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Babyshambles - Down in Albion

Babyshambles- Down in Albion

Rough Trade / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 18.11.2005

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Peterchens Mondfahrt

Es ist die Zeit der Hobby-Psychologen, der Haus-Mediziner und Freizeit-Pharmazeuten. Jeder hat einen Ratschlag für Pete Doherty, alle wissen, was er braucht, und doch kann ihm keiner weiterhelfen. Englands Yellow Press ist immer in seiner Nähe, die Totengräberschaufel geschultert. Selbst im Kabel-1-Text begegnen einem seine Verfehlungen mittlerweile, selbst wenn man nur herausfinden will, wann eigentlich "Seinfeld" anfängt. Die Musik ist hier nicht halb so wichtig wie die nächste Sensationsmeldung, sie ist es nie gewesen und wird es nie sein. Aber selbst unsereins wird sich beim Hören von "Down in Albion" dabei ertappen, die Platte lesen zu wollen wie ein Doktor seine Krankenblätter. Immer auf der Suche nach Symptomen, Hinweisen und kodierten Hilferufen. Versuchen wir, uns davon frei zu machen. Wenigstens für die nächsten drei Absätze.

Nur wenige wirklich eindeutige Dinge lassen sich über "Down in Albion" sagen. Ständig nimmt es Bezug auf die Libertines, kreist um alte Geschichten und Textzeilen. Die Musik ist dabei ähnlich schnoddrig und hibbelig wie auf deren Platten, voller Brüche und offener Wunden, meist sogar noch einen Schuß zerfahrener und schlampiger. Aber festgeklammert hat sich Doherty trotzdem nicht am Vermächtnis der ehemaligen Band. Eher klingen seine Babyshambles wie die Libertines nach vier Wochen Karibik-Urlaub. Sie lassen sich mehr Zeit, scheinen überhaupt gelöster zu sein. Ihre Songs sind länger, oft auch leiser. Und sie haben ein paar Farben mehr auf der Palette.

Leicht hat man es deshalb aber noch lange nicht mit dieser Platte. Gerade weil sie selbst so unkonzentriert und verlümmelt ist, ziehen die Songs anfangs schneller vorbei, als man sie zu packen kriegt. Doherty strauchelt, eventuell, er scheint die Orientierung zu verlieren und diesen Moment fürs erste nur in der grandiosen Selbstzerstörung von "Fuck forever" festhalten zu können. Drum herum ist viel Fahriges, der launige, schleierhaft verlaufene Auftakt mit "La belle et la bête" und wackligem Gesäusel von Kate Moss. Oder die tapsige Reggae-Anmerkung "Sticks and stones", die ziemlich plötzlich der Hafer sticht. Aber irgendwann schlägt Dohertys Gitarre doch wieder zu. Läßt eine ungezogene Melodie fallen, deutet sie vielleicht auch nur an. Und dann kommt das Album. Sogar richtig.

Wie nahe sich das Genie und der Trottel in Doherty dabei stehen, kann man vielleicht begreifen, wenn der neckischen Lausbuben-Romantik von "In love with a feeling" mit "Pentonville" vier unerklärliche Minuten Raggamuffin folgen. Sie kippen beinahe das ganze Album, werfen alles über den Haufen, was bisher passiert war. Und taugen gerade deshalb zum entscheidenden Knackpunkt. Die vielen Schönheitsfehler der Platte spielen danach keine Rolle mehr, man kann neu anfangen mit ihr und verloren gehen in einer großartigen zweiten Hälfte, die ganz ohne richtige Rocksongs auskommt. Und stattdessen mit "Albion" Dohertys wunderbar verstiegene Utopie eines besseren Englands versteckt hält. Vorgetragen als sein Bob-Dylan-Song. Getrübt durch die Singalongs eines vollgetankten Kneipenchors. Das Genie und der Trottel. "It's one and the same."

(Daniel Gerhardt)

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Highlights

  • Fuck forever
  • Albion
  • Back from the dead

Tracklist

  1. La belle et la bête
  2. Fuck forever
  3. A'rebours
  4. The 32nd of December
  5. Pipedown
  6. Sticks and stones
  7. Killamangiro
  8. 8 dead boys
  9. In love with a feeling
  10. Pentonville
  11. What Katy did next
  12. Albion
  13. Back from the dead
  14. Loyalty song
  15. Up the morning
  16. Merry go round

Gesamtspielzeit: 63:49 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Kojiro

Postings: 4328

Registriert seit 26.12.2018

2021-07-12 18:29:05 Uhr
"Sympathisch verballert" trifft's eigentlich sehr gut. Sehe die Libertines-Alben ebenfalls vorne, aber mag's trotzdem. Auch, weil man eben ne tolle Zeit mit der Musik verbindet.

dreckskerl

Postings: 11147

Registriert seit 09.12.2014

2021-07-12 16:56:22 Uhr
Für mich ist das klar beste Babyshamblesalbum "Shotter's Nation"

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 10532

Registriert seit 26.02.2016

2021-07-12 16:52:52 Uhr
Immer noch zu lang, aber einzelne Tracks schon sehr gut.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 34618

Registriert seit 07.06.2013

2021-07-12 16:28:20 Uhr
Immer noch ein interessantes und sympathsich verballertes Album, was aber an die beiden ersten Libertines-Platten nicht rankommt.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20172

Registriert seit 10.09.2013

2021-07-11 00:37:05 Uhr
Immer noch besser als alle Libertines-Alben
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