Black Rebel Motorcycle Club - Howl

Echo / PIAS / Rough Trade
VÖ: 22.08.2005
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Heulen mit den Wölfen
Man will ja eigentlich nicht wie einer dieser "Ich hab's schon immer gewußt"-Schlauberger klingen. Aber als dem Black Rebel Motorcycle Club letztes Jahr beim Southside-Festival das halbe Equipment kaputt ging und die drei gezwungenermaßen ein seliges Unplugged-Set mit Blues Harp, Schellenkranz und alter Akustikklampfe spielten, sagte man sich anschließend schon so Dinge wie "Die könnten doch als nächstes bitte ihr Bob-Dylan-Album machen." Nicht zu laut natürlich, weil, hätte sonst blöd ausgesehen, wenn "Howl" 14 Monate später wieder voll gewesen wäre mit Fuzz-und-Fetzen-Rock'n'Roll, The Jesus & Mary Chain und dem ganzen Kram, der auf den ersten beiden B.R.M.C.-Platten noch so verglüht wurde. Aber tatsächlich: Mundharmonika, Tambourin, Stromausfall, Dylan. Und ausnahmsweise: "Ich hab's schon immer gewußt." Har.
Es gibt viele schöne Dinge an der wundersamen Verwandlung, die aus den räudigen Hunden des Black Rebel Motorcycle Clubs eine Country-, Blues- und Gospel-Band gemacht hat, die sich die Haare lieber überm Lagerfeuer als am Auspuffrohr trocknet. Das Tollste überhaupt ist aber, wie sich mit Hilfe von "Howl" - benannt nach dem gleichnamigen Beatnik-Urschrei von Allen Ginsberg - ein großer Haufen blödester Vorurteile vom Tisch wischen läßt: Eine Platte kann nicht mehr rocken, wenn elektrische Gitarren eine noch kleinere Rolle spielen als auf der letzten White Stripes? Da könnten Levon Been (der den Moniker Turner gegen seinen bürgerlichen Namen eingetauscht hat), Hayes und Jago wohl nur lachen, wenn sie denn lachen könnten. Und stellen dann doch lieber fest: Country ist kein John-Denver-Ding, Gospel nicht bloß für den Reverend. Und den Blues hat doch sowieso jeder schon gehabt.
Nur am Anfang von "Howl", dem Song, klingt "Howl", das Album, noch nach Gegenwart, wenn eine Orgel versehentlich jenes Gedudel nachzeichnet, mit dem in amerikanischen Sporthallen die Auszeiten überbrückt werden. Danach versinkt diese brütende, triefende Platte tief in den Teilen der 50er- und 60er-Jahre, die schon damals nur wenig Sonne abgekriegt haben. "Time won't save our souls", zetert ein fiebriger Chor am Anfang von "Shuffe your feet", die Gitarre täuscht ein kurzes Hillbilly-Solo an, die Mundharmonika blutet den Song geduldig aus. "Ain't no easy way" legt hingegen einen Zacken zu, gemahnt als schneidiger Bootcut-Rocksong noch am ehesten an seine Vorgänger. Und der Club klingt plötzlich wie drei Prediger in Tennessees Sümpfen. Sie könnten die Väter der Kings Of Leon sein.
Passend dazu singen Turner und Hayes auf "Howl" die bibelfestesten Texte ihrer Karriere, sinnieren über Schuld und Sühne und verschleppen gerade in der zweiten Albumhälfte zunehmend das Tempo. Plötzlich sind besinnliche Klavierballaden möglich, unter die sich im Fall des zentralen "Promise" sogar ein paar Bläser mischen. Die Platte kriegt Flügel, schnuppert spätestens mit dem "Gospel song", der übrigens losgeht wie "Everybody hurts", an Wolke sieben. Und wird höchstens noch geerdet von sturen Trommeln, die immer schön saftig weiterschscheppern, mit mindestens zwei "sch" auf der Snare. Sicherlich also eines der mutigsten Alben des Jahres. Und vielleicht sogar die einzige Punk-Platte, die man in diesen Tagen noch machen konnte. Es ist nur konsequent, daß sie den Black Rebel Motorcycle Club seinen Major-Deal gekostet hat.
Highlights
- Shuffle your feet
- Howl
- Ain't no easy way
- Gospel song
Tracklist
- Shuffle your feet
- Howl
- Devil's waitin'
- Ain't no easy way
- Still suspicion holds you tight
- Fault line
- Promise
- Weight of the world
- Restless sinner
- Gospel song
- Complicated situation
- Sympathetic noose
- The line
Gesamtspielzeit: 52:30 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Kojiro Postings: 1911 Registriert seit 26.12.2018 |
2022-06-09 19:03:17 Uhr
Gerade mal wieder seit Ewigkeiten gehört. Wieder und immer noch schwer verliebt... |
Enrico Palazzo Postings: 3362 Registriert seit 22.08.2019 |
2021-05-15 22:16:06 Uhr
Promise ist ja evtl mein liebster BRMC-Song :) |
Kojiro Postings: 1911 Registriert seit 26.12.2018 |
2021-05-15 21:27:53 Uhr
So große Liebe. Auch für die Sessions mit "Mercy", "Steal A Ride", "Pretend" oder "Feel It Now".Der einzige Song, den ich nicht besonders doll finde, ist "Gospel Song". Aber alles andere --> Groß! "Ain't No Easy" Way macht auch nachm 102202 x auf nem Konzert live noch ungemein Spaß. |
NochEinTobi Postings: 276 Registriert seit 30.08.2019 |
2020-08-12 11:50:51 Uhr
Erst die Vines, dann Howl. Habt ihr grad Perlen-aus-meiner-Jugend-ausgrabe-Tage? Läuft bei mir auch immer und immer wieder, die Songs machen einfach eine sehr brauchbare Stimmung! |
Kojiro Postings: 1911 Registriert seit 26.12.2018 |
2020-08-11 20:35:26 Uhr
Hat bei mir damals ne Weile gedauert, aber als ALBUM reiht es sich direkt nach dem Debüt ein. Großartige Scheibe. |
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Referenzen
Bob Dylan; Neil Young; Buffalo Springfield; Tom Petty; The Band; Creedence Clearwater Revival; The White Stripes; Kings Of Leon; Black Keys; Howlin' Wolf; Screamin' Jay Hawkins; Robert Johnson; R.L. Burnside; Willie Dixon; Muddy Waters; Woodie Guthrie; Led Zeppelin; Black Mountain; The Rolling Stones; Sons And Daughters; The Raveonettes; The Kills; The Brian Jonestown Massacre; Paul Westerberg; Richard Ashcroft; The Verve; Lupine Howl; Johnny Cash; Hank Williams
Surftipps
- http://www.blackrebelmotorcycleclub.com/
- http://www.pias.com/germany/incnews4.asp?offset=1
- http://www.angelfire.com/indie/BRMC/
- http://homepage.mac.com/porcupiny/Personal5.html
- http://www.geocities.com/brmc_uk/
- http://www.filter-mag.com/media/interior.387.html
- http://en.wikipedia.org/wiki/Black_Rebel_Motorcycle_Club
- http://www.vh1.com/artists/az/black_rebel_motorcycle_club/ar tist.jhtml
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