Amphibic - Film in my head
Haldern Pop / Cargo
VÖ: 29.11.2004
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Bildersturm
Es gehört eine Menge dazu, eine gute Platte zu machen. Die richtigen Songs natürlich, ohne die geht da gar nichts. Aber man braucht eben auch ausgeschlafene Arrangements, die passende Produktion, eine sinnvolle Trackreihenfolge, ein Händchen für die beste Albumdauer und nicht zuletzt einen schrecklich langen Atem. Nichts ist schließlich ärgerlicher, als eine Platte, die vielversprechend aus den Blöcken kommt, aber dann zwanzig Minuten später zugeben muß, ihr Pulver schon verschossen zu haben. Und trotzdem passiert es immer wieder. Jetzt sogar Amphibic. Obwohl die wirklich zu den Guten gehören sollten.
Der Reihe nach. Es ist eine kontinentale Arbeitsgemeinschaft, die sich hier aus Briten, Dänen, Iren und einem Deutschen zu Amphibic zusammengesetzt hat. Beim frisch gegründeten Haldern-Pop-Label stellen sie sich derzeit unter und damit auch passenderweise bei den Leuten, die Jahr für Jahr mit ihrem kleinen Festival durch die europäische Popmusik querschneiden. Amphibic waren da natürlich diesmal auch dabei und haben den Leuten ihre meistens akustische, tagträumende, Cello-befeuerte Musik vorgespielt. Es soll sehr toll gewesen sein, erzählt man. Und genauso ist das auch mit "Film in my head". Eine gute halbe Stunde lang.
Niemand sollte ungetadelt ein böses Wort über diese Platte sprechen dürfen, wenn denn nach "Dear caffeine", ihrem klobigen 7-Minuten-Stück in der Mitte, Sense gewesen wäre. Selbst das unwirkliche Abschlußjaulen, dem der Song schließlich unter die Räder gerät, deutet auf ein Ende mit Schrecken hin. Aber der Film geht noch ein Stückchen weiter. Nicht als Schrecken ohne Ende natürlich, vielmehr mit nett gemeinten Süßholzraspeleien am Klavier und streichzarten Klageliedern. Bloß klingt das nun auf einmal ein bißchen arg, als würden Amphibic eine liebeskranke Groschenromanvorlage vertonen. Plötzlich ist der Wurm drin.
Aber was reden wir hier über hinten, wenn das Album von vorne glänzt wie frisch aufpoliert. Schon "Bleeding" hat ihn auf dem Herzen, diesen kaum greifbaren Weltschmerz, den jeder kennt und keiner missen möchte. Mit einfachen Streichern kommen die Tränen, von einer plötzlich aufblühenden E-Gitarre werden sie sogleich wieder weggewischt. Auch "Days obsolete" taumelt versonnen zwischen Hoffen und Bangen, "Eden" schlägt kurzzeitig ruppigere Töne an, und "Rubies" schließlich ist der Song, mit dem all das in einer Hymne aus Wohlgefallen aufgeht. Es wäre ein schlechter Mensch, wer jetzt noch auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten würde. Oder wie Amphibic selbst meinen: "Let's play rich / Waste our money on kitsch." Ein schöner Lustkauf.
Highlights
- Bleeding
- Eden
- Rubies
Tracklist
- Bleeding
- Days obsolete
- Eden
- Rubies
- Can you take me home
- Forever is such a long time
- Dear caffeine
- Play no more
- As good as a rest
- Every little counts
- Let's play rich
Gesamtspielzeit: 46:57 min.
Referenzen
Ké; Arid; Venus In Flames; Unbelievable Truth; Spain; Turin Brakes; I Am Kloot; Kings Of Convenience; Magnet; Kevin Devine; Rocky Votolato; Saybia; Lorien; Haven; Delaware; Leaves; Sophia; The Czars; The Divine Comedy; The Sleepy Jackson; Isolation Years; Clem Snide; Grant Lee Buffalo; Tiger Lou; The Lost Patrol; Thomas Dybdahl; Kristofer Åström & Hidden Truck; Teitur