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Vitalic - OK cowboy

Vitalic- OK cowboy

Citizen / PIAS / Rough Trade
VÖ: 09.05.2005

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Paranoide Androiden

Verschwörungstheoretiker aufgepaßt! Hier wird recheriert und aufgedeckt. Jeder kennt Radiohead und deren größtes Meisterwerk. Wenn ein Musiker, dessen einziges Instrument der Computer ist, sein eigenes Debütalbum "OK cowboy" nennt, dann kann das nur als Hut-ab-Geste gemeint sein. Wirklich spannend aber wird es, wenn man sich die Initialen des bürgerlichen Namens von Vitalic aus Frankreich ansieht: Pascal Arbez. Und wie hieß doch gleich der beste Song auf "OK computer"?

Aber halten wir uns doch lieber an die Fakten. Vitalic ist bereits das zweite Projekt von Arbez. Unter dem Namen Dima veröffentlichte er in den späten Neunzigern einige Dancetracks, die Leute wie The Hacker oder DJ Hell schwer begeisterten und schließlich auf vielen Plattentellern in aller Welt rotierten. DJ Hell produzierte auch Vitalics "Poney EP", die auf dem Gigolo-Label erschien und sich wie geschnitten Brot verkaufte. Eine Lawine an Remixaufträgen von illustren Künstlern wie Manu Le Malin, Demon, Slam, Basement Jaxx oder Björk rollte schließlich auf Vitalic zu. Doch er konnte sich retten und in der französischen Provinz verschanzen, um drei Jahre lang ungestört am ersten eigenen Album zu frickeln.

Abgeschiedenheit ist bekanntlich ein guter Nährboden für die Entwicklung von Schrullen und Wahnzuständen. Auf "OK cowboy" taucht in einigen der 13 Tracks eine PC-generierte, weibliche Stimme auf. Daß dieses Sprachsyntheseprogramm laut Platteninfo auf den Namen Brigitte hört, stimmt aber weniger bedenklich, als die Bemerkung, sie mache alles, was ihr "Benutzer" will. Im Song "No fun" verkündet Brigitte ein wenig stupide die Lebensideale ihres Meisters: "No guitars, no straps, no leather - no fun." Unterlegt sind diese und andere simple Weisheiten mit hypnotisch-synthetischen Techno-Electro-Sounds, deren Melodien so oft wiederholt werden, daß sie irgendwann tatsächlich ins Unterbewußtsein, bzw. Tanzbein vordringen.

Ein Großteil der Songs erinnert an Stilikonen wie Fischerspooner, Miss Kittin oder Felix Da Housecat. Vitalic scheint deren Electroclash perfektioniert zu haben. Doch unter der bekannten Oberfläche findet sich tatsächlich mehr. In dem grandiosen Dancekracher "Repair machines" etwa blitzen Klangschnipsel auf, die auf einen direkten Einfluß der französischen Musikpioniere der späten Siebziger schließen lassen. Den wabernden Hall oder die spacigen Orgeln gab es so auch schon am Ende des analogen Zeitalters bei Bands wie Space Art oder Droids. Jean Michel Jarre stand schließlich Pate bei Spielereien wie "Polkamatic" oder dem rein synthetischen Schlagzeugsolo "Valetta fanfares". Auch in "Trahison", dem zweiten Albumhighlight gelingt es Vitalic ganz in der Art der Vorbilder, echte Gefühle in seine Musik zu legen. Genie und Wahnsinn liegen dicht, sagt man. "OK cowboy" ist zwar noch nicht genial, aber vielleicht zeigen die kommenden Jahre mit Brigitte ja demnächst ihre Wirkung.

(Steffen Krautzig)

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Highlights

  • Repair machines
  • Trahison

Tracklist

  1. Polkamatic
  2. Poney part 1
  3. My friend Dario
  4. Wooo
  5. La rock 01
  6. The past
  7. No fun
  8. Poney part 2
  9. Repair machines
  10. Newman
  11. Trahison
  12. U and I
  13. Valetta fanfares

Gesamtspielzeit: 54:05 min.

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