Rilo Kiley - More adventurous

Brute/Beaute / Warner
VÖ: 21.02.2005
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

One step beyond
Mitte der Sechziger teilte sich die musikalisch interessierte Jugend der Welt in zwei Lager, die voneinander mit einer heutzutage kaum mehr nachvollziehbaren Absolutheit getrennt waren. Entweder man folgte den Jungs aus Liverpool nach oder aber man bekannte sich zu den Stones. Es gab auch Menschen, die zwischen diesen beiden Polen wechselten, doch die waren ziemlich schnell sozial tot. Musikgeschmack war in dieser Zeit fast schon eine Art Glaubensbekenntnis. Womit wir im Jahre 2005 und im sonnigen, von einem legasthenischen Ex-Bodybuilder regierten Kalifornien wären. Nach einem Ausflug ins für zart besaitete Seelen zu unwirtliche Omaha, Nebraska hat sich die Band Rilo Kiley nun mit ihrem ersten Album bei einem Major endgültig festgelegt und ist der Kirche der Beatles beigetreten.
"Verrat", rufen da manche, die ihre alternative Einstellung wie eine Monstranz vor sich hertragen. Das neue Album sei zwangsläufig mit zu süßen Melodien versehen und durch eine Hochglanz-Produktion nahezu klinisch tot. "Absurd", halten wir dagegen und verweisen darauf, daß Jenny Lewis, ihres Zeichens Sängerin, Multiinstrumentalistin, Komponistin und Texterin - also schlicht Kopf der Band - schon auf dem zurecht in den Himmel gelobten Vorgänger "The execution of all things" nichts von dem vermissen ließ, was ihr jetzt vorgehalten wird. Im Gegenteil: "More adventurous" ist die konsequente Weiterentwicklung der Songwriting- und Performance-Qualitäten dieser unglaublich fähigen und spielfreudigen Band. Und das geht ja schon gut los mit dem ersten Stück "It's a hit".
Mit Pauken und Trompeten, Glockenspiel und "Shoo bop doo wop"s wird die Richtung festgelegt. Tolle Melodien, großer Harmoniegesang, viele kleine Einfälle, die aus einem guten Lied eine wahre Perle machen. All das gelingt Rilo Kiley immer wieder auf diesem Album. Doch obwohl sie, wie schon erwähnt, in der Beatles-Nachfolge stehen, gleitet die Band nicht in einen vielleicht naheliegenden Beach-Boys-Sound ab, sondern stellt auch klar, daß Powerpop, Uptempo-Nummern und lautere Gitarren gleichfalls zu ihrem Repertoire gehören. "Portions for foxes" beginnt, als hätten das Stück die Kollegen der Weakerthans für Frau Lewis ersonnen. Und mit "Love and war" geht die Prozession in Richtung Hymne, mit klatschenden Händen, treibenden Gitarren und einer gehörigen Portion Verzweiflung in der Stimme der Sängerin.
Überhaupt schont sich die Frontfrau zu keiner Sekunde des Albums. Sie läßt uns teilhaben an allen Wirrungen und Irrungen der Liebe, kehrt tatsächlich ihr Innerstes nach Außen. Zwar macht sie daraus auch bisweilen heftige Showeinlagen - wie im melodramatischen "I never" - doch bleibt mit jedem Ton und jedem Wort spürbar, daß da nicht Popbusiness-Berechnung, sondern kreativer Drang dahinter steckt. Ganz besonders gut läßt sich dieser Umstand ausmachen am letzten Stück. "It just is" scheint wie nebenbei entstanden zu sein, mit einer kongenialen Beiläufigkeit eingespielt erzeugt es eine Melancholie, die fast zu schön ist, um wahr zu sein. Der ganze Kosmos von Liebe und Tod in zweieinhalb streichergeschwängerten Minuten: Die versprochenen Abenteuer finden im Kopf statt, zwischen Liebeslust und Seelenpein.
Highlights
- Portions for foxes
- It just is
Tracklist
- It's a hit
- Does he love you?
- Portions for foxes
- Ripchord
- I never
- The absence of god
- Accidntel deth
- More adventurous
- Love and war
- A men/me/then Jim
- It just is
Gesamtspielzeit: 44:30 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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napoleon dynamite |
2009-04-22 10:36:47 Uhr
es ist frühling. packt dieses album aus! |
Stefan |
2006-08-11 20:33:39 Uhr
Die sind bisher komplett an mir vorüber gegangen und ich schäme mich deshalb zutiefst! Das Debut muss ich mir noch näher anhören, aber die beiden Nachfolger sind ja mal unglaublich toll. |
björn |
2006-07-21 21:41:14 Uhr
"more adventurous" ist insgesamt vielfältiger und weniger "stromlinienförmig" als die execution. ich brauchte ne zeit, um mich einzuhören - dann hats mir aber auch sehr sehr gut gefallen. momentan ist auch schon ein neues album in der mache, soll wohl nächstes frühjahr veröffentlicht werden. ansonsten versuchs auch mal mit den solo-sachen von jenny und blake, falls noch nich geschehen (jenny lewis w/ the watson twins // the elected). mittlerweile sind die mir überraschenderweise lieber als zusammengepappt bei rilo kiley. |
NEIGHBOURHOOD |
2006-07-02 00:53:56 Uhr
The Execution Of All Things habe ich kürzlich von nem Freund bekommen und ich bin restlos begeistert Oo... nur zu dumm, dass auch dieses wunderbare Album bei Amazon nicht mehr verkauft wird und ich bei der sagenhaften Musikauswahl der Geschäfte in meiner Stadt keine Chance habe, an das Teil möglichst zuverlässig zu kommen :) Amazon sollte sich mal um den Bestand ihrer Musikauswahl kümmern. Kommt insgesamt nicht selten vor, dass hervorragende Platten bei ihnen nicht zu erwerben sind.Inwiefern kann sich eigentlich das neueste Album mit The Execution Of All Things messen? |
Fish_in_the_Sea |
2005-10-02 14:41:03 Uhr
Das mit den Brüsten ist mir auch aufgefallen, naja sag bloß mal L.A Schönheitswahn!! Dabei hat sie das nichtmal nötig! |
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Referenzen
Jenny Lewis With The Watson Twins; The Elected; Rainer Maria; The Bittersweets; The Weakerthans; The New Pornographers; Bettie Serveert; Veruca Salt; Liz Phair; Belly; Kristin Hersh; Catatonia; Cerys Matthews; Letters To Cleo; Sally Crewe & The Sudden Moves; Neko Case; Cowboy Junkies; Belle & Sebastian; Death Cab For Cutie; Maritime; Jets To Brazil; Beulah; Broken Social Scene; The Shins; Eels; Nada Surf; dEUS; Pavement; Stephen Malkmus; Elliott Smith; Paul Simon; k.d. Lang; Holly Golightly; Tammy Wynette; Loretta Lynn; Nancy Sinatra; The Beatles
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