Charlotte Hatherley - Grey will fade
Double Dragon / PIAS / Rough Trade
VÖ: 07.02.2005
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Farblos
Man könnte fast meinen, es läge am Vornamen. Kaum hat die plötzliche Bildschirmverbannung von Charlotte Roche die Indiejünger-Stirn mit Sorgenfalten bedacht, veröffentlicht Charlotte Hatherley, hauptberuflich Gitarren-Grazie bei Ash, ihr erstes Soloalbum und löst damit eine ganz ähnliche Reaktion aus. Ein paar Schritte zurück mögen ja als Bestandteil einer Bühnenchoreografie nett aussehen, aber in Zusammenhang mit musikalischer Qualität sind sie alles andere als förderlich. Wie gern würde man der überaus sympathischen Charlotte zu ihrer während der "Meltdown"-Sessions in Los Angeles aufgenommenen Platte gratulieren. Allein der Anlaß dazu fehlt. Leider.
Immerhin, ein typisches, ferngesteuertes Pop-Püppchen ist Frau Hatherley ja nun ganz und gar nicht. Allerdings wäre das vermutlich fast angenehmer, als ihr Prä-Stimmbruch-Hansons-Organ, das in seinen besten Momenten an Kim Wilde oder die Rock-AG der lokalen Gesamtschule erinnert. Ist einfach nicht Charlottes Haupttalent. Das weiß sie offenbar auch selbst und singt aus diesem Grund als (mindestens) Doppeltes Lottchen auf fast allen Liedern mit sich selbst im Chor. Musikalisch interpretiert Hatherley anscheinend Messie-Wohnungen - das würde zumindest die Strukturlosigkeit ihrer Songs erklären. Die Tatsache, daß Drummer Rob Ellis (PJ Harvey, Fiona Apple, Marianne Faithfull) und Producer/Keyboarder Eric Drew Feldman (Frank Blacks Solo-Produzent und einst Mitglied von Captain Beefheart's Magic Band) eine durchaus namhafte Besetzung sind, konnte bedauerlicherweise das Gros der zehn Songs nicht retten.
"Grey will fade" - ein Aufmunterungslied für eine Freundin - ist dem gut sortierten Ash-Fan wohl vertraut, befand es sich doch bereits als B-Seite auf der 2001er Single "There's a star". Was als Raritätenhäppchen noch ganz süß wirkt, avanciert auf Albumlänge zur Nervenprobe: Übungsraum-Geschrammel, Pop-Gemeinplätze aus dem Kaugummiautomaten und Texte, die so platt sind wie Tim Wheeler klein ("He looks so good, my honey to me / Everything I want, everything I need / We got a good thing going / Feeling in my heart should only keep on growing / Too good to be true."). Ach, Charlotte! Hauptproblem ist das Scheitern des durchaus erkennbaren Anspruchs, souverän tolle Stücke zu zaubern. "Kim Wilde" rennt durch die Straßen, biegt hier und da zackig in Seitengäßchen ein, schnallt sich noch "bababa-huh"s (die stark an "Absolute beginners" von Hatherleys erklärtem Helden David Bowie erinnern) unter die Füße und kommt schließlich nur bei der unbeantwortet bleibenden Frage an, wo sie denn eigentlich hinwollte. Wenigstens kann man hier nicht über Vorhersehbarkeit jammern. Und das hat ja auch was für sich.
Während "Summer", "Paragon", "Bastardo" und "Stop" schlichtweg lärmen und verdeutlichen, daß der Ash-Quotenfrau die alten Teenie-Zeiten als Mitglied der Londoner Punk-Grunge-Band Nightnurse noch sehr präsent sein müssen, versucht sich "Down" an leiseren Tönen. Und verwechselt jene offenbar mit musikalischer Trägheit. Einzig "Where I'm calling from" ist eine wirklich hübsche Ballade. Immerhin dazu kann man Charlotte Hatherley ehrlich gratulieren. "A rescue plan is all I need to guarantee a change for me" heißt es in einem ihrer Songs. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Und die würde man der Charlotte wirklich wünschen.
Highlights
- Where I'm calling from
Tracklist
- Kim Wilde
- Rescue plan
- Paragon
- Summer
- Down
- Stop
- Where I'm calling from
- Why you wanna?
- Bastardo
- Grey will fade
Gesamtspielzeit: 41:38 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Patte |
2006-01-21 12:56:03 Uhr
Charlotte ist bei Ash ausgestiegen, um sich auf ihre Solopläne zu konzentrieren. |
Patte |
2005-08-12 18:57:46 Uhr
T. Busch, sie sprechen mir aus der Seele.Aber diesen Thread gab es leider schon. ;-) |
T. Busch |
2005-08-12 13:53:20 Uhr
Liebe Leute,verehrte Frau Mautz, es ist eine Meisterleistung was Frau Hatherley mit ihrer Soloplatte auf die Beine gestellt hat. Ich kenne sehr sehr wenig Frauen, die wirklich rocken, Gitarre spielen, Songs schreiben, produzieren und überhaupt alles auf einmal und so ein Ding mit über 10 Titeln wovon 60-70 % wirklich hängenbleiben, auf die Beine stellen können ? Wer bitte bringt das ? So gesehen war Eure Abwatsch-Kritik blödsinnig und bleibt an Euch selber hängen wie ein aus dem Zugfenster gespuckter Rotz. Gruß, Thomas |
Dazer |
2005-02-28 17:24:35 Uhr
mir haben beide songs, die ich gehört habe, gefallen. das waren 'bastardo' und 'kim wilde'. |
Milka |
2005-02-28 10:52:39 Uhr
Aber immerhin: sehr hübsche Frau! |
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Referenzen
Lush; The Breeders; Throwing Muses; Belly; Sleater-Kinney; The Muffs; Blake Babies; Juliana Hatfield; Auf der Maur; Sally Crewe & The Sudden Moves; Liz Phair; Veruca Salt; Letters To Cleo; The Bangles; The Go-Go's; PJ Harvey; The Donnas; Sahara Hotnights; Hole; Courtney Love; The Distillers; Dover; Blondie; Kim Wilde; The B-52s; Suzie Quatro; Ash
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