Tanya Donelly - Whiskey tango ghosts
4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 26.07.2004
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Poesiealbum
Es gibt ja angeblich Frauen, die nur deswegen Kinder bekommen, weil sie endlich mit dem Beruf aufhören wollen. Das klappt naturgemäß dann am besten, wenn der Vater des neuen Erdenmenschen a) zu der Sorte Mann gehört, die ebenfalls Kinder wollen, b) genügend Geld verdient, um eine dann mindestens dreiköpfige Familie zu ernähren, und infolgedessen c) nicht gleich wegläuft, sobald er vom anstehenden, glücklichem Ereignis erfährt. Die Erfahrung lehrt, daß die Betonung im letzten Nebensatz auf das Wörtchen gleich zu legen ist; neigen Mütter, die nicht berufstätig sind, doch mitunter dazu, neue Eigenarten zu entwickeln bzw. vorhandene auszuweiten. Dies wiederum kann das strahlende Glück einer jungen Familie mitunter durchaus trüben. Glücklich schätze sich daher, dem ein weitgehend harmonisches Familienleben beschieden ist.
Dies scheint bei Familie Donelly/Fisher jedenfalls der Fall zu sein. Anders kann man sich die Harmonie, die aus dem aktuellen Album "Whiskey tango ghosts" wie schon aus dem vorigem "Beautysleep" trieft, kaum erklären. "So let's just gaze through the space between your face and mine", heißt es in "Divine sweet divide" - wahre Liebe kann so schön sein. Aber wie das so ist mit der Liebe, so ganz sicher kann man ihrer nie sein. Insbesondere, wenn die ersten Schatten des Alltags einziehen und einer dem anderem wie in "Just in case you quit me" gar unsinnige Vorwürfe macht. Es scheint, dann kann sich mit einem Flügelschlag plötzlich alles ändern. Das sind aber auch mit die einzigen Andeutungen, das im Leben nicht immer nur Friede, Freude und Eierkuchen gibt. Wo Tanya Donelly früher Tiefgänge nicht nur in der eigenen Seele unternommen hat, regiert auf "Whiskey tango ghosts" ein oberflächliches Entlangschlendern am Ehehafen. Das kommt dabei raus, wenn Paare zusammenarbeiten, die sich unter keinen Umständen streiten wollen.
Man muß Donelly eines jedoch zugute halten: Die Neigung, Einschlafhilfen für Kinder zu komponieren, hat bei ihr nur ein schwächliches Album lang angehalten. Die jungen, wilden Jahre etwa bei den Throwing Muses sind jedoch allen kurzfristigen Wiederbelebungsversuchen zum Trotz eindeutig vorbei. "Whiskey tango ghosts" ist eindeutig eine Erwachsenenplatte: ruhig, intim, betont langsam, teilweise ein bißchen lasziv. Weniger ist hier mehr, häufig ist ein Klavier oder eine Akustikgitarre die einzige Begleitung zu Tanyas Stimme, wobei insbesondere das einfühlsame Klavierspiel von Elisabeth Steen ein Lichtblick ist. Im Unterschied zu ihrer Halbschwester Kristin Hersh bedient Donelly deutlich mehr das normale Leben. Wo bei Hersh Seelenkonflikte mit staubigen Akustikgitarren ausgetragen werden, werden bei Donelly Herzen und Klaviere höher angeschlagen. Wer den Himmel mal wieder voller Geigen sehen möchte, wird bei "Whiskey tango ghosts" fündig.
Highlights
- Divine sweet divide
- Butterfly thing
- Golden mean
Tracklist
- Divine sweet divide
- Every devil
- Whiskey tango
- Just in case you quit me
- Butterfly thing
- My life as a ghost
- The center
- Golden mean
- The promise
- Story high
- Fallout
Gesamtspielzeit: 39:28 min.
Referenzen
Belly; Kristin Hersh; Throwing Muses; Natalie Merchant; Ani DiFranco; Fiona Apple; Aimee Mann; Heather Nova; Suzanne Vega; Penelope Houston; Mary Timony; Cat Power; Abra Moore; Mary Lou Lord; The Sundays; The Cranberries; Joni Mitchell; Rickie Lee Jones; Norah Jones; Natalie Imbruglia; Veruca Salt; Avril Lavigne; That Do; Juliana Hatfield; The Breeders; The Josephine Whigs Experience; Kelly Deal 6000; Lakuna; The Amps