Bloc Party - Silent alarm

V2 / Rough Trade
VÖ: 14.02.2005
Unsere Bewertung: 9/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Zeitbombe
Alles redet von Bloc Party. Die neuen Franz Ferdinand. Ja, ja, ja. Die Maschinerie läuft schon bestens geschmiert. Dabei sind Bloc Party eben nicht die neuen Franz Ferdinand, sondern höchstens deren kleine Neffen aus London. Man stelle sich das so vor: Beim Wühlen in Onkels Schrank waren die schicken Klamotten und das Buch mit den Adelsbiographien schon weg. Stattdessen fanden die Jungs um Kele Okereke ein paar staubige The-Cure-Platten und eine einigermaßen verlebte Mao-Bibel. Das bildet Bewußtsein. Deswegen hätten Bloc Party diesem österreich-ungarischem Erzherzog zwar keinen Molotov-Cocktail, aber doch mindestens ein ziemlich hart gewordenes Milchbrötchen hinterher geworfen. Symbolismus und so.
Doch egal, welche durchgeknallte Bandgenese sich der Rezensent aus den Fingern saugen mag: "Silent alarm" ist das verdammt noch mal coolste, stylishste und arschwackelndste Teil seit mindestens zwölf Monaten. Wie gemacht für die Gehörnerven der Bescheidwisser und all der anderen, die auch nur ein Viertelohr für neonröhrensprengende Tanzrockschaffe ihr Eigen nennen. Denn so naßkalt dieser Winter auch sein mag, wummern die Grooves und Riffs und Ohrwürmer der Briten derart schweißtreibend los, daß es nun so gar kein Halten mehr gibt. Raus aus den Klamotten, rein in die vermutlich fetteste Party, die dieses Jahr zu bieten haben wird.
Vom ersten Wabern von "Like eating glass" bis hin zum letzten Zwitschern von "Compliments" zeigt sich Okereke konsequent von seiner Schokoladenseite und wringt mit seinen drei Mitstreitern einen unverschämt grandiosen Hit nach dem anderen aus der Stromgitarre. Denn "Silent alarm" wirft im Vorbeischlendern einen Schnelldurchlauf durch die letzten fünfundzwanzig Jahre musikgewordener Coolness ab. Der unterkühlte Funk des New Wave, die gelackte Harmoniesucht der New Romantics, die leidenschaftliche Arroganz der Shoegazer und die bisweilen vertrackte Ruppigkeit des amerikanischen Indierock - alles da, alles prima. Veranschaulichungsnamedropping: Pretty Girls Make Graves ohne Titten, Interpol mit Chili in der Rosette, The Dismemberment Plan auf Fish & Chips, Robert Smith im Pailettenhemdchen.
Die Gitarren gleiten durch ein Bett aus Hall, der Baß darf herrlich melodische Geschichten flüstern, und das Schlagzeug stolpert verläßlich präzise auf den Punkt. Immer noch mehr Risse und Kniffe werden in diese Armada von Tanzpanzern getrieben. Und Okerekes Stimmbänder machen aus jedem noch so verfrickelten Gehopse ein beseeltes Armerecken. Ob es jetzt der von U2-Gitarren angetrieben durch die Decke krachende "Helicopter" ist oder der stroboskopige Festschmaus "Banquet". Die taumelnde Gloriosität von "Positive tension". Das Kürbisromantik aus "Blue lights". Die wie auf eine Perlenkette gefädelte Melancholie von "This modern love". Das Hibbeln und Grinsen von "Pioneers". Oder "So here we are" und sein himmelfahrender Nebel aus Glückseligkeit. Superfantastisch.
Denn statt mit einem beeindruckend simplen Erfolgsrezept zu wuchern wie die großen Neffen mit dem Adelsnamen, ist "Silent alarm" eine ständige Entdeckungsreise. Wozu man im Schwarzlicht die Sprunggelenke auf Olympianiveau trainieren kann, enthüllt beim Kopfhörergenuß Dutzende von Seitensträngen und Abwegen. So viel mehr als nur der schnelle Spaß für das aufmerksamkeitsdefizitäre Jungvolk. Und doch auch das annähernd perfekte Wochenendsglückseligkeitsversprechen für die Zappeltempel dieser Welt. Tanzreflex und Neuronenjogging. Ein Meisterwerk für Arsch, Beine und Hirn.
Highlights
- Like eating glass
- Helicopter
- Banquet
- This modern love
- So here we are
Tracklist
- Like eating glass
- Helicopter
- Positive tension
- Banquet
- Blue light
- She's hearing voices
- This modern love
- The pioneers
- Price of gasoline
- So here we are
- Luno
- Plans
- Compliments
Gesamtspielzeit: 50:32 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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tjsifi Postings: 880 Registriert seit 22.09.2015 |
2023-11-08 13:38:44 Uhr
Wow, schönes Video, grossartiger Song, mega Album. Mittlerweile bin ich ein alter Sack geworden, hach... |
Ituri Postings: 441 Registriert seit 13.06.2013 |
2023-11-08 12:23:16 Uhr
Und das Album auch immer noch. Verdammt, ist bald 20 Jahre her. Unfassbar. |
Bonzo Postings: 3286 Registriert seit 13.06.2013 |
2023-11-08 12:16:39 Uhr
Neues Video zu „So Here We Are“: https://youtu.be/RL6HnCeDcvU?si=Z55ZBaplDp6nOdizKeine Ahnung warum jetzt, aber der Song ist noch immer ein Meisterwerk. |
peter73 Postings: 3500 Registriert seit 14.09.2020 |
2022-02-14 15:22:15 Uhr
ich finde den nachfolger (a weekend in the city) mindestens genauso gut. |
Klaus Postings: 10492 Registriert seit 22.08.2019 |
2022-02-14 14:47:32 Uhr
Wenn du "Indie-Album" schreibst, dann vielleicht, ansonsten ist das wohl leider Lateralus ;) |
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Referenzen
Pretty Girls Make Graves; The Dismemberment Plan; VHS Or Beta; Hot Hot Heat; Franz Ferdinand; Elefant; The Cure; The Smiths; The Police; U2; New Order; Joy Division; Interpol; Aveo; Suede; The Killers; Frausdots; The Rapture; Radio 4; !!!; LCD Soundsystem; Talking Heads; Gang Of Four; A Certain Ratio; Red Krayola; Q And Not U; Les Savy Fav; The Robocop Kraus; Milemarker; The Smashing Pumpkins; My Vitriol; Placebo; Six.By Seven; Foil; The Strokes; Phoenix; Prince; The Fever; Moving Units; The Features; Head Automatica; Senser
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