Jim White - Drill a hole in that substrate and tell me what you see
Luaka Bop / V2 / Rough Trade
VÖ: 02.08.2004
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Loch im Kopf
Was für ein Typ ist wohl einer, der aussieht wie die Mississippi-Redneck-Variante von George Clooney? Dessen Alter irgendwo zwischen Ende 20 und Anfang 50 liegen dürfte? Der die ergrauten Haare eben noch unter einem Cowboyhut verbirgt und im nächsten Moment schon präsentiert wie in einer Anti-Schuppen-Shampoo-Werbung? Der außerdem allen Ernstes von sich selbst behauptet, in die Zukunft sehen zu können? Und vor allem: Was kann man von so einem erwarten, wenn er auch noch Songs schreibt? Songs, die sich irgendwo zwischen knisternder Feuerholz-Americana und naßkaltem Slomo-Gospel-Funk einpendeln? Wie soll das enden? Und sind das nicht ein bißchen viele Fragezeichen für einen ersten Absatz?
Nun, wer weiß das schon? Immer gut gegen Verwirrung ist jedenfalls ein Duett mit Aimee Mann. Und deshalb beginnt Jim Whites neue Platte namens "Drill a hole in that substrate and tell me what you see" (merken Sie sich das, wir sagen's nur einmal) mit einem Duett mit Aimee Mann. "Static on the radio" heißt es, läuft stramme 6:30 und lebt ziemlich gut davon, wie sich Frau Mann und Herr White da lakonisch die Bälle zuschieben. Hinterher gibt's ein paar vergessene Gitarrenzupfer, Jazz-Besen, Marlboro-Light-Flüstern und den Song "Bluebird". Das liest sich jetzt vielleicht etwas nach M. Ward, aber warten Sie mal, der spielt da ja auch mit. Langsam wird das hier wirklich interessant.
Worauf sich aber keiner was einbilden sollte. "Combing my hair in a brand new style" klingt wie ein Levi's-Commercial-Lied aus dem Jahr 2453. White rappt, irgendwie, zur Schalldämpfertrompete und komplexer Percussion. Eher interessant als schön, aber die Soul-Stimmen mit schwerem Knochenbau machen was her. "Borrowed wings" kommt kurz darauf wieder mit Gastauftritt, diesmal von Susie Ungerleider an den Backgroundvocals. Einige kennen sie vielleicht unter ihrem Künstlerpseudonym Oh Susanna genausowenig. White spielt jedenfalls sieben Instrumente, darunter Posaune, Banjo und etwas Querflöten-ähnliches. Das eigentlich verflixte daran ist aber: Er singt trotzdem so beklemmend, als säße er allein zwischen tausend Teelichtern. Langsam wird das sogar unheimlich.
Nächster Song, "If Jesus drove a motor home". Astreines Miles-Davis-Solo, wieder Quasi-Rap. "Objects in motion" danach bewegt sich mal wieder in Zeitlupe, bleibt lange sparsam, klotzt später aber auch noch mit Bläsern, Streichern und frischgeteertem Gesang. Jetzt mal dazwischengefragt: Was für eine Platte soll das eigentlich werden? Eine, auf der jeder Song zu lang ist? Eine, die jeden Stil abgrast, der in den letzten hundert Jahren erfunden wurde? Eine mit den Barenaked Ladies als Gaststars? Schon möglich. Vielleicht sollten wir weniger Fragen stellen. Und einfach glauben. Weil diese Platte die Zukunft gesehen hat.
Highlights
- Static on the radio
- Bluebird
- Borrowed wings
- Phone booth in heaven
Tracklist
- Static on the radio
- Bluebird
- Combing my hair in a brand new style
- That girl from Brownsville Texas
- Borrowed wings
- If Jesus drove a motor home
- Objects in motion
- Buzzards of love
- Alabama chrome
- Phone booth in heaven
Gesamtspielzeit: 62:44 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
bee |
2008-02-06 16:01:33 Uhr
Meisterwerk! was sich hier an Folk, Jazz, Funk, Rap und Gospel Einflüssen vereint ist annäherend einmalig ... |
king-schorsch |
2005-05-17 15:38:35 Uhr
super album. Und irgendwie schon lustig das es einem ganz wenig an tom waits erinnert...habe keine ahnung was... |
Mekonian |
2004-09-02 15:00:41 Uhr
Kennt ihr Jim-White-Begeisterten dennJohnny Dowd ? mal in seine Sachen reinhören ist wärmstens empfohlen. |
dispatch |
2004-07-18 16:34:46 Uhr
hör mir mal wieder das album an und es ist einfach fabelhaft! ein absolutes highlight '04. gefällt mir immer besser, mittlerweile auch besser als A Ghost Is Born von wilco |
Armin |
2004-06-10 17:59:31 Uhr
Kommt erst am 30.08. so richtig raus und wird dann auch rezensiert. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Hellwood; Johnny Dowd; The Handsome Family; M. Ward; Giant Sand; Howe Gelb; Bonnie 'Prince' Billy; Palace Music; Iron & Wine; Sons And Daughters; Sixteen Horsepower; Lambchop; Souled American; Elliott Smith; Ben Harper; Jack Johnson; Jack Logan; Michael J. Sheehy; Nick Cave & The Bad Seeds; Sufjan Stevens; Bright Eyes; Wilco; Son Volt; Leonard Cohen; Lee Hazlewood; John Trudell; T-Bone Burnett; Mark Lanegan; David Byrne
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Mark Kozelek with Ben Boye and Jim White - Mark Kozelek with Ben Boye and Jim White (4 Beiträge / Letzter am 25.10.2017 - 22:09 Uhr)
- Nina Nastasia & Jim White - You follow me (75 Beiträge / Letzter am 07.12.2012 - 19:39 Uhr)
- Jim White - Drill a hole in that substrate and tell me what you see (8 Beiträge / Letzter am 06.02.2008 - 16:01 Uhr)
- Jim White - Transnormal Skiperoo (2 Beiträge / Letzter am 12.12.2007 - 13:09 Uhr)