonanzkörper natürlich ganz und gar nicht. Und kommt deswegen auch nicht so recht zu Wort. Nachzuvollziehen auf der US-E-Card. Immerhin bleibt Deutschland diese Version erspart: Die Neuauflage bekommen nur die Amerikaner auf ihrer "Anthology"-Version zu hören und zu spüren. Wir kriegen das Original geboten und stattdessen zwei andere neue Studiotracks: "Not the man" und die Radio-Single "So far so good". Jene geht zwar zum einen Ohr rein und Sekunden später zum anderen hinaus. Aber zumindest sind diese Sekunden recht angenehm. Man ist ja schon über jeden kleinen Fortschritt erfreut nach dem desaströsen "Room service".
Das bringt uns zu der Frage, was denn nun nötig ist an dieser "Anthology". Und vor allem: Was sie vor der letzten Bryan-Adams-Best-Of "The best of me" (1999) und der vorletzten "So far so good" (1993) plazieren soll. Nun, die seitdem angesammelten Songs wohl weniger. Nach 1993 kamen immerhin noch "18 til I die", "Cloud number nine" oder genanntes "When you're gone" an passablen Stücken. Aber nach 1999? Man mußte sich schon was einfallen lassen bei der Plattenfirma, um diese "Anthology" halbwegs zu rechtfertigen. Und man hat es auch: Es ist der erste Bryan-Adams-Rückblick auf einer Doppel-CD. Bestückt natürlich vor allem mit reichlich bekannten Studio-Singles, aber auch mit Beiträgen von der Unplugged-CD, einer natürlich unnötigen Live-Version von "18 til I die" sowie jenen zwei neuen Studiosongs. Und weil Doppel-CDs ja nur unwesentlich teurer sind als einfache, läßt sich der Kauf durchaus vertreten: Zwischen reichlich Zweifelhaftem besteht "Anthology" mindestens zur Hälfte aus rechtschaffenem, gut gemachtem, generationenübergreifendem Soft-Hard-Rock mit Wiedererkennungswert. Zum heimlichen Selberhören. Oder falls Mutti und Papi mal zum Kaffee vorbeikommen.
Highlights
- Straight from the heart
- Heaven
- Summer of '69
- Can't stop this thing we started
- Back to you (live)
Tracklist
- CD 1
- Remember
- Lonely nights
- Straight from the heart
- Cuts like a knife
- This time
- Run to you
- Somebody
- Heaven
- Summer of '69
- One night love affair
- It's only love (with Tina Turner)
- Heat of the night
- Hearts on fire
- (Everything I do) I do it for you
- Can't stop this thing we started
- There will never be another tonight
- Thought I'd died and gone to heaven
- All I want is you
- CD 2
- Please forgive me
- All for love (with Sting and Rod Stewart)
- Have you ever really loved a woman?
- Rock steady (live with Bonnie Raitt)
- The only thing that looks good on me is you
- Let's make a night to remember
- Star
- Back to you (live)
- I'm ready (live)
- On a day like today
- When you're gone (with Melanie C)
- Cloud #9
- The best of me
- Here I am
- Open road
- 18 til I die (live)
- So far so good
- Not the man
Gesamtspielzeit: min.
Referenzen
Chris Norman; Glenn Frey; Rod Stewart; Michael Bolton; Bon Jovi; Jon Bon Jovi; Richie Sambora; Soul Asylum; Mr. Big; REO Speedwagon; Meat Loaf; Aerosmith; Def Leppard; Glass Tiger; John Mellencamp; Bruce Springsteen; Tom Cochrane; Tom Petty; Bob Seger; Chicago; Sting; Phil Collins; Bruce Hornsby; Pat Benatar; Bonnie Raitt; Melissa Etheridge; Bonnie Tyler
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