Sine Star Project - Blue born Earth boy
One Little Indian / Rough Trade
VÖ: 12.09.2005
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Erlebnisastronomie
Ein Blick auf die Gesamtspieldauer und den Umfang der Tracklist verrät bereits einiges. Nur neun Stücke in zweiundvierzigeinhalb Minuten. Man ahnt schon: Sine-Star-Project-Kapitän Peter J. Croissant, Kennern der südenglischen Musikszene als Produzent der Delays ein Begriff, mag es elegisch. Und nicht nur das: Seine Stimme verfügt über ein Vibrato, das zuerst direkt ins Mark trifft und sich dann im Gänsehautmarsch in die Kategorie Jeff Buckley tremoliert. Das Quintett aus Southampton erschafft auf seinem Debütalbum ein ganz eigenes Klanguniversum. Die Gravitation ist dort eine Marionette mal fragiler, mal monumentaler Dramatik und befindet sich fernab jeglicher Zeitzone.
Die Reise mit dem Sine Star Project beginnt mitten in der Nacht. Fröstelnd und wortkarg haucht die Akustikgitarre unsichtbare Wölkchen in die Dunkelheit. Ein Streicherensemble umweht leise die Szenerie, während Croissant eindringlich "Tonight we'll sing our morning hymns" verkündet. Wäre es nicht stockdunkel, man könnte ganz bestimmt Stirnfalten und hervortretende Adern erkennen. Ein Klavier sprengt schließlich die beklommene Atmosphäre, treibt an, vergrößert das theatralische Areal und bittet einen Chor auf die Bühne. Gitarre und Streicher fassen Mut, schleichen nicht mehr auf Zehenspitzen, sondern begeben sich selbstsicheren Schrittes auf den Weg. Vielleicht nehmen sie sogar ihr schützendes Visier ab.
Und tatsächlich heißt es nur eine Minute später "Open your eyes!" Die Entfesselung ist gelungen - irgendwo zwischen Buckley, Muse und ein wenig Coldplay. Und jetzt, da die Augen schon einmal geöffnet sind, veranstaltet das Sine Star Project eine Diashow: Bilder in warmen Farben mit beeindruckenden Lichteffekten und deutlichen Konturen, freiheitsliebende, geheimnisvolle Zwischentöne - akustische Schatten und Spiegelungen jenseits des Definierbaren. Aber immer sind es Tonartzwitter, denen die Fünf zur musikalischen Geburt verhelfen. Und sie beherrschen den Balanceakt zwischen Dur und Moll bravourös.
Das "Strange girl" schlägt unerwartet rockige Töne an, in Schale geworfene E-Gitarren tänzeln in eine Opernvorstellung und polieren dabei ihren Bizeps. Spannend seltsam geht es mit dem Titeltrack weiter: "Walked into a girl who read my palm / Told me that she meant no harm." Die Akustikgitarre wirkt dabei wieder etwas eingeschüchtert, dafür breitet sich ihre elektrische Kollegin aus, als wolle sie mit Hilfe des Klanges den Weltraum vermessen. "Bullet" klingt wie ein Musicalstück aus der Feder der Queens Of The Stone Age, der "Wolf river" mündet an mehreren Stellen in einen Fluß namens Pink Floyd und offenbart mit orchestraler Unterstützung die klassische Ausbildung des Frontmannes in Klavier und Trompete. Der Ausflug ins Sine-Star-Project-Universum endet mit einem grünen Männchen. Das ist aber auch wirklich das einzige Klischee, dem man in Captain Croissants Reich begegnet.
Highlights
- Open your eyes
- Blue born earth boy
- Wolf river
Tracklist
- Blood light
- Open your eyes
- Strange girl
- Blue born earth boy
- Bullet
- Born anxious
- Wolf river
- Down down
- The green man
Gesamtspielzeit: 42:31 min.
Referenzen
Jeff Buckley; Muse; The Stills; Doves; Kashmir; Adom; Matthew; Delays; The Czars; Belasco; Thirteen Senses; Coldplay; Pink Floyd; Archive; Antimatter; Pulp; The Flaming Lips; Piano Magic; JJ72; Marjorie Fair; Tim Buckley; Ry Cooder; Love; dEUS; Elliott Smith; Grant Lee Buffalo; American Music Club; Mark Eitzel; David Bowie; Nick Cave & The Bad Seeds; Rufus Wainwright; Aimee Mann; Maximilian Hecker; Queen
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- Sine Star Project (4 Beiträge / Letzter am 07.11.2005 - 10:39 Uhr)