Die wollen nur spielen

Als ich drei Jahre alt war, waren meine Eltern mit mir und meiner kleinen Schwester zum Badeurlaub in den Niederlanden. Leider war unser Aufenthalt vor allem dadurch getrübt, daß man am Strand aufpassen mußte, nicht in Hundehaufen zu treten. Was bei kleinen Kindern, die teilweise noch nicht mal laufen können, kein besonders großer Spaß ist. Außerdem endete der Urlaub mit einem Sturm, der die Strandkörbe durch die Luft wirbelte. Warum fällt mir das nach so langer Zeit plötzlich ein? Vor mir liegt die CD einer Band mit dem schönen Namen Hund Am Strand.

Erfreulicherweise hat "Adieu sweet Bahnhof" mit vollgekoteten Sandstreifen an der holländischen Küste wenig bis gar nichts zu tun. Dann schon eher mit deutschen Baggerlöchern im Hochsommer: "Alle Jungen, alle Mädchen, zieht eure T-Shirts aus, yeah, yeah." Nun gut, nicht unbedingt das beste Zitat, wenn es nicht gerade von Bernd Begemann stammt. Was Hund Am Strand zunächst einmal ehrt, ist die Tatsache, daß sie derartige Grenzwertigkeiten mit völliger Nonchalance übergehen - bis es mit "Mein Penis in der Tasche, es knistert in der Flasche" so richtig peinlich wird.

Musikalisch zaubert das Trio völlig okayen Indie-Pop in den Geschmacksrichtungen "Anajo" und "Tele" aus dem Hut: sommerlich, unbeschwert, irgendwie studentisch. Bildlich gesprochen eben jene Musik, die man auf WG-Feten in Altbau-Dachgeschoßwohnungen so hört, während man Beck's Gold trinkend in den Sonnenuntergang schaut. Aber vielleicht sollte man derartige Vorurteile gemeinsam mit den lyrischen Ergüssen einfach mal für ein paar Minuten beiseite packen und so liebenswert naiv sein wie die Band selbst.

Wenn man also ein Auge zukneift, erwarten einen gefällige bis eingängige Popsongs, die auch schon mal zum Tanzen einladen, in jedem Fall aber ziemlich schnell ins Ohr gehen. Das bereits oben zitierte "Jungen Mädchen" beginnt nicht nur mit der herrlichen Zeile "Wir könnten ein Exempel statuieren / Wir könnten uns lieben und diese Liebe einfrieren", es entwickelt sich auch noch zu einem veritablen Tanzbodenstampfer der Marke "Monika Tanzband". "Zeit zu trauern" könnte man sich auch auf dem Debütalbum von Madsen vorstellen - wenn deren Sänger nicht permanent den Dirk-von-Lowtzow-Impersonator geben müßte.

Wir sehen es schon anhand der vielen genannten Namen: Hund Am Strand sind von allem ein bißchen, aber trotzdem noch eigenständig. Irgendwie schon ein wenig sehr Konsens-mäßig, aber auch recht charmant. Zusammengefaßt: Man müßte keine große Sorge um sein Geld haben, wenn man auf einen Auftritt der Band bei Sarah Kuttner setzte. "Es ist Frühling, und es riecht nach Veränderung", schmettert Sänger Fabian Schwinger in "Frühling". Von Revolution singt er nichts.

(Lukas Heinser)

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Highlights

• 4 Akkorde
• Jungen Mädchen
• Zeit zu trauern

Tracklist

1. 4 Akkorde
2. 47 11
3. Jungen Mädchen
4. Neues Lied
5. Zeit zu trauern
6. Frühling
7. In der Mitte
8. Erklär mir die Welt
9. Eine Sache
10. G

Gesamtspielzeit: 34:41 min.

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Referenzen

The Dackel 5; Anajo; Blobkanal; Janka; Samba; Blumfeld; Astrakid; Kolossale Jugend; Madsen; Zuhause; Stadtranderholung; Virginia Jetzt!; Zucker; Tele; Bernd Begemann; Die Sterne; Die Aeronauten; Superpunk; Hannes Orange; Mon)tag; Voltaire; Garish; Besser; Darlo; Angelika Express; Tomte; Tocotronic; Sport

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