Bell Orchestre - Recording a tape the colour of the light
Rough Trade / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 05.09.2005
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Fast asleep
Richard Reed Parry ist ein herausragender Mensch. Nicht nur, weil er einen Kopf größer ist als sein durchschnittlicher Mitbürger. Sondern eher noch, weil ihn jeder, der ihn mal auf einer Bühne gesehen hat, für den großartigsten Livemusiker der Welt halten muß. Bei The Arcade Fire spielt er Baß, Gitarre, Marschtrommel und Percussion, sieht in seinem Konfirmandenanzug aus wie die Punkausgabe von Bill Gates und gerät jedes Mal derart in Rage, daß ihm die anderen schon einen Motorradhelm aufsetzen müssen, damit nichts passiert. Was er nebenbei mit dem Bell Orchestre macht, klingt derweil, als habe es ihm sein Psychologe verordnet. Kammermusikalischer Post-Rock. Als Ausgleich. Zum Runterkommen.
Stillhalten kann Parry (diesmal Kontrabaß, Keyboards und Percussion) trotzdem wieder keine fünf Minuten. Gemeinsam mit Arcade-Fire-Geigerin Sarah Neufeld, Stefan Schneider (Schlagzeug), Petri Amato (Waldhorn und Elektronik) und Kaveh Nabatian (Trompete und Melodica) verstrickt er sich in instrumentale, schleichende Songideen, die mal ausformuliert, mal als solche belassen und mit ziemlicher Verläßlichkeit irgendwann hektisch und nervös werden. Streicher und Bläser haben sich dabei nicht viel zu sagen, weil letztere ständig um Ruhe, um Ordnung und Angemessenheit bemüht sind, während erstere die meiste Zeit doch eher aufgekratzt rumzicken. Richtig, daß man sich davon an die Constellation-Musik von Silver Mt. Zion und Konsorten erinnert fühlen darf. Das Bell Orchestre stößt nur sehr viel schneller zum Kern der Sache vor.
Im zweigeteilten "Les lumières" wird schon zu Beginn alles einmal durchgespielt, was einem mit dieser Platte passieren kann. Tänzelnder Auftakt in trügerischer Sicherheit, gemächliche Steigerung, plötzlich zerräderte Trompeten und im zweiten Part schließlich eine übersteuertes Gehetze, wie man es sonst tatsächlich nur von Arcade-Fire-Shows kennt. Auch "Throw it on a fire" bleibt schwankend und aufgekratzt, trotz sehr erhabener Waldhornpassagen. Und erst "Recording a tape… (Typewriter duet)" kommt wieder richtig zur Ruhe, ist mit gezupfter Violine und weltfremder Glockenspielerei die letzte Verschnaufpause, bevor sich "Nuevo" auf geräumigen Umwegen zum letzten Höhepunkt der Platte aufmacht. Schon ein mächtiger Aufwand also, der hier betrieben wird. Aber irgendwo muß ein Hyperaktiver wie Parry ja auch hin mit seiner Energie.
Highlights
- Les lumières pt. 1
- Les lumières pt. 2
- The upwards march
- Nuevo
Tracklist
- Recoring a tunnel (The horns play underneath the canal)
- Les lumières pt. 1
- Les lumières pt. 2
- Throw it on a fire
- Recording a tunnel (The horns play underneath the canal)
- The upwards march
- The bells play the band
- Recording a tape... (Typewriter duet)
- Nuevo
- Salvatore Amato
- Recording a tunnel (The invisible bells)
Gesamtspielzeit: 52:48 min.
Referenzen
Rachel's; Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra & Tra-La-La Band; Godspeed You! Black Emperor; Set Fire To Flames; Hrsta; Dirty Three; Labradford; Do Make Say Think; Hungry Ghosts; A Northern Chorus; Arvo Pärt; The Penguin Cafe Orchestra; Red Snapper; Gastr Del Sol; June Of 44; Clann Zú; The Kronos Quartet; Final Fantasy; Jonny Greenwood; Matmos; The Books; Brian Eno
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